Der Mord an der 17-jährigen Bianca Devins aus Utica im US-Bundesstaat New York beherrscht die Schlagzeilen in den USA. Denn es ist nicht nur die Brutalität des Verbrechens, die schockiert. Der Täter machte nach der Tat Fotos der blutigen Leiche und verbreitete diese auf diversen Internetportalen.
Bianca Devins hatte gerade die High School beendet und wollte im Herbst auf das College wechseln. In ihrer Freizeit stellte sie ihr Leben mit Foto-Collagen in sozialen Netzwerken zur Schau, dadurch wurde sie eine kleine Netzberühmtheit mit 35.000 Followern. Am Sonntag wurde sie jedoch brutal ermordet, als Hauptverdächtiger gilt der 21 Jahre alte Brandon Clark. Devins‘ Schwester schrieb auf Instagram, er sei ein "enger Freund der Familie" gewesen, dem man sehr vertraut habe. Clark und Devins besuchten wenige Stunden vor der Tat noch gemeinsam ein Konzert. Doch auf dem Rückweg scheint es zum Streit gekommen zu sein, der eskalierte.
Die Bilder des Opfers kursieren weiter im Netz
In der 60.000-Einwohner-Stadt sprach sich das Verbrechen schnell herum, weil der Tatort den Start des örtlichen Boilermaker Road Race verzögerte. Vor allem aber entwickelten die Bilder, die der mutmaßliche Täter ins Netz stellte, ein Eigenleben. Lieutenant Brian Coromato vom Utica Police Department bestätigte gegenüber dem US-Magazin "Rolling Stone“, dass drei echte Bilder ihres Mordfalls auf Discord, 4Chan und Instagram kursieren. Coromato betont, dass das Police Department diverse Social-Media-Plattformen kontaktiertierte, damit diese die Bilder schnellstmöglich entfernen. "Aber wir haben gar keine Antwort erhalten. Soweit ich das sehe, wurde nichts entfernt“, sagte er dem "Rolling Stone“.
Instagram hat mittlerweile reagiert und den Account des mutmaßlichen Täters deaktiviert. Zudem habe man diverse technische Maßnahmen ergriffen, um das erneute Hochladen der Bilder zu verhindern. "Mashable“ zufolge blockt das Bilder-Netzwerk auch diverse Hashtags, die mit der Tat in Zusammenhang stehen.
Vergebens. Immer noch kursieren Bilder des 17-jährigen Opfers im Netz, die offenbar zuvor von Nutzern gescreenshotted wurden. Anonyme Instagram-Konten laden diese immer wieder hoch. Einige Postings werden von dem Netzwerk herausgefiltert, doch längst nicht alle. Einige der zutiefst verstörenden Bilder sind zum Zeitpunkt der Publikation dieses Artikels sogar auf Devins‘ Account verlinkt, der mittlerweile fast 100.000 Follower hat. Womöglich sind die Algorithmen nicht ausgefeilt genug oder Instagram nimmt die Sache nicht so ernst, wie es nötig wäre. Fakt ist: Das Netzwerk bekommt das Problem nicht in den Griff.
Nutzer wollen ihr Vermächtnis wahren
Viele Instagram-Nutzer sind der Meinung, die Plattform unternehme nicht genug – und nehmen die Sache nun selbst in die Hand. Sie melden Nutzer, die weiter Bilder der Tat posten und durch das Raster fallen. Sie verlinken Devins‘ Account auf schönen Zeichnungen, romantischen Sonnenuntergängen und Katzen die von Herz-Emojis umgeben sind. Auf diese Weise wollen sie den Algorithmus überlisten und die grausamen Bilder verdrängen.
Devins‘ Follower eröffnen neue Accounts, in denen sie private Schnappschüsse der 17-Jährigen verbreiten, um sie positiv in Erinnerung zu behalten. "Es waren ein paar verstörende Stunden und ich bin ehrlich gesagt schockiert, wie schlecht Instagram die Situation gehandhabt hat“, sagt die Nutzerin, die hinter einem der Gedächtnis-Accounts steckt, gegenüber "Mashable". Sie wisse, dass es unmöglich sei, jeden einzelnen Post offline zu nehmen. "Aber ernsthaft: Es darf nicht die Aufgabe eines 13-jährigen Mädchens sein, die kranken Posts von Nutzern zu entfernen. Diese Erfahrung hat mich zutiefst verstört.“
Auch andere Nutzer kritisieren das Verhalten von Instagram. "Das Bild einer stillenden Mutter wird sofort gelöscht, aber bei der Leiche einer Minderjährigen schauen alle weg“, beschwert sich ein anderer Nutzer gegenüber "Mashable“. Viele der geposteten Bilder seien lediglich mit einem Warnhinweis versehen worden.
Devins‘ Instagram-Account wurde mittlerweile in den Gedenkzustand versetzt. Dadurch bleiben bereits gepostete Bilder und Videos sichtbar, allerdings kann sich niemand mehr in das Konto der Verstorbenen einloggen.
Netzwerke wiederholt in der Kritik
Es ist nicht das erste Mal, dass der Umgang der sozialen Netzwerke mit umstrittenen Inhalten für Diskussionen sorgt. Im März wurden 51 Menschen bei Angriffen auf Moscheen im neuseeländischen Christchurch getötet, das Massaker wird im Livestream auf der Facebook-Seite des Täters gezeigt, minutenlang. Das Netzwerk wurde später kritisiert, nicht schnell genug reagiert zu haben. Warum die Künstliche Intelligenz versagte, können Sie hier nachlesen. 2013 postete ein Mann aus Südflorida, der später als "Facebook Killer" bekannt wird, ein Bild seiner erschossenen Frau auf Facebook. 2016 gab es einen ähnlichen Fall in Texas.
Quellen: Mashable, Rolling Stone, CNN, New York Times
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