Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges hob am 17. April 1945 ein zweimotoriger Bomber in Belgien ab, um eine Rekordmission zu absolvieren. Die B-26 Marauder mit dem Spitznamen Flak-Bait – Flak-Köder – startete zu ihrem 200. Feindflug. Kein anderer US-Bomber erreichte auch nur annähernd diese Zahl. Der letzte Einsatz führte den Bomber nach Magdeburg, dort wurden Abwehrstellungen der Wehrmacht bombardiert. Hinterher stellte sich heraus, Flak-Bait hatte die magischen 200 schon vorher erreicht.
Flak-Bait war das Führungsflugzeug des Angriffs. In ihm saßen die erfahrensten Besatzungen und sie hatten immer den besten Bombenschützen, am Führungsflugzeug orientierte sich die anderen Maschinen des Angriffs. Normalerweise war diese Position am gefährlichsten, denn die deutschen Jäger konzentrierten sich auf die Bomber am Rande des Pulks und ganz besonders auf das Flugzeug an der Spitze. Doch von der deutschen Luftwaffe war Ende April 1945 nicht mehr viel übrig.
Zwei Jahre in der Hölle
Das war anders als "Flak-Bait" im Jahr 1943 zum Einsatz kam. Die Zahl von über 200 Feindflügen ist für damalige Zeit enorm. Die Eighth Air Force der Amerikaner kalkulierte 1943 mit 400 Prozent Verlust an Maschinen in 90 Kampftagen. Die Mannschaften mussten in einer "Tour of Duty" 25 Einsätze überstehen. Die meisten erreichten keine fünf. Ein populäres Sprichwort lautete: "Wer mit der Eighth Air Force flieg, hat die Einladung zu einer Beerdigung in der Hand– zu seiner eigenen". Der bekannte Roman "Catch 22" von Joseph Heller schildert die psychischen Probleme der Besatzungen.
"Flak Bait" nahm zwei Jahre lang an allen Operationen der Alliierten teil. Ihren Namen erhielt sie von ihrem ersten Piloten, Lt. James J. Farrell. Er nannte die Maschine zuerst nach dem Spitznamen seines Hundes Floh-Köder – daraus wurde dann Flak-Köder. Er erinnerte sich später: "Wir wurden oft getroffen, immer wieder getroffen. Ich schätze, wir haben mehr abgekommen als jedes andere Flugzeug der Gruppe.
1000 Flicken am Rumpf
Vor dem Start im April 1945 war der Bomber mit der Seriennummer 41-31773 reichlich ramponiert. Über tausend Flicken aus Metall bedeckten seine Unterseite, überall dort, wo Splitter von Flakgranaten die Maschine getroffen oder die Projektile deutsche Jäger den zerschossen hatten. In der zweiten Hälfte des Krieges setzten die Abfangjäger keine normalen Maschinengewehre ein, ihre automatischen Waffen verschossen Munition im Kaliber von 20 oder gar 30 Millimetern. Manche Pflaster des Bombers sind bis zu 40 Zentimeter groß. Aber Flak-Bait hatte immer Glück, trotz der unzähligen Einschläge kassierte die Maschine nie einen Volltreffer. Ein direkter Treffer eine schweren Flakgrate, die in dem Bomber explodiert wären, hätte die Maschine zerfetzt. Aber auch so kehrte das Flugzeug zweimal mit nur einem arbeitenden Triebwerk zurück, ein weiteres Mal wurde die Hydraulik des Fahrwerks schwer beschädigt.
Schnell und schwer bewaffnet
Die B-26 Marauder war ein mittlerer Bomber mit zwei starken Triebwerken. Wert wurde auf eine hohe Spitzengeschwindigkeit und eine hohe Bombenlast gelegt. Bei Start und Landung benötigte die B-26 allerdings eine hohe Geschwindigkeit, bei niedrigem Tempo wurde die Maschine schnell instabil. So erwarb sie sich den Ruf eines "Witwenmachers", das Problem konnte aber durch Vergrößerung von Spannweite und Leitwerk während der Fertigung gelöst werden.
Nach dem Krieg sollte die Maschine eigentlich ausgestellt werden, aber sie schlummerte nur zerlegt vor sich hin. 1960 wurde sie dem Smithsonian Museum geschenkt, jetzt wird sie restauriert. Genauer gesagt wird sie nur konserviert, denn die Wunden der alten Dame sollen erhalten bleiben. "Wir konservieren, nicht restaurieren dieses großartige Flugzeug", sagt Jeremy Kinney, Kurator in der Abteilung für Luftfahrt am Museum. "Wir reinigen und stoppen jegliche Korrosion. Ein Großteil dieser Flugzeuge wurde seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Kisten aufbewahrt, es gibt also noch viel zu tun." Die Arbeit wird voraussichtlich bis 2025 abgeschlossen sein.
Die Markierungen des Bombers unter der Kanzel zeigen die Zahl ihrer Bomben- und Aufklärungseinsätze, ein aufgemaltes Hakenkreuz dokumentiert den bestätigten Abschuss eines deutschen Jägers vom Typ Focke Wulff 190 durch den Bordschützen. Der Bomber war mit elf 12,7-mm-Browning-MGs bewaffnet. Bei einem Anflug von vorn, um so die Glaskanzel mit der Mannschaft zu beschießen, schlug den Deutschen ein mörderisches Feuer entgegen. Unter dem Rumpf sind heute noch die Streifen vom D-Day zu sehen. So markierten die Alliierten ihre Flugzeuge, damit diese nicht von der eigenen Flugabwehr unter Feuer genommen wurden.
Quelle: Smithsonian
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