Schuldenkrise und Italien Euro-Granden planen Sondergipfel

Noch ist es nicht offziell, doch die Spekulationen häufen sich, dass es einen Sondergipfel der Chefs der Euro-Länder zur Schuldenkrise geben wird. Die größte Sorge: Ein Übergreifen auf Italien.

Angesichts der anhaltenden Schuldenkrise im Euroraum ist für Freitag Diplomaten zufolge ein Sondergipfel der Euro-Länder geplant. Die Möglichkeit für einen solchen Gipfel werde noch geprüft, ohne dass bereits eine endgültige Entscheidung gefallen sei, sagte ein EU-Diplomat am Dienstag in Brüssel. Zuvor hatten die europäischen Finanzminister am Montag und Dienstag über die Schuldenkrise beraten.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy schloss ein solches Sondertreffen am Dienstag während eines Aufenthalts in Madrid nicht aus. EU-Währungskommissar Olli Rehn wollte zu einem möglichen Sondergipfel auf einer Pressekonferenz in Brüssel keinen Kommentar abgeben.

Im Mittelpunkt eines Euro-Finanzministertreffen stand am Montag ein zweites Hilfspaket für das hochverschuldete Griechenland. Zudem wurde über Maßnahmen beraten, um ein Übergreifen der Schuldenkrise auf andere Länder zu verhindern. Besonders Italien gilt derzeit als Wackelkandidat. Um Zweifel an der Kreditwürdigkeit des Landes abzuwenden, plant die Regierung in Rom ein Sparpaket über 40 Milliarden Euro. Das Land ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Ein Rettungseinsatz würde die Europäer vor deutlich größere Probleme stellen als zuvor etwa bei Griechenland.

Krise ist jetzt systemisch

EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte am Dienstag in Brüssel, die Krise sei jetzt systemisch, also auf die gesamte Euro-Zone übergeschwappt. Die gesamte europäische Wirtschaft sei jetzt in Gefahr. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou warf den Euro-Partnern in einem Brief an Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker vor, zu spät gehandelt zu haben und zu sehr ihre innenpolitische Lage im Blick zu haben. Er prangerte die "Kakophonie" der Euro-Politiker an.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, der Schlüssel zur Lösung der Schuldenkrise sei es, den Schuldenberg von 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Griechenland wieder tragfähig zu machen. "Das muss schnell geschehen, nur so werden die Märkte vertrauen fassen." Die Euro-Finanzminister vereinbarten deshalb, Griechenland Finanzhilfen zu günstigeren Konditionen bereitzustellen.

Die Laufzeiten der Hilfskredite sollen erneut

verlängert, und die Zinsen dafür weiter gesenkt werden. Auch soll der Euro-Rettungsfonds EFSF künftig womöglich griechische Staatspapiere am Sekundärmarkt aufkaufen.

Diese Art Schuldenschnitt hatten die Euro-Länder vor Kurzem auf Druck Deutschlands noch ausgeschlossen. Jetzt nannte Schäuble auch den Vorschlag von Commerzbank-Chef Martin Blessing zu einem radikalen Schuldenschnitt eine nicht uninteressante Idee, die so wie alle anderen Vorschläge geprüft werde. Auch das Nein des deutschen Finanzministers zu Eurobonds fiel nicht mehr so hart aus wie bisher.

Stimmen für radikalen Schuldenschnitt mehren sich

Nach Einschätzung von Analysten ist das eine fundamental neue Strategie im Kampf gegen die Krise. Diese sei nun von der Peripherie auf den weichen Kern der Euro-Zone - Italien - übergeschwappt, sagte der Chef-Volkswirt der Citigroup Willem Buiter. "Das ist eine Systemkrise. Das ist existenziell für die Euro-Zone und die EU." Analysten der Lloyds Bank machten dafür auch das Zögern Deutschlands verantwortlich.

Die Eurogruppe stimmte erstmals die Finanzmärkte auf einen teilweisen Zahlungsausfall des hoch verschuldeten Griechenland ein. "Es wird nicht mehr ausgeschlossen", sagte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager.

Dagegen wehrt sich aber die Europäische Zentralbank (EZB), die Bankenpleiten in Griechenland befürchtet. Die dortigen Finanzinstitute sind die größten Gläubiger ihres Landes. Bei dem von Deutschland vorgeschlagenen Umtausch griechischer Anleihen in neue Papiere mit längerer Laufzeit würden die Ratingagenturen den gefürchteten "teilweisen Zahlungsausfall" erklären. Das deutsche Modell setze sich dennoch jetzt durch, sagte ein EU-Diplomat. "Es ist ausdrücklich klar, es wird kein neues Programm ohne eine hinreichende Beteiligung des Privatsektors geben", sagte Schäuble. Die starken Gläubigerländer Deutschland, Niederlande, Finnland und Österreich können das neue Hilfspaket sonst nicht mehr in ihren Parlamenten durchsetzen.

Auch unter den deutschen Banken mehren sich die Stimmen für einen radikalen Schuldenschnitt in Griechenland. Commerzbank-Chef Blessing redete in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" Tacheles: "Griechenland braucht eine Umschuldung bis zur teilweisen Entschuldung", mahnte er so. "Kein demokratisch durchsetzbares Sparpaket wird es dem Land ermöglichen, in absehbarer Zeit an den Kapitalmarkt zurückzukehren und seine Schulden mit Zinsen zurückzuzahlen."

Portugal und Irland gehe es nicht viel besser. Spanien und Italien seien in Gefahr, sich anzustecken. Die Commerzbank ist einer der größten privaten deutschen Gläubiger in Griechenland und müsste bei einem Schuldenschnitt Verluste einstecken.

Reuters
fro/Reuters/AFP