Der "Rote Baron" ist der ganze Stolz der Familie Ruppert. Eine Mercedes GE 280, Baujahr 1980 ist schon lässig genug, aber dieser Geländewagen ist etwas ganz Besonderes. "Mit so einem Auto hat Jacky Ickx 1983 mit diesem die Rallye Paris Dakar gewonnen", erzählt Christian Ruppert stolz. Eigentlich wollte der kaufmännische Berater mit einem Mitsubishi Pajero an den Start gehen. Allerdings ist die Anzahl der japanischen Klassiker im Feld schon hoch, und da es deutlich mehr Bewerber als die 148 Startplätze gab, musste etwas Besonderes her. Dieses Auto fand dann auch Gnade vor den Augen der gestrengen Offiziellen des französischen Veranstalters Amaury Sport Organisation (A.S.O.).
Die wahren Helden

"Damit erfüllen wir uns einen Lebenstraum", strahlt Christian Ruppert, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Ursula das Abenteuer Dakar wagt. "Als ich mit dem Vorschlag dahergekommen bin, die Dakar zu fahren, meinte meine Frau nur Du bist doch verrückt und hat im selben Moment zugesagt", lacht Christian Ruppert. Das Ehepaar ist schon etlichen Jahren im Motocross-Rennsport unterwegs und sind daher keine heurigen Hasen. Allerdings ist die Wüstenrallye eine andere Hausnummer als das Tempo-Kreiseln auf Asphalt. Hinter jeder Düne kann das Aus lauern. Nach der vierten Etappe von Al Qaysumah nach Riad leckte der Tank des "Roten Baron". Das bedeutete eine Schrauber-Nachtschicht für die beiden Mechaniker Sohn Matias und Rudi Weich. Wo bei Audi und Toyota ganze Mechaniker-Kompanien an den Hightech-Boliden schrauben, legen die wahren Helden der Rallye Dakar noch selbst Hand an. Bei der folgenden fünfte Etappe kam der Sprit aus dem Zusatztank, die beiden Schrauber mussten am Nachmittag wieder ran.
Mit solchen Herausforderungen sind die Oberpfälzer nicht alleine. Das Tüfteln an den Veteranen auf vier Rädern ist an der Tagesordnung, zumal nur Autos teilnehmen dürfen, die vor dem Jahr 2000 gebaut wurden. In Ihrem zweiten Jahr hat sich die Classic zu einem wahren Publikumsliebling entwickelt. Kein Wunder, an der Traditionsvariante nehmen einige Klassiker teil. Wenn ein Dakar-Porsche in der legendären Rothmans-Lackierung durch den Sand pfeift, jubeln die Einheimischen "Germany (mit deutschem G) Number One, "Porsche Number One"! Damit ist die Liste der beklatschten Klassiker noch lange nicht zu Ende: Ein Mitsubishi Pajero Evolution liefert sich in den Dünen ein heißes Duell mit einem Peugeot 205 T16. Mohammed pfeift und jubelt.
Dass ein Lada Niva durch den Schnee pflügt, versteht sich ja fast schon von selbst. Aber sonst ist bisweilen schon abenteuerlich, welche Fahrzeuge die Dünen hinaufkraxeln. Dass man einen Citroën CX, einen Volkswagen Coccinelle (ein Käfer-SUV) oder Peugeot 504 Coupé mit langen Beinen zwischen Ha\'il und Ryad über die Dünen surfen, mutet schon eher wie eine Episode aus einer neuen Mad Max-Verfilmung an. Wie bei der Endzeit-Saga tüfteln die Teams monatelang an ihren Vehikeln, um sie fit für die Dakar zu bekommen. Dabei wird die ganze Palette an Tuningmöglichkeiten ausgeschöpft. Käfige, hochgelegte Karosserien und verstärkte Querlenker. Alles ist drin.
Der Mercedes-Benz 280 GE Proto Koro aus dem Jahr 1983 ist eine echte Rarität. "Germany?", fragt Mohammed. Auf das bejahende Nicken und "Mercedes" folgt "Mercedes Number One!". Wo sich eine Mercedes G-Klasse blicken lässt, ist ein Land Rover Defender Series 2 nicht weit. Auch der Toyota Toyota BJ 73 und Nissan Patrol GR Y61 gliedern sich in den Reigen der Klassiker ein. Ziemlich abgefahren ist auch, was die Quad-Artisten auf ihren vier Rädern abziehen. Dagegen ist ein Lkw wie der MAN KAT 1 6x6 ein brachialer Panzer.
Wer glaubt, dass die Young- und Oldtimer nur mit Samthandschuhen angefasst werden, täuscht sich. Die Dakar Classic verläuft parallel zur "normalen" Dakar mit zwölf Etappen, die zwischen 300 und 500 Kilometer lang sind. Bei den Prüfungen geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Navigationskünste und Gleichmäßigkeit. Manche Teams Copiloten arbeiten mit zwei satellitenunterstützten Tablets und Programmen, andere wie auch die Rupperts verlassen sich auf die Stoppuhr. Wenn man sich vor Augen hält, dass sich auch die Vollprofis in dem gigantischen Sandkasten verfranzen, ist das Herausforderung genug. A Dazu kommen die genannten Gleichmäßigkeitsprüfungen, bei denen ein Streckenabschnitt in einer vorgegebenen Zeit absolviert werden müssen. Diese Sonderprüfungen sind auf das Alter und die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Fahrzeugklassen zugeschnitten.