Mobile World Congress Nokia kommt mit dem 15-Euro-Handy

Nokia verzichtet auf dem Mobile World Congress in Barcelona auf Superlative. Die neuen Lumia-Smartphones tummeln sich in der preislichen Mittelklasse. Zwei neue Handys sind etwas für harte Sparer.

Wer gehofft hatte, Nokia würde auf dem Mobile World Congress in Barcelona seinen Highend-Smartphones der Lumia-Familie ein neues, noch mächtigeres Oberhaupt als das derzeit regierende Lumia 920 verpassen, wurde enttäuscht. Die vereinzelten Internetgerüchte über ein Lumia 1000 entpuppten sich schnell als reines Wunschdenken, als Firmenchef Stephen Elop auf der Nokia-Pressekonferenz schnell auf den Punkt kam und verkündete: Heute zeigen wir vier neue Geräte, die in der Mittelklasse oder darunter angesiedelt sind. Es ging den Finnen schon immer um Reichweite. Nokia ist zum größten Handybauer geworden, weil das Unternehmen immer niedrige Preissegmente und Märkte auch in Schwellen- und Entwicklungsländern mit Geräten versorgt hat.

Nokia 105 - günstiger geht kaum

Wie so ein für heutige Verhältnisse extrem abgespecktes Handy aussieht, zeigt das 105, dessen potenzielle Kundschaft Nokia auf 2,5 Milliarden Menschen schätzt. Es ist ein Brot-und-Butter-Telefon in modernem Design, mit spritzwasser- und staubgeschütztem Gehäuse. Die Standbyzeit soll einen Monat betragen. Davon können Smartphones natürlich nur träumen. 15 Euro soll das 105 kosten. Noch in diesem Quartal kommt es zuerst nach Asien und später wohl auch nach Europa, wo ein so reduziertes Gerät wohl doch nur eine Nische besetzen wird.

Nokia 301 - kann auch zweigleisig

Hierzulande ist eher das neue Nokia 301 das Einsteigermodell. Das klassische Handy mit Tastatur und ohne Touchscreen kommt auch als Variante mit zwei SIM-Karten. Die fünf Gerätefarben Blau, Gelb, Magenta, Schwarz und Weiß sind die aus der Lumia-Familie bekannten Farbtöne und sollen dem gesamten Nokia-Portfolio mehr opischen Zusammenhalt geben. Auch im Inneren wurde dem 301 einige neue Technik spendiert, die zum Teil von den großen Geschwistern stammt. Aus Nokias Billig-Smartphonereihe Asha stammt ein neuer, schnellerer Browser, der Daten beim Transfer komprimiert. Die Stimmqualität beim Telefonieren wurde verbessert.

Die Kamera hat eine Panoramafunktion bekommen und schießt außerdem automatisch Serienbilder, damit wenigstens ein Bild richtig gut wird. Ein Prinzip, das man von den Lumia-Phones und der einigen Konkurrenzprodukten kennt. Smart ist der neue Selbstporträtassistent: Das Telefon analysiert, ob das eigene Gesicht komplett im Bild ist und gibt bei Bedarf gesprochene Anweisungen: "höher", "mehr nach links". Die Kommunikationsdienste Twitter, eBuddy und Whatsapp sind vorinstalliert. Das Nokia 301 kommt im zweiten Quartal für rund 65 Euro auf den Markt.

Lumia 520

Mit dem Lumia 520 präsentiert Nokia ein neues Einsteigermodell für das Betriebssystem Windows Phone 8. Es ist mit 4 Zoll Bildschirmdiagonale (480 mal 800 Pixel) das kleinste Lumia. Im Inneren arbeitet ein 1-Gigahertz-Dualcore-Prozessor, die acht Gigabyte interner Speicher lassen sich per microSD-Karte um bis zu 64 Gigabyte erweitern. Die Fünf-Megapixel-Kamera hat dieselbe Autofokus-Linse wie das Flaggschiff Lumia 920, muss aber auf die Pureview-Bildstabilisierung verzichten. Zur Bildbearbeitung ist eine Cinemagraph genannte Funktion vorinstalliert, mit der man sehr einfach einzelne Bereiche eines Fotos animieren kann. Eine nette Spielerei.

Ebenfalls standardmäßig an Bord sind die Photobeamer-App zum Streamen von Fotos an beliebige Webbrowser. Auch dabei: Nokia Musik und das komplette Kartenpaket Here Suite, mit Maps, dem Navi Here Drive und dem Nahverkehrshelfer Here Transit. Letzterer macht einen interessanten Eindruck. Das Lumia soll 199 Euro (ohne Vertrag) kosten und im zweiten Quartal in Europa erhältlich sein.

Lumia 720 – kleiner Kraftprotz

Der interessanteste Nokia-Neuzugang ist das Lumia 720, das optisch exakt aussieht wie ein kleiner Bruder des Lumia 920 und ebenfalls mit Windows Phone 8 betrieben wird. Das 4,3-Zoll-Display (480 mal 800 Pixel) liefert ein sehr sattes Schwarz, lässt sich auch mit Handschuhen und dem Fingernagel bedienen und aus schrägen Blickwinkeln noch gut lesen. Als erstes Lumia mit dem aus einem Stück gefertigten Unibody-Gehäuse schluckt das 720 microSD-Karten, um den Speicher zu erweitern. Die Kamera (6,7 Megapixel) mit Carl-Zeiss-Optik soll aufgrund ihrer großen Blende (f1.9) auch bei schlechten Lichtverhältnissen noch ausgezeichnete Bilder liefern. Der Pureview-Bildstabilisator fehlt aber. Die neue Frontkamera bezeichnet Nokia als die beste im Portfolio: Der Weitwinkel wurde vergrößert, der Sensor nimmt Fotos mit 1,3 Megapixeln und HD-Videos auf. Das Lumia 720 beherrscht außerdem den Nahfunk NFC, auf den mobilen Datenturbo LTE muss es allerdings verzichten. Nokia betrachtet das Gerät als sein Flaggschiff für Länder ohne LTE.

Vorinstalliert ist erstmals der Musikservice Nokia Music Plus, der gegen eine monatliche Gebühr von vier Euro Zusatzfeatures wie unbegrenzte Offline-Playlists, bessere Klangqualität und das automatische Herunterladen von Songtexten bietet. Ebenfalls neu: Die Funktion Placetags versieht Bilder automatisch mit Ortsinformationen, die sich optisch durchaus ansprechend in großer Schrift im Foto einblenden lassen. Als würde man Postkarten selbst machen. Außerdem: Die Kartensoftware Here wird um eine Augmented-Reality-Funktion erweitert, die Infos zur Umgebung einblendet, wenn man durch die Kamera blickt. Angepeilter Preis für das im zweiten Quartal in Europa erscheinende Finnenphone: 379 Euro.

Strom muss fließen – aber ohne Kabel

Wie das Lumia 920 auch lässt sich das 720 kabellos über eine Ladestation mit Strom versorgen, allerdings muss man nach wie vor die dafür benötigten speziellen Gehäuseschalen extra kaufen. Eher nebenbei kündigt Nokia außerdem an, dass eine Autohalterung, die gleichzeitig Ladeschale ist, auf den Markt bringen. Für viele Lumia-Nutzer sind das die beiden wichtigsten Sätze der gesamte Pressekonferenz.

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