Netflix ist auf der Überholspur: Am Mittwoch präsentierte der größte Streaminganbieter der Welt seine aktuellen Quartalszahlen. Und die waren überraschend stark: So konnte Netflix in den vergangenen drei Monaten insgesamt 3,3 Millionen Abonnenten gewinnen - deutlich mehr als erwartet. Damit legte der Streaminganbieter fast doppelt so stark zu wie im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Weltweit hat der Dienst jetzt 65,6 Millionen Nutzer. Vor allem international expandiert die Firma aus dem kalifornischen Los Gatos, die bis Ende 2016 in 200 Ländern verfügbar sein will, in rasantem Tempo. 2,4 Millionen Mitglieder kamen zuletzt im Ausland dazu.
Gewinn geht stark zurück
Doch das starke Wachstum macht sich nicht in der Kasse bemerkbar: Zwar kletterte der Quartalsumsatz im Jahresvergleich um 23 Prozent auf umgerechnet 1,5 Milliarden Euro. Doch beim Gewinn blieb deutlich weniger hängen als zuletzt: Durch die hohen Kosten für Inhalte und den starken Dollar ging der Gewinn um satte 64 Prozent zurück. Statt 71 Millionen (Vorjahres-Quartal) blieben nur noch 26 Millionen Dollar übrig. Das ist zwar nicht üppig, aber angesichts des aggressiven Expansionskurses immer noch eine reife Leistung, von der andere Startups nur träumen könnten.
Vor allem die Lizenzkosten sind teuer für das Unternehmen: Netflix gibt drei Milliarden Dollar pro Jahr für Eigenproduktionen und Inhalte anderer Anbieter aus. Im kommenden Jahr werden es bereits fünf Milliarden Dollar sein, dazu kommt noch einmal eine Milliarde Dollar für Marketing und Werbung.
Unterm Strich gibt es für Netflix deshalb nur eine Lösung: Langfristig muss das Unternehmen die Preise erhöhen, um profitabel zu bleiben. Das kündigte Netflix-Chef Reed Hastings in einer Telefonkonferenz mit den Investoren an. "Wir werden es sehr langsam angehen", erklärte Hastings. "Wir werden in diesem Jahrzehnt mehr Inhalte und somit einen größeren Wert anbieten, und den Preis dementsprechend anpassen." Wie hoch die Preiserhöhung ausfallen wird und wann damit zu rechnen ist, ließ der Netflix-Chef offen.
Krieg der Streaming-Anbieter
Manch einer mag sich fragen: Hat Netflix die milliardenteure Werbung und zahlreichen Eigenproduktionen überhaupt noch nötig? Allerdings. Der Wettbewerb im Streaming-Markt ist hart, zahlreiche Anbieter buhlen um die Gunst der Kunden.
So bietet der weltgrößte Online-Händler Amazon einen deutlich günstigeren Streamingdienst an, der nicht nur einige hochkarätige Exklusivtitel umfasst, sondern auch immer mehr aufwendige Eigenproduktionen. Mit der Serie "Transparent" gewann Amazon dieses Jahr sogar den Golden Globe, die wichtigste Auszeichnung der Branche.
Doch auch die klassischen TV-Sender wollen ein Stück vom Kuchen und bieten ihre Inhalte online an. HBO etwa stellt seine Erfolgsserien (unter anderem "True Detective" und "Game Of Thrones") in einer Mediathek zur Verfügung - und kassiert dafür 15 Dollar im Monat.
Netflix kürzt den Filmkatalog
Netflix hat auf die starke Konkurrenz bereits reagiert und den Film- und Serienkatalog in den USA erstmals deutlich geschrumpft. Mehr als 500 Filme und Serien wurden in den letzten Wochen aus dem Programm geschmissen. Darunter auch Film-Klassiker wie "Taxi Driver", der Action-Kracher "Terminator 2" oder der Achtziger-Hit "Knight Rider".
Viele der gestrichenen Serien gehören dem US-Fernsehsender CBS. Der produziert populäre Serien wie die Nerd-Comedy "The Big Bang Theory" und die "CSI"-Reihe. Der Sender betreibt ebenfalls eine eigene Streaming-Seite - und will die Inhalte exklusiv haben, vermutet das Tech-Blog Mashable.
Auch hierzulande könnten in Zukunft Lücken im Angebot klaffen. Denn bei den Videostreaming-Diensten gibt es einen zunehmenden Kampf um exklusive Inhalte. Der "Breaking Bad"-Nachfolger "Better Call Saul" ist beispielsweise nur Netflix-Abonnenten vorbehalten, während der Teenie-Hit "Die Tribute von Panem - Catching Fire" exklusiv auf Amazon Prime Instant Video läuft. Die aktuelle ProSieben-Serie "Empire" gibt es wiederum nur auf Maxdome.
Für die Kunden ist das auf Dauer ärgerlich: Entweder man verzichtet auf viele Serien und Filme, greift tiefer in die Tasche - oder man muss je nachdem, welche Serie man schauen will, ständig zwischen den Anbietern hin- und herwechseln.