Fuchteln und Springen, Tanzen und Singen, Pistolen zücken und Schwerter schwingen – und das alles im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Bewegungssteuerungen für Videospielkonsolen machen es möglich. Kinect für Microsofts Xbox 360 und Playstation Move von Sony waren das Thema auf der vergangenen Gamescom, nachdem Nintendo fünf Jahre zuvor mit Wii-Konsole das Genre der Bewegungsspiele erschaffen hatte. Jetzt öffnet in Köln die Videospielmesse Gamescom wieder ihre Tore, ein Jahr ist vergangen. Was ist geblieben von der angekündigten Revolution des Gaming?
Zwei unterschiedliche Systeme
- Bei Kinect für Microsofts Xbox 360 wird der ganze Körper zum Controller. Der Kinect-Sensor, der unter oder über dem Fernseher angebracht wird, erfasst mit einer Phalanx aus Kameras, Infrarotsensoren und Mikrofonen, einen oder mehrere Spieler. Die Bewegungen des ganzen Körpers oder auch nur der Hände und Füße steuern das Spiel. Bei manchen Games wird außerdem das Abbild des Spielers in das Geschehen auf dem Bildschirm eingeblendet.
- Sonys Playstation Move arbeitet etwas anders: Das Herzstück ist ein mit Bewegungssensoren ausgestatteter Controller, den der Spieler in der Hand hat. Eine Kamera filmt den Spieler vor dem Fernseher und erfasst außerdem die Bewegungen des Controllers, der dank eines leuchtenden Balls am Ende für das elektronischen Auge gut sichtbar ist.
Kein Risiko
Den Körper mit Videospielen zu verbinden, ihn regelrecht einzufügen – diese Vorstellung versprach neue, bisher völlig unbekannte Spielkonzepte. Zumindest träumten davon viele Journalisten und Gameskritiker. Die Spieleproduzenten gingen zu Anfang allerdings auf Nummer sicher, schließlich wollten sie ran an neue Zielgruppen: Gelegenheitsspieler, vor allem Frauen und ganze Familien. Tanz-, Sport- und Partyspiele dominierten die Startaufstellung - offenbar mit Erfolg. Microsoft konnte im Januar 2011 zehn Millionen verkaufte Kinect-Sensoren ins Guiness-Buch der Rekorde eintragen, als "am schnellsten verkauftes Konsumentenprodukt". Sony meldete im Juni 2011 immerhin 8,8 Millionen verkaufte Exemplare.
Aus den Zahlen ergibt sich, was auf der Gamescom in diesem Jahr sichtbar ist: Die Hersteller bleiben ihrer Linie treu und setzen auf Bewährtes. Was nicht heißt, das die neuen Spiele schlecht sind. Aber die meisten sind konventionell. Wer auf nie Dagewesenes gehofft hat, muss zu Ausnahme-Titeln wie dem bereits erschienenden psychedelischen "Child of Eden" greifen – und ansonsten Tanzen und Konsolensport machen. Hier kommt ein Überblick über die Ankündigungen für Kinect und Move.

Kinect: Bären, Sportler, Jedi-Ritter
Microsoft mag es gern flauschig: Die knuddelige Tiersimulation "Kinectimals" bekommt eine Fortsetzung mit dem schönen Namen: "Jetzt mit Bären". Beim Probespielen machte ein kopfballstarker Panda eine sehr niedliche Figur. Dieser Titel wird erstmals auch für Smartphones erscheinen. Ebenfalls für die Kleinen: "Disneyland Adventures", das die Attraktionen der Freizeitparks auf die Konsole bringen soll. Und in "Sesamstraße: Es war einmal ein Monster" tummeln sich die beliebten Puppen.
Drei Fortsetzungen sorgen für Leibesertüchtigung: "Dance Central 2", "Your Shape: Fitness Evolved 2012" und "Kinect Sports: Season 2". Letzteres unter anderem mit Tennis und Dart als neue Disziplinen.
Der "Krieg der Sterne" fordert jetzt auch vollen Körpereinsatz im Wohnzimmer: Besonders spaßig wirkt bei "Kinect Star Wars" der Rancor-Modus, in dem der Spieler als haushohes Monster – bekannt aus "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" – Häuser platttritt und Sturmtruppen mit einer Armbewegung beiseite fegt. Expressive Bewegungen vor der Konsole vorausgesetzt.
Sehr schräg kommt "The Gunstringer" her. Das Wortspiel im Titel - aus Revolverheld ("Gunslinger") und Faden ("String") – deutet das Setting bereits an: Es geht um Western-Ballereien mit Marionetten. Dabei spielen sich nicht nur auf dem Bildschirm wegen des absurden Grafikstils bizarre Szenen ab. Auch der Spieler gibt bisweilen ein merkwürdiges Bild ab. Mit der erhobenen linken Hand muss er das virtuelle Steuerkreuz der Marionetten bewegen. Mit rechts wird geschossen, den Zeigefinger wie ein Lauf hervorgestreckt, die Hand nach hinten zuckend, um den Rückstoß zu simulieren. Da werden Kinderheitserinnerungen an "Cowboys und Indianer" wach.
Messeservice
Dauer 17. bis 21. August 2011. Am 17. ist ein Fachbesucher- und Medientag, danach ist die Gamescom offen für alle.
Öffnungszeiten
Donnerstag/Freitag - 10.00 bis 20.00 Uhr
Samstag - 9.00 bis 20.00 Uhr
Sonntag - 9.00 bis 18.00 Uhr.
Eintrittspreise
Tageskarte Erwachsene: Donnerstag/Freitag 12,50 (ermäßigt 8,00) Euro, Samstag/Sonntag 15,00 (ermäßigt 12,50) Euro
Tageskarte Kind (7 bis 12 Jahre) 5,50 Euro;
Tageskarte Eltern/pro Person 10,00 Euro
Familienticket (nur am Sonntag) 20,00 Euro
Dauerkarte Erwachsene: 31,00 Euro
Abendkarte (ab 16.00 Uhr) 6,50 Euro.
Sony: Scharf schießen, scharf tanzen
Auch Sony lässt tanzen: "Dancestar Party", von den Machern der erfolgreichen Singstar-Serie, kommt mit 40 Songs und Original-Videoclips zum Nachtanzen. Besonders Kreative basteln sich außerdem ihre eigene Choregrafie zusammen. Ebenfalls warm wird einem mit "Move Fitness".
Neben Spielen, die speziell für Move entwickelt werden, setzt Sony von Anfang an auch darauf, die Bewegungssteuerung mit bekannten und beliebten Serien zu verheiraten, zum Beispiel das Baukasten-Spiel "Little Big Planet". Der Actionkracher "Resistance 3" wird nicht nur in 3D kommen, sondern auch Move unterstützen. Der "Move Sharpshooter" – ein Plastikgewehr, in das der Move-Controller gesteckt wird – kann bei der Ballerei ebenfalls eingesetzt werden.
Sogar die seit vielen Jahren erfolgreiche Fußballsimulation "Fifa" wird für Move angepasst werden. Allerdings erst die übernächste Version, "Fifa 13", die 2012 erscheinen wird. Noch ist völlig offen, wie eine Move-Steuerung des Fußballspiels aussehen kann. Voller Körpereinsatz im Wohnzimmer, mit Blutgrätschen und Torhüterparaden, ist eher unwahrscheinlich. Schade eigentlich.