Der Handelskonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China hat die Tech-Industrie durcheinandergewirbelt: Langjährige Partnerschaften wurden aufgekündigt, Lizenzen entzogen und Verbote verhängt. Chinesischen Konzernen wie Huawei wurde ihre Abhängigkeit vom Android-Betriebssystem allzu deutlich. US-Firmen wie Apple, Microsoft, Dell oder HP wiederum wollen ihre Produktion zumindest teilweise in andere asiatische Länder außerhalb Chinas verlagern. Im Gespräch sind unter anderem Vietnam, Indonesien und Indien. Man kann ohne zu übertreiben sagen: Nichts ist mehr, wie es zuvor war.
Japan zieht die Daumenschrauben an
Auch einen anderen politischer Konflikt könnten Unternehmen wie Nutzer demnächst zu spüren bekommen: Seit Jahrzehnten schwelt ein Streit zwischen Japan und Südkorea, der nun seine nächste Eskalationsstufe erreicht. Einem Bericht des japanischen Wirtschaftsdienstes "Nikkei Asian Review" zufolge hat Japan am Montag weitere Beschränkungen für den Export wichtiger Halbleiter- und Display-Materialen eingeführt, die südkoreanische Unternehmen zur Fertigung von Chip-Produkten benötigen. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die Vertrauensbeziehungen zwischen beiden Ländern in erheblicher Weise beeinträchtigt worden seien.
Die neue Regelung ist am Donnerstag in Kraft getreten. Nun müssen japanische Lieferanten jeden Export von drei wichtigen Chemikalien nach Südkorea durch die Regierung prüfen lassen. Dieser Vorgang könne bis zu drei Monate in Anspruch nehmen, erklärt die japanische Regierung.
Für die südkoreanischen Chip-Hersteller könnte das ein Problem werden: Die Unternehmen horten in der Regel nur Vorräte für ein bis zwei Monate. Sollten die Japaner die Prüfungszeit ausreizen, könnte es zu Engpässen kommen, womöglich müsste gar die Produktion gedrosselt werden.
Südkorea dominiert Chip-Markt
Die Neuregelung ist insofern brisant, weil zwei der weltgrößten Anbieter von Speicherchips – Samsung und SK Hynix – aus Südkorea stammen. Die südkoreanischen Hersteller dominieren den Weltmarkt: Rund 70 Prozent des weltweiten Arbeitsspeichers und 50 Prozent des Flash-Speichers, die unter anderem in Laptops, Smartphones und Tablets verbaut werden, werden hier gefertigt.
Diese Chips stecken unter anderem in Apples iPhone und Smartphones von Huawei, außerdem in Laptops von HP und Lenovo oder Fernsehern von Sony und Panasonic. Die Entscheidung der Japaner könnte somit zum Bumerang werden: Müssten große Konzerne wie Apple deshalb ihre Produktion drosseln, würde sich das auch wirtschaftlich auf die japanischen Zulieferer auswirken.
Südkorea kritisiert Japan
Aus dem Umfeld von SK Hynix heißt es, die Firma hätte keine Vorräte für drei Monate. Das Unternehmen wäre demnach in einigen Wochen gezwungen, die Produktion zu stoppen. Samsung wolle die Situation zunächst genauer untersuchen, ein Statement gab es bislang nicht. Auch die Firma LG Display ist von den Restriktionen betroffen.
Südkorea hat bereits am Montag die Entscheidung der Japaner kritisiert und Gegenmaßnahmen nach "einheimischem und internationalem Recht" angekündigt. Auch eine Klage bei der Welthandelsorganisation WTO stehe im Raum. Seoul hat außerdem den japanischen Botschafter wegen Tokios wirtschaftlicher Vergeltung einbestellt.
Japan scheint davon unbeeindruckt zu sein: Im August wolle das Land Südkorea von der "Whitelist" der Exportnationen entfernen, zu der 27 befreundete Nationen gehören – unter anderem die USA, Deutschland und Frankreich. Bislang wurde kein Land aus dieser Liste gestrichen.
Ein Streit mit Geschichte
Der Hintergrund des Konflikts zwischen Südkorea und Japan geht zurück bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Halbinsel Korea stand zwischen 1905 und September 1945 unter japanischer Kontrolle. Allein im Zweiten Weltkrieg mussten Hunderttausende südkoreanischer Arbeiter gegen ihren Willen in Japan arbeiten.
Seitdem werden Entschädigungen von japanischen Firmen gefordert. Im März verurteilte ein südkoreanisches Gericht mehrere japanische Firmen und beschlagnahmte Vermögenswerte. Die Exportbeschränkung wird deshalb als Reaktion auf die Gerichtsentscheidung gesehen.
Quelle: Nikkei Asian Review, KBS
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