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Team Telekom Ex-Masseur wirft planmäßiges Doping vor

Der Masseur Jef d’Hont hat schwere Vorwürfe gegen das Team Telekom erhoben: Bereits Mitte der 90er-Jahre seien die Radfahrer des Teams planmäßig gedopt worden. Nun drohen Konsequenzen beim Nachfolge-Team T-Mobile.

Das T-Mobile-Team wird durch schwere Doping-Vorwürfe eines ehemaligen Masseurs mit seiner Telekom-Vergangenheit konfrontiert: Zwei Ärzte der T-Mobile-Mannschaft stehen neben den ehemaligen Profis Jan Ullrich, Bjarne Riis und Ex-Manager Walter Godefroot im Zentrum schwerer Doping-Anschuldigungen des Masseurs Jef d’Hont.

Im Vorabdruck seines Buches, den das Nachrichten-Magazin "Spiegel" am Montag veröffentlicht, behauptete der von 1992 bis 1996 unter Godefroot beschäftigte Belgier, die Teamärzte der Uni-Klinik Freiburg sollen auch das Blutdoping-Mittel EPO verabreicht haben. "Die Fahrer wollten es, auch wenn der Teamarzt Andreas Schmid sich anfänglich sträubte", schrieb d’Hont in der Titelgeschichte des Blattes. Auch der heutige T-Mobile-Teamarzt Lothar Heinrich habe den Rennfahrern EPO gespritzt. "Godefroot organisierte das Doping-System und finanzierte es", erklärte der "Spiegel"-Kronzeuge weiter.

Jan Ullrich soll EPO und Hormone bekommen haben

Jan Ullrich, so der Betreuer, habe während der Tour de France 1996 zu den Telekom-Profis gehört, die EPO genommen hätten. "Morgens wurden die Blutwerte kontrolliert. Abends nach der Massage gab es dann im Hotelzimmer alle zwei, drei Tage neue EPO-Einheiten", sagte d’Hont dem Magazin. Zudem habe Ullrich, am 26. Februar unter dem Druck der Ermittlungs-Erkenntnisse der spanischen Fuentes-Affäre zurückgetreten, "auch Wachstumshormone" genommen, so d'Hont.

Der Belgier, der im Doping-Prozess gegen das Festina-Team im Oktober 2000 wegen Mittäterschaft zu neun Monaten Haft auf Bewährung und 3000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, hatte zuvor im belgischen Fernsehen auch den damaligen Telekom-Kapitän Bjarne Riis massiv beschuldigt. Beweise könne er allerdings nicht vorlegen. Seine Frau habe Aufzeichnungen während seiner Untersuchungshaft vernichtet. Der Radsport habe laut d'Hont mafiöse Strukturen und es herrsche ein Gesetz des Schweigens. Intern wüssten alle Bescheid, die Öffentlichkeit werde "für dumm verkauft".

Team T-Mobile spricht über Konsequenzen

Der neue Manager des Teams T-Mobile, Bob Stapleton, schließt eine Zusammenarbeit mit belasteten Medizinern für die Zukunft aus. "Wenn sich die Behauptungen über die Universität Freiburg als wahr erweisen, werden wir nach einer Alternative suchen", sagte der Amerikaner dem "Spiegel". Kommunikations-Chef Christian Frommert erklärte: "Wir werden reden, und wenn Konsequenzen zu ziehen sind, werden wir sie ziehen, wie und wann wir das für richtig halten." Er nannte die Vorwürfe "sehr konkret". Frommert werde im Vorfeld des deutschen Klassikers "Rund um den Henninger Turm" am Montag in Frankfurt/Main mit Teamchef Rolf Aldag und Stapleton zusammentreffen.

T-Mobile-Teamarzt Heinrich sagte am 13. April zu Vorwürfen d’Honts im belgischen TV, Riis sei bei seinem Toursieg 1996 "randvoll mit EPO" gefahren, und die Doping-Beschaffung sei über "die Freiburger Ärzte" gelaufen: "Diese Aussagen sind für mich unerklärlich." Die Erwiderung seines Freiburger Arbeitgebers, die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage, könne er "nur bekräftigen."

Auf die Frage, ob es bei den damaligen Untersuchungen von Riis und Ullrich, der vor elf Jahren bei seinem Tour-Debüt Zweiter wurde, Auffälligkeiten gegeben habe, sagte Heinrich: "Die von uns erhobenen Befunde lagen im normalen Bereich." 1996 gab es noch keine Blut-Kontrollen, der Hämatokrit-Wert, der bei Erhöhung auf EPO-Doping hindeutet, war noch nicht relevant. Das als Blut-Doping-Mittel missbrauchte Hormon EPO stand aber bereits auf der Doping-Liste.

Godefroot streitet alles ab

Godefroot, inzwischen Teamchef in der neuen Formation Astana, ließ dem "Spiegel" über seine Anwälte ausrichten, er wolle mit dem Buch d’Honts nicht in Verbindung gebracht werden. Er streite es nachdrücklich ab, sollte in dem Buch unterstellt werden, dass "ich jemanden dazu aufgefordert habe, verbotene Mittel zu nehmen oder, dass ich etwas in dieser Art organisiert hätte", sagte der 64-Jährige dem Nachrichtenmagazin.

Udo Bölts, früher Team-Kollege und besonderer Motivator von Ullrich, jetzt Teilzeit-Teamchef bei Gerolsteiner, habe in seiner aktiven Zeit "von all dem nichts mitgekriegt". Außerdem wolle er "zu diesem Schwachsinn keinen Kommentar abgeben", sagte er.

Nach dem "Ullrich-Schock" gilt das T-Mobile-Team mit der Riis-Mannschaft CSC aus Dänemark unter den 17 ProTour-Teams als Vorkämpfer im Anti-Doping-Kampf. Beim "Großreinemachen" der Bonner Chefetage nach der Tour 2006 mussten neben den direkt durch Indizien belasteten Ullrich und Oscar Sevilla weitere Fahrer, Teamchef Mario Kummer (jetzt auch bei Astana) und Manager Olaf Ludwig (ohne neuen Job) gehen. Die medizinische Abteilung, die das neue Anti-Doping-Program auch mit externen Wissenschaftlern erarbeitete und umsetzt, blieb unangetastet.

Andreas Zellmer/DPA DPA

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