Ist der Ballack-Bierhoff-Streit ausgestanden?Der Kapitän und der Manager setzten ihr kleines Scharmützel vom EM-Endspiel in Wien vergangene Woche fort (angeblicher Dialog damals, als direkt nach dem Schlusspfiff Bierhoff Ballack befahl, ein Transparent für die Fans hoch zu halten und dieser abwinkte: - "Du machst das jetzt!" - "Nö." - "Du hast hier gar nichts zu sagen!" - "Du Pisser!"). Nun sprach Ballack mit Löw und auch mit Bierhoff, kassierte dann, als angeblich alles ausgeräumt war, eine Spitze von Bierhoff ("Die Nationalmannschaft hat auch schon ohne Michael Ballack gut gespielt") und konterte elegant ("Die Mannschaft hat schon gewonnen, als Oliver Bierhoff noch nicht ihr Manager war"). Mögen werden sich beiden wohl nie, aber sie werden ihre Konfrontation auch nicht zuspitzen. Bierhoffs Position wäre dafür nicht stark genug. Und Ballacks?
Hat Michael Ballack an Bedeutung für die Nationalelf verloren?Sowohl das Wirken Bierhoffs als auch Ballacks wurde öffentlich hinterfragt. Im Falle Ballacks, dessen Arbeit für den Erfolg der Nationalmannschaft weitaus bedeutsamer als die des Managers ist, verpuffte die Diskussion allerdings alsbald. Dass ein Leistungsträger bei einem europäischen Spitzenklub, ein erfahrener und torgefährlicher zudem, für das deutsche Team künftig unwichtig sei, mag doch ernsthaft niemand behaupten.
Ist die Hierarchie im deutschen Team nach der EM durcheinandergewirbelt?
Die Stammplatzvergabe an verdiente Kräfte ist generell ins Visier geraten. Der Stand jetzt:
- Ballack, derzeit verletzt, behält seinen.
- Bei Frings, ebenfalls verletzt, weiß man es im Moment nicht ganz genau. Hitzlsperger und Rolfes drängen sich auf.
- Bei Christoph Metzelder, nicht verletzt, ist man sich sicher. Er wird in der Nationalmannschaft nun allenfalls dort sitzen, wo er auch im Verein Platz nimmt: auf der Bank.
- Und spielt Lukas Podolski weiterhin besser als Miroslav Klose und zieht beider Klub-Trainer Jürgen Klinsmann daraus Konsequenzen, dann dürfte das auch für Miroslav Klose gelten, ganz gleich, ob er heute gegen Finnland mal wieder trifft. Denn an den Qualitäten von Mario Gomez zweifelt trotz enttäuschender EM niemand.
Auffällig ist, dass nach dem Generationswechsel im Tor (siehe unten) von den so genannten Führungsspielern des EM-Kaders womöglich nur der Kapitän sicher gesetzt ist. Das schafft Raum für jüngere und dennoch erfahrene Nationalspieler wie Phillip Lahm, Bastian Schweinsteiger und Per Mertesacker, deren Wort an Gewicht gewinnen wird.
Hat Robert Enke das Torwart-Duell schon gewonnen, wenn Deutschland heute wieder ohne Gegentor bleibt?Nein. Auch wenn Rene Adler noch nicht wieder fit ist - der Leverkusener Torhüter bleibt der Favorit auf die Lehmann-Nachfolge. Das liegt nicht daran, dass Enke, 30, kein guter Schlussmann ist. Doch für Adler, 23, spricht dessen Alter, dessen gewaltiges Potenzial und die bereits bewiesene Kontinuität. Langfristig kann ihm allenfalls Manuel Neuer von Schalke 04 gefährlich werden.
Wo liegen die Problemzonen im deutschen Mannschaftsgefüge?
Nicht im Tor, nicht hinten links, wo Deutschland mit Phillip Lahm sehr gut besetzt ist. Wohl auch nicht im Mittelfeld. Dort könnte Simon Rolfes Torsten Frings geräuschlos beerben. Auf links ist Bastian Schweinsteiger in guter Form, rechts scheint sich Piotr Trochowski durchzusetzen, der im Verein und bei Länderspielen zuletzt starke Leistungen brachte. Und womöglich kehrt Bernd Schneider noch einmal zurück. Vorne stehen in Lukas Podolski und Mario Gomez zwei Stürmer zur Verfügung, denen zuzutrauen ist, dass sie sich in der internationalen Spitzenklasse etablieren. Miroslav Klose ist zudem einer, der schon mal internationale Spitze gewesen ist.
Attraktive Alternativen fehlen im Moment auf der Position des rechten Außenverteidigers. Clemens Fritz, der gegen Finnland wohl erneut von Beginn an spielt, übt im Moment konsequent keinen Druck nach vorn aus. Gegen Liechtenstein und auch schon gegen Belgien war er neben Klose der schwächste deutsche Spieler. Arne Friedrich spielt solide, ist aber niemand, von dem auf dieser Position große Überraschungen zu erwarten sind. Die Fähigkeiten des erneut nominierten Andreas Hinkel sind schwer messbar. Er spielt mit Celtic Glasgow in einer Liga, deren Niveau das der Bundesliga deutlich unterschreitet.
Der Zustand der Innenverteidigung war bei der Europameisterschaft beängstigend. Nun probiert der Bundestrainer in Heiko Westermann und Serdar Tasci neue Spieler aus. Einer der beiden, wohl eher Westermann, dürfte sich auf Dauer neben Mertesacker behaupten.