Ukraine-Krieg Studie: Gas-Export in EU beschert Putin Milliardeneinnahmen

Unternehmen aus der EU importieren noch immer russisches LNG im Milliardenwert. (Archivbild) Foto: Uncredited/AP/dpa
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Welchen Anteil tragen Unternehmen aus der EU daran, dass Russland seinen Krieg gegen die Ukraine führen kann? Eine Studie analysiert LNG-Geschäfte - das Ergebnis ist auch für Deutschland unangenehm.

Russland profitiert nach einer Studie der Umweltschutzorganisation Greenpeace noch immer in erheblichem Maße von Energiegeschäften mit Unternehmen aus Deutschland und anderen EU-Staaten. Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres seien 12,8 Milliarden Kubikmeter (bcm) russisches Flüssigerdgas (LNG) in die EU importiert worden, heißt es in einer kurz vor einem EU-Gipfel in Kopenhagen veröffentlichten Untersuchung. 

Im ganzen Jahr 2021, also vor dem Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, seien es 15,9 Milliarden Kubikmeter LNG gewesen. Deutlich zurückgegangen sind demnach nur die Lieferungen von Pipeline-Gas aus Russland.

Nach Schätzungen von Greenpeace hat allein das russische Unternehmen Yamal LNG in den Jahren zwischen 2022 und 2024 insgesamt 40 Milliarden US-Dollar (34 Mrd. Euro) eingenommen und davon rund 9,5 Milliarden US-Dollar an Gewinnsteuer in die russische Staatskasse abgeführt. Als wichtigste Kunden in der EU nennt die Organisation den französischen Ölkonzern Total, das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe sowie die spanische Naturgy.

Demnach steuerte Total schätzungsweise 2,5 Milliarden US-Dollar zu den Gewinnsteuern des russischen Staates bei, Sefe 1,45 Milliarden US-Dollar und Naturgy 1,25 Milliarden US-Dollar. Mit jeweils dreistelligen Millionenbeträgen folgten dann Engie (Frankreich), Shell (UK/Niederlande) sowie das in Zypern registrierte Unternehmen Gunvor.

Milliarden für die russische Kriegskasse

Von den 9,5 Milliarden Dollar Gewinnsteuer habe Russland schätzungsweise 271.000 Angriffsdrohnen vom iranischen Bautyp Shahed, 2.686 T-90M-Kampfpanzer oder 9,5 Millionen 152-mm-Artilleriegeschosse kaufen können, kritisierte Greenpeace. Die Menge der Artilleriegeschosse entspreche etwa drei Jahren der aktuellen russischen Jahresproduktion von drei Millionen Schuss. Bei den Drohnen gehe es um eine Menge, die etwa 271 Mal größer sei als die, die Russland im Frühjahr in einer Woche gegen die Ukraine eingesetzt habe.

Als besonders problematisch sehen die Autoren, dass die vier wichtigsten russischen LNG-Importländer Frankreich, Spanien, Belgien und die Niederlande den Zahlen zufolge von 2022 bis Juni 2025 mehr Geld für den Import von russischem LNG ausgaben, als sie der Ukraine im gleichen Zeitraum an bilateraler Hilfe bereitstellten. Sie importierten demnach russisches LNG im Wert von 34,3 Milliarden Euro, während sie 21,2 Milliarden Euro an bilateraler Unterstützung für die Ukraine bereitstellten.

Bemerkt wird zudem, dass der französische Konzern Totalenergies einen 20 Prozent-Anteil an Yamal LNG und einen Anteil von 19,4 Prozent an der Muttergesellschaft Novatek hält. Demnach profitierte das Unternehmen während der Energiekrise erheblich von diesen Beteiligungen. Seit 2022 habe TotalEnergies schätzungsweise 5,06 Milliarden US-Dollar an Dividenden aus Yamal LNG sowie zusätzliche 1,74 Milliarden US-Dollar an Dividenden aus Novatek erhalten, schreiben die Autoren.

Greenpeace: Abhängigkeit von USA ist auch schlecht

Europäische Energieunternehmen erklären ihre fortgesetzten Geschäfte mit Yamal LNG insbesondere mit dem Bedarf und/oder langfristigen Verträgen. Das gilt auch für das deutsche Unternehmen Sefe, das früher Gazprom Germania hieß, eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom war und als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der Energiekrise in Deutschland verstaatlicht wurde. Es ist bis 2038 an Yamal LNG gebunden.

In ihren Schlussfolgerungen zu der Untersuchung kritisieren die Greenpeace-Experten, die noch immer bestehende Abhängigkeit von russischem LNG fülle direkt die Kriegskasse von Kremlchef Wladimir Putin und bedrohe Frieden und Sicherheit in Europa. Gleichzeitig sorge der verstärkte Import von US-Gas dafür, dass sich Europa der politischen Agenda von US-Präsident Donald Trump aussetze, der sich zunehmend als unzuverlässiger Partner erweise.

Der einzige Ausweg aus der "Gasfalle" bestehe darin, dass Europa seine Abhängigkeit von fossilem Gas beende, indem es auf ein Energiesystem umstelle, das auf heimischer, erneuerbarer Energie basiere.

Eine solche Entwicklung ist bislang allerdings nicht in Sicht. Zwar hat die EU-Kommission jüngst vorgeschlagen, die Einfuhr von russischem LNG in die EU spätestens Anfang 2027 komplett zu stoppen und Unternehmen Sicherheiten für den Fall von möglichen Schadenersatzforderungen wegen nicht erfüllter langfristiger Verträge zu geben. Zugleich wurde allerdings US-Präsident Trump in Aussicht gestellt, dass amerikanisches LNG entstehende Lücken füllen könnte.

dpa

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