Die Verkaufszahlen für Elektroautos steigen. Die Frage ist allerdings, ob diese erhöhte Nachfrage einen grundsätzlichen Trend zur Nachhaltigkeit abbildet oder die Begeisterung für die Stromer lediglich ein Resultat der stattlichen Förderung ist. Wäre das der Fall, käme Elektro-Hype einem Strohfeuer gleich, das irgendwann erlischt und damit VW, Mercedes & Co. in arge wirtschaftliche Kalamitäten stürzt. Schließlich haben die Autobauer hohe Milliardenbeträge in die Transformation ihrer Unternehmen gesteckt.
Ohne grün geht nichts mehr

Bei der Klimakonferenz in Glasgow haben sich einige Autobauer, darunter Mercedes-Benz, Volvo, Ford, General Motors, BYD und Jaguar Land Rover darauf verständigt, den Verbrennungsmotor bis 2040 zum Alteisen zu geben. Bis zu diesem Zeitpunkt wollen die Automobilhersteller aber noch einiges an Geld verdienen und auch die Investitionen in die für die Elektromobilität nötige Infrastruktur müssen sich rechnen. Insofern hätte ein Nachlassen des Kaufeifers für einige Akteure massive finanzielle Konsequenzen.
Die Gefahr besteht aktuell nicht. In den letzten Jahren hat das Interesse und die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für nachhaltige Produkte wie Lebensmittel oder Kleidung stetig zugenommen. Die Unternehmensberatung Capgemini unterlegt diese Behauptung in einer weiteren Untersuchung zur Kreislaufwirtschaft mit Fakten: Sieben von zehn Verbraucher in Deutschland wollen ihr Konsumverhalten ändern, um umweltbewusster zu handeln. Fast die Hälfte glaubt, dass Unternehmen noch nicht genügend Maßnahmen umsetzen, um Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Besonders mangelnde Kennzeichnung von Produkten (60 Prozent) und hohe Reparaturkosten (55 Prozent) hindern Verbraucher daran, nachhaltiger einzukaufen.
Big Player der globalen Wirtschaft haben bereits reagiert. Unternehmen wie Adidas und Ikea stellen die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer Markenidentität, um so den Weg für Innovationen, Kundentreue und langfristigen Wachstum freizumachen. Ein solches Agieren könnte als Blaupause für die Autobauer herhalten, um dem wachsenden Nachhaltigkeitsanspruch der Kunden gerecht zu werden. Diese gesellschaftliche Tendenz spiegelt sich auch in den Gesetzen und den Ansprüchen der Investoren wider. Auf dieser Welle müssen die Automobilhersteller mitschwimmen, ob sie wollen oder nicht. Akteure wie Tesla oder Polestar haben die Nachhaltigkeit als zentralen Markenwert definiert, der durch ein passendes Produktportfolio ergänzt wird, das aus batterieelektrischen Elektrofahrzeugen besteht. Zu deren nachhaltigen Auftritt gehört aber auch eine firmeneigene Ladeinfrastruktur, die bestenfalls auch noch mit regenerativen Energiequellen gespeist wird. Dieser Punkt wird in Zukunft noch wichtiger werden, als er ohnehin schon ist.
Laut der Capgemini-Studie hängt die Markentreue zunehmend von der Nachhaltigkeit ab: 34 Prozent der befragten Deutschen würden aufgrund der Nachhaltigkeit der Produkte oder nachhaltigkeitsbezogener Aktivitäten des Unternehmens die Marke wechseln. Das zeigt, dass Glaubwürdigkeit ein wichtiger Schlüssel ist. "Um erfolgreich zu sein, müssen sich Unternehmen die Nachhaltigkeit auch leben. Das fängt mit dem Vorstand an. Nachhaltigkeit muss Teil der Unternehmenskultur werden, bevor sie den Kunden verkauft werden kann", heißt es in einer Studie der Capgemini-Unternehmungsberatung. Bei den Automobilbauern hat man die Zeichen der Zeit erkannt. ""Mobilität CO2-neutral zu ermöglichen, ist eine zentrale Fragestellung unserer Zeit, die jeder Autohersteller für sich beantworten muss. Wir handeln hier aus Überzeugung, denn nur mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell werden wir zukunftsfähig sein", stellt Audi-Chef Markus klar. Das beinhaltet auch die IT-Bereiche der Autobauer, denn die zunehmende Digitalisierung hat hatte in den letzten Jahren zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen geführt. Um dem entgegenzuwirken, hat zum Beispiel Mercedes Modernisierungen an seinen Backend-Elementen vorgenommen.
Das ist aber die einzige Herausforderung für die etablierten Autobauer: Durch die Elektromobilität drängen viele neue Wettbewerber auf den Markt und damit die etablierten Platzhirsche aus ihrer Komfortzone. Zum einen ist der nahezu uneinholbare Technologievorsprung beim Verbrennungsmotor weg und - was in diesem Zusammenhang noch wichtiger ist - auch das Kaufverhalten ändern sich. Verteilten früher manche Premium-Marken ihre Produkte generös an ihre Kunden, müssen sie sich mittlerweile umorientieren. Die Szenerie wandelt sich zunehmend zum Käufermarkt. Durch die vielen Mitbewerber können die Kunden jetzt wählen. "Wenn bei euch nicht, dann eben woanders", lautet das Motto. Zum anderen halten auch neue Verkaufsmodelle Einzug. Wurde früher der Autokauf hauptsächlich im Autohaus abgewickelt, werden jetzt die Online-Plattformen zunehmend wichtiger.