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Safer Internet Day Was Eltern wissen müssen

Für Kinder und Jugendliche lauern im Netz zahlreiche Gefahren: Sucht, Mobbing, Abzocke und pornografische Inhalte sind Risiken, vor denen Eltern ihre Schützlinge besser bewahren sollten. Anlässlich des europaweiten "Safer Internet Day" erklärt stern.de die größten Bedrohungen für Kinder im Netz und sagt, was Eltern dagegen tun können.

Der Terror begann mit einem Paar neuer Schuhe. Das hatte sich Alina gekauft, weil ihre beste Freundin Alex das gleiche hatte. Doch Alex war darüber sehr wütend. Wie sehr, das merkte Alina, als sie sich auf schuelerVZ einloggte, einem beliebten Internet- Netzwerk von Jugendlichen und Kindern in Deutschland. "Dreckschlampe" stand plötzlich auf der Pinnwand der 14 Jahre alten Schülerin. Bald bildete sich auf schuelerVZ eine Alina-Hassgruppe, auf der anonyme Nutzer gegen das Mädchen hetzten, es täglich beleidigten und sogar gefälschte Bilder veröffentlichten.

Alinas Geschichte ist kein Einzelfall. Nach Angaben der Europäischen Kommission in Brüssel wurde bereits jeder fünfte Schüler in Deutschland im Internet gemobbt. In anderen EU-Ländern ist Cyber- Mobbing sogar noch verbreiteter. Untersuchungen ergaben, dass in Großbritannien jeder dritte Jugendliche und in Polen sogar jeder Zweite schon einmal im Netz fertig gemacht wurde. Cyber-Mobbing steht deshalb an diesem Dienstag im Zentrum des "Safer Internet Day", an dem Schüler und Lehrer weltweit dazu aufgerufen sind, über die Gefahren im Internet zu diskutieren.

Schirmherr der Aktion ist die EU-Kommission, die den Tag 2004 ins Leben gerufen hat. Damals beteiligten sich 15 EU-Länder. Mit der Zeit kamen auch Organisationen aus nicht EU-Staaten wie Australien, Venezuela und Ägypten hinzu. Anstatt aus EU-Töpfen werden ihre Aktionen meist national finanziert.

"Cyber-Mobbing ist ein ernstzunehmendes Problem, vor allem in Europa", sagt Viviane Reding, EU-Medienkommissarin. Online-Netzwerke wie Facebook, schuelerVZ und Youtube, auf denen Nachrichten verschickt oder Fotos und Videos veröffentlicht werden können, sind für viele Teenager aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Allein in der EU ist die Zahl der regelmäßigen Nutzer sozialer Online-Netzwerke nach Angaben von Reding zwischen 2007 und 2008 um 35 Prozent auf 41,7 Millionen gestiegen. Für 2012 rechnen Prognosen mit einem weiteren Anstieg auf 110 Millionen Nutzer.

"Tummelplatz für junge Leute"

"Diese Netzwerke sind besonders für junge Leute ein Tummelplatz. Daher ist es wichtig, sie vor virtuellen Angriffen wie Mobbing zu schützen", sagt Reding. Mit verschiedenen Programmen setzt sich die EU seit 1999 für den Schutz von Jugendlichen im Internet ein. Mit dem neuen "Safer Internet Programm", das in diesem Jahr angelaufen ist, stellt sie bis 2013 etwa 55 Millionen Euro bereit. Mit dem Geld werden in allen Mitgliedstaaten unter anderem Projekte wie Online- Netzwerke oder Beratungshotlines finanziert. In Deutschland ist das etwa die Initiative klicksafe.de, die Eltern, Lehrer und Schüler für virtuelle Gefahren sensibilisieren will.

"Cyber-Mobbing hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen", erläutert klicksafe.de-Mitarbeiter Joachim Kind. Es komme in allen Schulstufen und -formen vor, verstärkt jedoch bei 12- bis 17-jährigen Gymnasiasten. "Die Betroffenen leiden sehr darunter", erzählt er. Zwar habe es schon immer Schüler gegeben, die von ihren Klassenkameraden gedemütigt und bloßgestellt wurden. "Früher hat sich das allerdings auf den Pausenhof beschränkt. Durch Cyber-Mobbing nehmen die Schüler die Beleidigungen mit nach Hause. Sie sind ihnen permanent ausgesetzt." Verschlimmert würden die Attacken dadurch, dass sie im Internet für alle Welt zu sehen seien.

Auf Initiative der EU wollen 17 führende Anbieter sozialer Netzwerke wie Facebook, Myspace und studiVZ nun am Dienstag in Luxemburg die erste europäische Vereinbarung für einen besseren Schutz von Minderjährigen unterzeichnen. "Damit werden die Unternehmen jetzt selbst Verantwortung übernehmen", sagt Reding. So soll es etwa auf den beteiligten Seiten künftig einen Knopf geben, mit denen die Nutzer anstößige Kontaktversuche oder auch Cyber-Mobbing per Mausklick melden können. Profile von Minderjährigen sollen nicht mehr mittels Suchmaschinen zu finden sein, unter 13- Jährige sollen gar nicht mehr zugelassen werden.

Nur Aufklärung hilft

Nach Ansicht von klicksafe.de-Mitarbeiter Kind sind diese Maßnahmen zwar sinnvoll, einen wirklichen Schutz vor Cyber-Mobbing könne jedoch nur durch Aufklärung gewährleistet werden. "Hier sind vor allem die Eltern gefragt", betont er. "Sie müssen mit ihren Kinder darüber sprechen, was die den ganzen Tag im Netz treiben."

Megan Meier aus dem US-Bundesstaat Missouri hat dies nicht getan. Der Fall des 13 Jahre alten Mädchens hatte 2006 weltweit für Aufsehen gesorgt. Megan beging Selbstmord, nachdem sie auf der Internetplattform Myspace von einem Nutzer namens Josh Evans wochenlang beschimpft und schikaniert worden war. Später stellte sich heraus, dass hinter Josh die 49 Jahre alte Lori Drew steckte. Sie wollte ihre Tochter rächen, die angeblich mit dem Mädchen zerstritten war.

Im Kasten links oben erfahren Sie, welche Gefahren auf Kinder im Web lauern und wie Sie ihnen begegnen.

san/DPA

Gefahr: Ungeeignete Inhalte

Obwohl es falsch wäre, das Internet auf solche Inhalte zu reduzieren, ist es eine Tatsache: Es gibt viele Onlineangebote, die explizite Darstellungen von Pornografie, Gewalt und Unfällen beinhalten, die auf keinen Fall für Kinderaugen geeignet sind. Hinzukommen rassistische, nationalsozialistische, extremistische oder auf andere Art aufhetzende Websites. Solchen Angeboten kann man auch begegnen, wenn man nicht explizit nach ihnen sucht.

Schutzmaßnahme

Startseiten

: Sorgen Sie dafür, dass der Internetbrowser für ihr Kind eingerichtet ist. Sinnvoll sind zum Beispiel spezielle kinderfreundliche Startseiten, die mit jedem Browserstart aufgerufen werden.

Einige Beispiele sind die Kinderportale:
www.internet-abc.de,
www.internauten.de,
www.milkmoon.de,
www.helles-koepfchen.de,
und die speziell für Kinder designte Suchmaschine http://www.blinde-kuh.de/

Eine gute Auflistung von kindergerechten Webseiten finden Sie auch unter www.seitenstark.de.

Filterprogramm

: Mit Hilfe von Jugendschutzprogrammen ("Filter") können Sie die Computernutzung Ihrer Kinder einschränken. Diese Programme blockieren den Zugang zu von Ihnen bestimmten Inhalten und können auch die Zeit, die das Kind vor dem PC verbringt kontrollieren. Aber Sie müssen sich im Klaren sein, dass ein computerversiertes Kind irgendwann in der Lage sein wird, diese Filter zu umgehen.

Eine Liste mit kommerziellen Filterprogrammen:
- Enuff (auf Englisch, 45 US-Dollar)
- KidsWatch (auf Englisch; 33 Euro)
- Kindersicherung 2009 (auf Deutsch, 30 Euro)
- WatchDog (auf Englisch, 40 US-Dollar für drei PCs)
- WinTimer (auf Deutsch, 22 Euro für zwei PCs)

In Windows Vista sind verschiedene Jugendschutzfunktionen bereits eingebaut.

Aufklärung

: Klären Sie Ihr Kind darüber auf, welche Art von gefährlichen Inhalten es im Internet gibt. Die Kommission für Jugendmedienschutz hat einen Kriterienkatalog für derartige Inhalte veröffentlicht. Sagen Sie ihm, dass es sofort zu Ihnen kommen soll, wenn es etwas Schlimmes entdeckt hat.

Begleitung

: Begleiten Sie Ihr Kind bei seinen Aktivitäten im Internet. Das Onlineangebot "Eltern im Netz" des Bayrischen Landesjugendamts empfiehlt zum Beispiel: "Fragen Sie Ihr Kind nach seinen neuen Erfahrungen im Internet. Werfen Sie gelegentlich einen Blick auf den Bildschirm, wenn Ihr Kind am PC sitzt. So bekommen Sie einen Eindruck davon, womit sich Ihr Kind gerade beschäftigt. Seien Sie auch "Lehrling". Ihr Kind wird Ihnen stolz zeigen, was es am PC schon alles kann. Durch seine bereits erworbene Computererfahrung kann es Ihnen vielleicht sogar manches Mal bei Schwierigkeiten behilflich sein. Lassen Sie sich beispielsweise die bevorzugten Suchmaschinen oder Links erklären."

Melden

: Melden Sie bedenkliche Angebote den Beschwerdestellen von jugendschutz.net. Diese Einrichtungen können geeignete Schritte gegen die Seitenbetreiber ergreifen.

Gefahr: Datenschutz

Kinder und Jugendliche geben im Netz häufig leichtfertig persönliche Daten preis. Wenn sie ihre E-Mail-Adresse bei Gewinnspielen, in Foren oder anderswo eintragen, werden diese Adressen häufig zu Werbezwecken verkauft. Eine Fülle von Spam ist die Folge.

Viel gravierender kann allerdings das Offenbaren intimster Details und das Veröffentlichen privater Fotos in bei jungen Menschen besonders beliebten sozialen Netzwerken wie Myspace, SchülerVZ oder StudiVZ sein. Ein besonderes Merkmal dieser Daten ist außerdem, dass sie nicht im Laufe der Zeit "verschwinden". Jugendsünden sind nach Jahren im Internet noch zu entdecken.

Schutzmaßnahme

Schärfen Sie Ihrem Kind ein, sich stets unter einem Nicknamen im Netz zu bewegen. Besorgen Sie ihm eine zweite E-Mail Adresse, die es beim Surfen verwenden kann; die reguläre Adresse bleibt für Freunde reserviert. Und überprüfen Sie in Absprache mit Ihrem Kind dessen Posteingang auf merkwürdige Mails.

Die österreichische Initiative saferinternet.at empfiehlt: "Erklären Sie Kindern und Jugendlichen die Gefahren leichtfertiger Datenweitergabe. Eine sinnvolle Regel, die sie gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aufstellen können ist, dass diese Name, Adresse, Telefonnummer, Fotos etc. nur nach Absprache mit Ihnen weitergeben. Wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche die Hintergründe der Gefahren verstehen und die Vorsicht auch als sinnvoll erachten. Ansonsten sind solche Vereinbarungen zwischen Eltern und Kindern zumeist sinnlos."

Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie im Artikel "Nackt im Netz".

Gefahr: Chat

Die Möglichkeit, sich mit anderen über das Internet zu unterhalten - zu chatten - wird von vielen Kindern und Jugendlichen intensiv genutzt. Leider kommt es immer wieder vor, dass Pädophile in solchen Chats mit Minderjährigen Kontakt aufnehmen und sie sexuell belästigen.

Selbst wenn Kinder nicht direkte Opfer von Belästigungen werden, können sie in Chats Diskussionen mitverfolgen, die nicht für sie geeignet sind. Teilweise kann auch der rüde Ton in Chats und eine sexuell gefärbte Sprache Kinder verunsichern und verstören.

Schutzmaßnahme

Der Verein "Internet-ABC" empfiehlt: "Zeigen Sie Ihrem Kind Chats, die speziell für seine Altersgruppe angeboten werden. In unbedenklichen Kinder-Chats lesen Moderatoren die Beiträge mit und greifen gegebenenfalls ein. Dort werden keine persönlichen Daten abgefragt; eine Unterhaltung einzelner Teilnehmer in privaten Chaträumen ist nicht möglich."

Gefahr: Copyrightverletzungen

Das kostenlose - und in den meisten Fällen illegale - Herunterladen von Filmen, Musik und Software ist ein weit verbreitetes Hobby nicht nur, aber vor allem unter Jugendlichen. Dass sich dabei der PC mit Viren und Trojanern infiziert, ist eine Gefahr. Gravierender ist aber die Tatsache, dass dabei Rechtsverstöße begangen werden können.

Schutzmaßnahme

Machen Sie Ihrem Kind klar, dass es sich strafbar macht, wenn es Raubkopien herunterlädt, und dass die Konsequenzen für die ganze Familie sehr unangenehm sein können. Denn dass die Plattenindustrie aktiv Urheberrechtsverletzungen verfolgt, ist hinlänglich bekannt. Zeigen Sie legale Alternativen auf, zum Beispiel Onlineshops wie iTunes und Musicload oder kostenlose Musikportale wie Last.FM oder Tonspion.

Gefahr: Sucht

Die Themen Computer- und Internetsucht werden im Detail von Experten noch heiß diskutiert. Dass es zu Fällen von exzessiver Nutzung dieser Medien kommt, ist aber bekannt. Es muss ja nicht gleich, der Tod vor dem PC durch Erschöpfung sein, wie es in Südkorea einige Fälle gegeben hat. Und ob überhaupt und wie stark ein Mensch süchtig wird, ist individuell unterschiedlich. Dennoch macht die Dosis das Gift, das gilt auch für Internetsurfen und Computerspielen. Aufmerksamkeit der Eltern ist angebracht.

Schutzmaßnahme

Der Verein "Internet ABC" empfiehlt: "Aufmerksam sollten Sie werden, wenn Ihr Kind sich aus der realen Welt der Gleichaltrigen immer mehr zurückzieht und das Internet zum 'besten Freund' wird. Sprechen Sie mit Ihrem Kind und versuchen Sie, klare Regeln zu schaffen und einzuhalten. Suchen Sie Rat bei Fachleuten."

Ein Experteninterview zum Theme Internetsucht finden Sie hier: "Flucht aus der Realität"

Und es gibt einen Test bei stern.de: "Bin ich internetsüchtig"

Gefahr: Mobbing

Die Möglichkeiten des Internet, Inhalte mit geringem Aufwand zu verbreiten, sowie die empfundene Anonymität im Netz erleichtern bestimmte Arten von "Scherzen" und des Herumhackens auf Schwächeren. Üble Nachrede und Beleidigungen in sozialen Netzwerken, Chats und Foren sowie das Verbreiten von peinlichen Fotos und Videos sind nur einige Varianten dieses Cybermobbing genannten Phänomens. Die Schäden bei den Opfern sind unter Umständen alles andere als virtuell.

Schutzmaßnahme

Das Kind muss lernen, dass es im Internet nicht wirklich anonym ist und sein Verhalten Spuren hinterlässt und Konsequenzen haben wird. Ist Ihr Kind ein Opfer von Cybermobbing, suchen Sie Hilfe an der Schule oder zur Not bei der Polizei.

Gefahr: Abzocke

Im Internet tummeln sich auch Betrüger, die ahnungslosen Internetsurfern Fallen stellen. Minderjährige sind besonders gefährdete Opfer. Es gibt betrügerische Angebote, die sich direkt an Kinder wenden, indem sie zum Beispiel Zusatzinhalte zu beliebten TV-Serien, Tipps für Hausaufgaben oder lustige Bilder und Klingeltöne versprechen. Beim Abrufen der Informationen können dann sehr hohe Kosten entstehen, weil beispielsweise unwissentlich ein Abonnement abgeschlossen wird.

Schutzmaßnahme

Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind, dass es nur nach Absprache mit Ihnen etwas abonniert, sich "Geschenke" schicken lässt oder irgendwo Mitglied wird.

Links und Literatur

Literatur

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vertreibt kostenlos die Broschüre "Ein Netz für Kinder - Surfen ohne Risiko? Ein praktischer Leitfaden für Eltern und Pädagogen." Sie enthält neben häufigen Fragen von Eltern zum Internet auch eine Übersicht mit hilfreichen Regeln, Tipps zum spielerischen Umgang, Wissenswertes über Jugendmedienschutz und Verbraucherschutz, Buchtipps sowie kindgerechte Link-Hinweise. Das Heft steht auf der Website des BMFSFJ zum Download bereit.

Allgemeines zum Thema Kinder und Internet:

Deutsches Jugendinstitut

Deutsches Kinderhilfswerk

familie.de

Elterntalk.net der Arbeitsstelle Jugendschutz

Ausführliche Informationen zum Thema und zu den Aktionen am Safer Internet Day: klicksafe.de

Kinder- und Jugendschutz im Internet

Jugendschutz.net der Bundesländer, mit Beschwerdestelle bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz

Bayrisches Landesjugendamt

Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien

Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter

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