Muscle Car Unterwegs mit dem neuen Ford Mustang: Der Letzte seiner Art

Ford Mustang
Mit 10-Gang-Automatik startet das Ford Mustang Cabrio bei 68.000 Euro. Wer von Hand schaltet, spart 3000 Euro.
© Christian Hensen / stern
Sehen Sie im Video: Ford Mustang Dark Horse – eines der letzten "Muscle Cars" im Test.
Schon seit 1964 wird der Ford Mustang gebaut. Nun erscheint der Wagen in der siebten Generation. Womöglich ein finales Aufbäumen – denn die Ära der Muscle Cars endet unaufhaltsam.

Dodge Charger – gibt es bald nicht mehr. Challenger? Wird demnächst begraben. Chevrolet Camaro? Der letzte Wagen lief unlängst vom Band. Es ist ein Abgesang auf Raten, die Ära der beliebten Muscle Cars endet mit einem traurigen Motorblubbern.

Nur einer leistet tapfer Widerstand: "Wir denken noch lange nicht über sein Ende nach", erklärte Amko Leenarts, Fords Designchef für Europa, bei der Vorstellung des neuen Ford Mustang. Pünktlich zum 60. Jubiläum bringt die Marke die inzwischen siebte Mustang-Generation auf die Straßen. Auf einer Testfahrt an der Côte d'Azur konnte sich der stern von den Vorzügen, aber auch den Bockigkeiten des neuesten Pferds im Stall überzeugen.

Wer die US-Version, insbesondere das Top-Modell Dark Horse, mit dem jeweiligen EU-Fahrzeug vergleicht, wird ein paar Unterschiede feststellen. So darf sich etwa das US-Dark-Horse mit 500 PS brüsten, während es hierzulande "nur" 453 sind. Der Grund: die hiesigen Abgasnormen.

Das Dark Horse ist ein waschechter Sportwagen

Der neue Ford Mustang erscheint zum Start in drei Versionen: GT als Fastback (Coupé) und Cabrio und Dark Horse, nur als Fastback. 2025 wird noch ein GTD folgen. Das steht für "GT Daytona", nicht "GT Diesel". Geplant ist ein Hochleistungsmodell, welches der Hersteller per Einzelzulassung nach Europa holen will, wodurch von allem etwas "mehr" möglich ist. Was genau das kostet, steht noch nicht fest. Doch ordentlich sechsstellig dürfte es vermutlich werden.

Zur Testfahrt stand ein Dark Horse mit Handschaltung und ein GT Cabrio mit Automatikgetriebe zur Auswahl. Der stern hat beide Modelle Probe gefahren.

Die Handschaltung im Dark Horse kommt vom mexikanischen Rennsportspezialisten Tremec und hat sehr kurze Schaltwege. Der Motor arbeitet ohne zusätzlichen Firlefanz. Sportwagenfeeling eben, so pur es in aktuellen Neuwagen eben geht. Das Fahrwerk ist knackig direkt, der Mustang trotz seiner amerikanischen Seele ein echter Kurvenräuber. Sobald die Straße aber etwas feuchter ist, sollte man unbedingt die Finger von der Traktionskontrolle lassen. Da der Mustang selbstredend ein Hecktriebler ist, bricht der Wagen bei zu viel Gas und zu wenig Assistenz sehr gerne aus. Wer das dann nicht schnell unter Kontrolle hat, lernt mit etwas Pech die nächste Mauer kennen.

Top-Sound und "amerikanische" Automatik

Der Sound des V8 ist im Rahmen der zulässigen Möglichkeiten immer noch beeindruckend. Das Orchester entspringt einer Klappenauspuffanlage, die man in verschiedenen Einstellungen fahren kann – einige davon nur auf der Rennstrecke. Etwas lauter geht es tatsächlich – und etwas überraschend – mit der Automatik vonstatten. Denn schaltet man den Mustang hier mit den Lenkradwippen von Hand, kann man aus ihm deutlich mehr Wumms rauspressen, als es beim reinen Handschalter möglich ist. Gerade in Kombination mit einem offenen Cabriodach holt man auf diesem Wege das Maximum an Motorklang raus. 

Allerdings bezahlt man das im Normalbetrieb mit einer typisch amerikanischen Automatik, die seltsame Entscheidungen trifft, manchmal zu den unmöglichsten Zeiten rumschaltet und generell etwas teigig unterwegs ist. Das können andere Hersteller wesentlich besser, aber zum Cruisen reicht es.

Falls sich nun jemand Sorgen macht, mit dem V8 negativ bei den Nachbarn aufzufallen: Wer die Klappen schließt, kann mit dem Mustang auch ganz entspannt schleichen. Gefühlt kostet das allerdings immer das Gleiche: Im Test waren weniger als 16 Liter auf 100 Kilometer nicht drin. Ford gibt kombiniert 12 Liter an – so konservativ kann man den Wagen aber leider kaum fahren.

Etwas "zu moderne" Technik

Fahrtechnisch und auch äußerlich ist der Mustang also ein durchaus würdiger Bestandteil seiner traditionsreichen Modellfamilie. Insbesondere die neue Front und das überarbeitete Heck wissen zu gefallen. Das kann man vom Innenraum jedoch nicht behaupten. Natürlich ist der Mustang, wohl auch wegen seines Preises, kein Luxusauto auf dem Level eines Porsche 911. Viel Plastik, kleinteilige Knöpfe und ein merkwürdig bulliges Lenkrad mit einer ganzen Armada von Bedienelementen gehören einfach dazu. 

Die Geister scheiden sich vielmehr an der neuen Displaykombination. Denn analoge Anzeigen gehören endgültig der Vergangenheit an, nicht einmal der Anschein von altmodischen Instrumenten wird gewahrt. Hinter dem Lenkrad prangt ein 12,4 Zoll großer Bildschirm, der nahtlos in ein weiteres 13,2 Zoll Display übergeht. Natürlich lassen sich damit die wildesten Grafiken anzeigen und unheimlich viel individualisieren. Doch für Puristen der Alten Schule ist der Anblick zunächst einmal ungewohnt.

Zwei weitere Kritikpunkte dürfen auch nicht fehlen, auch wenn geneigte Käufer längst Bescheid wissen und es den Wagen einfach ausmacht: Die hintere Sitzreihe ist aufgrund fehlender Beinfreiheit eher als Ablage zu verstehen und der Kofferraum ist nicht der Rede wert. Ein praktisches Alltagsauto sieht definitiv anders aus – Überraschung.

Fazit: Ford Mustang (2024)

Was bleibt also hängen von den Testeindrücken? Zunächst einmal: Der neue Ford Mustang ist kein praktisches Auto – das will er auch nicht sein. Für das, was er ist, ist er ein tolles Auto. Und man muss anerkennen, dass Ford weiterhin bereit ist, einen Markt zu bedienen, der akut vom Aussterben bedroht ist. Einen Neuwagen mit einem V8-Saugmotor bekommt man nicht mehr oft, ein Muscle Car eigentlich sogar gar nicht mehr. 

Doch die Konkurrenten Stellantis und GM werden wissen, warum sie ihre hauseigenen Ikonen zu Grabe getragen haben: Es fühlt sich immer noch irgendwie verwegen an, mit einem solchen Fahrzeug unterwegs zu sein. Aber wirklich zeitgemäß ist diese Art der Fortbewegung nicht mehr. Der Verbrauch ist astronomisch, die Klangkulisse quasi nicht Innenstadt-tauglich.

Der Fahrer des Ford Mustang macht ganz schön auf dicke Hose
Der Fahrer des Ford Mustang macht ganz schön auf dicke Hose.
© stern.de
PS-Protzer macht auf dicke Hose – und bereut es Sekunden später

Möchte man sich vor dem Untergang dieser Ära des Benzinüberflusses noch ein Exemplar sichern, wäre der neue Mustang alles in allem ein heißer Kandidat. Preislich geht es bei rund 60.000 Euro los, das Modell Dark Horse liegt mit manuellem Getriebe bei 72.500 Euro.

Transparenzhinweis: Die Reise nach Frankreich zur Testfahrt mit dem Mustang erfolgte auf Einladung von Ford.