Walerij Bortschin war nach der Hitzeschlacht noch nicht einmal im Ziel, da kochte das heiße Thema schon wieder hoch: Doping. Der Olympiasieg des 21 Jahre alten Russen, der am Samstag in Peking 3:19 Minuten schneller "rannte" als Weltmeister Jefferson Perez (Ecuador) bei der WM vor einem Jahr in Osaka, hat die Gerüchteküche angeheizt. Zwar kann niemand etwas beweisen, aber die jüngsten Fälle sind nicht vom Tisch zu wischen: Die nicht für Olympia nominierten russischen Geher Viktor Burajew und Alexej Wojewodin wurden des Dopings überführt, Bortschins Trainingskollege Wladimir Kanajkin wurde von den Olympischen Spielen ausgeschlossen.
Für einen deutschen Geher sind die Leistungen der Russen zweifelhaft
4:12 Minuten nach Bortschin quälte sich auch André Höhne staunend und schwitzend ins Ziel. Die Hitzeschlacht und der 20-Kilometer-"Tempolauf" an der Spitze hatten den Geher vom SCC Berlin gleich doppelt platt gemacht. "Ich hätte nie gedacht, dass man so schnell gehen kann", meinte der 30-Jährige, der auf dem Rundkurs am Pekinger Nationalstadion nur bis zur Hälfte mithalten konnte. Aber als er wegen der Hitze einen Gang zurückschalten musste, da hätten die russischen Geher "noch ’ne Schippe draufgelegt".
"Was die da vorne gemacht haben, war eigentlich unmöglich - aber sie haben es gemacht", sagte Höhne nach dem "Rennen". Am Ende war Platz 25 in 1:23:13 Stunden frustrierend für den WM-Vierten von 2005 und Olympia-Achten von Athen. "Mit dieser Zeit wäre André voriges Jahr bei der WM in Osaka Dritter geworden", meinte sein Trainer Peter Selzer. "Nach der Tempoverschärfung bei Kilometer zehn hat er einfach seine Probleme gehabt. Das ist schon enttäuschend." Auch für Höhne selbst. "Auf diesem Rundkurs kam man sich verdammt einsam vor." Ob er auch die 50 Kilometer angeht, will Höhne später entscheiden: "Ich muss das heute hier erst mal überleben."
Bortschin nährt Gerüchte zusätzlich
Ob für den "Goldjungen" Bortschin alles gut ausgeht, muss sich zeigen. Sofort nach dem Sieg wurden alte Doping-Gerüchte wieder lebendig. Und der 21-Jährige aus dem russischen Elite-Geherzentrum in Saransk machte die Verwirrung auf der Pressekonferenz eher noch größer. "Ich weiß gar nicht, was rund um mich vorgeht. Ich habe die letzten Monate immer für mich allein trainiert. Ich bin in diesem Jahr noch nicht getestet worden", sagte der Olympiasieger, der laut Leichtathletik-Weltverband IAAF wegen Dopings schon einmal für ein Jahr (2005/2006) gesperrt war.
Inzwischen läuft’s wieder beim Geher Bortschin: In 1:19:01 Stunden war der jungenhaft wirkende Russe 14 Sekunden schneller als Weltmeister Perez. Diesmal war Perez auch mit Silber (1:19:15) zufrieden. Dritter wurde der Australier Jared Tallent (1:19,42). "Doping ist immer noch ein Problem, besonders in einem Land - und jeder weiß, welches Land gemeint ist", meinte Tallent. Auch Höhnes Trainer wollte sich nicht weiter aus dem Fenster lehnen. "Ich würde mich hüten, dazu etwas zu sagen. Das ist zu heikel. Aber die Athleten hier machen sich schon ihre Gedanken", bemerkte Selzer.