Hunderte Millionen User betroffen NSA-Adressbuch - Du stehst auch drin

Es dürfte das größte Adressbuch der Welt sein: Der US-Geheimdienst NSA hat Hunderte Millionen Kontaktlisten von Usern weltweit abgegriffen. Rechtlich sehr heikel: Viele Accounts gehören Amerikanern.

Gegen den umstrittenen US-Geheimdienst NSA sind neue, massive Vorwürfe bekannt geworden. Die NSA soll sich weltweit Zugriff auf Hunderte Millionen Kontaktlisten verschafft haben. Die Freundeslisten stammten aus Adressbüchern von E-Mail-Accounts und Instant-Messaging-Konten, wie die "Washington Post" am Dienstag berichtete. Die Informationen stammten von hohen Geheimdienstmitarbeitern und aus streng geheimen Dokumenten des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden. Die NSA soll die Daten dem Bericht zufolge dazu nutzen, Kontaktprofile von Menschen zu erstellen, denen sie nachspioniert.

An einem einzigen Tag im vergangenen Jahr habe die NSA mehr als 444.000 Email-Adressbücher bei Yahoo, mehr als 100.000 bei Hotmail, über 82.000 bei Facebook, gut 33.000 bei Gmail und fast 23.000 bei anderen nicht genannten Dienstleistern gesammelt. Das gehe aus einer internen Präsentation der NSA hervor. Laut "Washington Post" wären das mehr als 250 Millionen Email-Adressbücher im Jahr.

Online gespeicherte Kontaktlisten seien ergiebigere Datenquellen als Telefonaufzeichnungen. Adressbücher enthielten nicht nur Namen und E-Mail-Adressen sondern auch Telefonnummern, Anschriften und Informationen über Familien und Geschäfte.

Spam-Mails nerven auch die NSA

Auch US-Bürger seien davon - entgegen den Bestimmungen für die NSA - betroffen. Nach Schätzungen könne die Zahl im Bereich von Millionen oder Dutzenden von Millionen liegen. Wie die "Washington Post" weiter berichtet, sei die NSA weder vom Kongress noch dem speziell zuständigen geheimen Gericht ermächtigt worden, Kontaktlisten in großen Mengen zu sammeln. Ein hoher Geheimdienstmitarbeiter habe erklärt, das Verhalten wäre von einem Ort in den USA aus ungesetzlich. Der Geheimdienst arbeite deshalb von Standorten in aller Welt.

Shawn Turner, Sprecher des Büros des Nationalen Geheimdienstdirektors, erklärte nach den Angaben der Zeitung, dass die NSA Hinweise auf Terroristen, Menschenhändler und Drogenschmuggler suche. "Wir sind nicht interessiert an persönlichen Informationen über normale Amerikaner."

Die Sammlung an Kontakten sei so umfangreich, dass gelegentlich eine Überlastung der Speicherkapazitäten gedroht habe, heißt es in der "Washington Post". Auch Spam-Mails seien ein bedeutendes Problem für die NSA, da sie Datenspeicher mit wertlosen Informationen verstopften. Der größte Teil aller Emails ist laut einem NSA-Dokument Spam von falschen Adressen.

Google & Co.: "Leisten keine Hilfe"

Sprecher von Google, Microsoft und Facebook erklärten dem Blatt, sie leisteten keine Hilfe für die staatliche Datensammlung. Bei Yahoo hieß es, ab Januar würden alle E-Mail-Verbindungen verschlüsselt. Google hatte es erstes Unternehmen bereits 2010 alle seine E-Mail-Verbindungen gesichert. Nach Angaben von Insidern sollte damit teilweise die Sammlung von Benutzer-Informationen in großem Umfang durch die NSA und durch andere Geheimdienste durchkreuzt werden.

Die Enthüllungen Snowdens zu den massiven Ausspähaktivitäten der NSA haben international zu einem Aufschrei geführt und auch das Verhältnis der USA zu zahlreichen Regierungen und Institutionen belastet. Snowden hat in Russland politisches Asyl gefunden.

DPA · Reuters
jwi/DPA/Reuters

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