Energiewende "Eine Gefahr für Nachbarn, Passanten und das Gebäude" – Familie verliert wegen Balkonkraftwerk die Wohnung

Balkonkraftwerk
Wenn ein Balkonkraftwerk gut positioniert ist, kann es nennenswerte Energieersparnisse erzielen.
© Maryana Serdynska / Getty Images
Balkonkraftwerke mit großen Solarpanelen sind vor dem Hintergrund steigender Energiepreise ein Mega-Trend. Doch Mietern stellen sich große Hürden in den Weg – es kommt offenbar sogar zu Wohnungskündigungen.

Die Klimakrise und eine dringend nötige Energiewende bestimmen seit Jahren den öffentlichen Diskurs. Man soll sparen und auf erneuerbare Energie setzen, wo man kann. Für Wohnungen mit Außenbereich hat sich daher das Balkonkraftwerk zum Trend entwickelt. Denn die Idee ist einfach: Dort, wo ohnehin Platz ist, werden Solarpaneele angebracht, und mit einem einfachen Kabel wird der hauseigene Stromkreislauf unterstützt. Das dachte auch eine Familie aus Ilmenau, wie die "Thüringer Allgemeine" berichtet. Doch statt einer niedrigen Rechnung des Energieversorgers flatterte eine fristlose Kündigung für die Wohnung in den Briefkasten. Es ging vor Gericht.

Balkonkraftwerk ohne Zustimmung des Vermieters installiert – Rauswurf

Der Lokalzeitung zufolge habe die Familie zu Beginn der Pandemie ein Balkonkraftwerk installiert – offenbar ohne vorher mit dem Vermieter zu sprechen. Das kann durchaus passieren, denn die Verkäufer der Kraftwerke geben oft selbstbewusst und ohne Warnung an, dass es sich um "Solarstrom für Jedermann" handelt, das Wort "Vermieter" taucht bei vielen Amazon-Offerten nicht einmal auf. Bei Fachbetrieben wie der "BK-Vertrieb GbR" heißt es: "Wenn im Mietvertrag oder in den Vereinbarungen (Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung) der Wohnungseigentümergemeinschaft das Anbringen von Dingen am Balkongeländer nicht explizit verboten ist, besteht dafür formal keine Notwendigkeit."

Doch die Ilmenauer Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) zeigte wenig Verständnis für die Energiesparmaßnahmen seines Mieters. Bereits kurz nach der Installation erhielt die Familie im Juni 2020 demnach die Kündigung – es folgte ein langer Rechtsstreit. Die Gründe des Vermieters: Die Installation sei nicht genehmigt und stelle "eine Gefahr für Nachbarn, Passanten und das Gebäude" dar. Das Verfahren zog sich, es verging ein Jahr. Nach zwei Urteilen war dann aber klar: Die Anlage muss weg, der Vermieter ist im Recht.

Das passte dem Mieter nicht – und er ließ die Anlage hängen. Es folgte eine erneute Kündigung und ein zweiter Rechtsstreit. Wieder entschieden zwei Gerichte gegen die Familie und stimmten der Räumung zu. Der Mieter gibt an, dass er das Urteil noch immer nicht nachvollziehen könne. Er habe sichergestellt, dass die Anlage an Ort und Stelle bleibe, eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen und sogar Feuerlöscher bereitgestellt. Auch habe er, offenbar vergeblich, eine Erlaubnis seines Vermieters angefragt. Nichts half.

Die WBG habe betont, dass sie die Balkonkraftwerke als Vermieter nicht generell ablehne – solange sie angemeldet werden und den rechtlichen Voraussetzungen entsprechen. Das kann im konkreten Fall jedoch vieles bedeuten.

Hürden oft unklar – und enorm vielfältig

Manche Vermieter fordern zum Beispiel die Montage durch einen Fachbetrieb mit entsprechender Bescheinigung, eine passende Zusatzversicherung für Schäden aller Art, Nachweise über die "Standsicherheit der Anlage" und Zusagen, bei Auszug einen vollständigen Rückbau zu gewährleisten. Auch ist es für manche wichtig, dass sich das optische Erscheinungsbild des Gebäudes nicht verändert und Nachbarn nicht geblendet werden können.

Ein Vermieter in Hamburg fasst es in einer Anfrage wie folgt zusammen: "Wir empfehlen Ihnen, sich wirklich im Detail mit dem Thema zu beschäftigen, da Kosten und Nutzen häufig nicht in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen." Weiter heißt es: "Unsere derzeitige Erfahrung zeigt, dass sich unsere Mitglieder nach intensiverer Auseinandersetzung mit dem Thema zumeist entscheiden, das Vorhaben nicht weiter zu verfolgen." Energiewende sieht anders aus.

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