Wohl kaum ein Unternehmen stand so sehr für Mobiltelefone wie Nokia. Dann kam das Smartphone. Nokia entschied sich beim Betriebssystem für das ungeliebte Windows Phone - und verlor die Schlacht gegen Apple, Samsung und Co. Jetzt sind die Finnen mit neuen Smartphones zurück. Was sie taugen, verrät unser Test.
Während Nokia-Handys eher ein bisschen teurer waren als die Konkurrenz, geht der neue Mutter-Konzern HMD diesmal einen anderen Weg: Alle drei neuen Geräte richten sich preislich an Einsteiger. Das Nokia 3 mit 5-Zoll-Display kostet 145, das Nokia 5 mit seinen 5,2 Zoll 200 und das mit 5,5 Zoll größte Nokia 6 240 Euro. Die drei Smartphones unterscheiden sich nicht nur in der Display-Diagonale, sondern auch bei der technischen Ausstattung.

Metall oder Plastik?
Und auch bei den verwendeten Materialien. Während das günstige Nokia 3 noch eine Plastik-Rückseite hat, sind die anderen beiden vollständig aus Metall gefertigt. In dieser Preisklasse ist das durchaus noch ungewöhnlich. Auch die Verarbeitung ist gemessen an den Anschaffungskosten sehr gut. So hochwertig wie ein iPhone 7 oder ein Galaxy S8 fühlen sich die Geräte aber natürlich nicht an. Die kleineren Macken wie der nicht ganz eben abschließende Sim-Schacht lassen sich aber gut verschmerzen.
Beim günstigeren Nokia 3 ist die Verarbeitung nicht ganz so gelungen. Am Übergang zwischen der Kante des Metallrahmens und der nicht abnehmbaren Rückseite ist ein sichtbarer Spalt - in dem sich nach nur einer Woche Staub angesammelt hat. Da hätte man von Nokia mehr erwartet.

Eleganz zum kleinen Preis
Gegenüber dem stern betonte HMD, man wolle mit den Geräten an die Stärken der alten Nokia-Handys anknüpfen - und habe deshalb besonderen Wert auf das Design gelegt. Das fällt schlicht aus und unterscheidet sich je nach Gerät leicht: Das Nokia 3 und das Nokia 5 erinnern mit ihren abgerundeten Kanten an das iPhone, das Nokia 6 hat mit seinem angeschliffenen Rahmen eher etwas von Huawei-Smartphones. Den Kamera-Steg kennt man dagegen von Motorola.
Alle drei Geräte sehen gut aus und fühlen sich in der Hand angenehm und unerwartet edel an. Besonders innovativ ist das Design aber bei keinem von ihnen. Die Unibody-Gehäuse mit den Plastik-Streifen für die Antennen sind schon seit Jahren Standard-Optik - wenn auch gut umgesetzt.
Spartechnik
Bei der technischen Ausstattung darf man zum Preis der Smartphones natürlich nicht zu viel erwarten. Dem Nokia 3 merkt man den Sparpreis leider schon bei der alltäglichen Nutzung an. Alles ist etwa zäher, beim Scrollen ruckelt es auch mal. Bei den beiden größeren Modellen ist das nur sehr selten der Fall, so schnell wie teurere Smartphones sind beide aber nicht. Für den Preis ist das aber auch nicht zu erwarten. Wer keine ressourcenhungrigen Apps benutzt, sollte mit der Leistung des Nokia 5 und des Nokia 6 im Alltag völlig zufrieden sein. Nur wer geduldig ist, kommt auch mit dem Nokia 3 aus.
Ansonsten entspricht die Ausstattung der Preisklasse. Im Nokia 3 und Nokia 5 sind 16 GB Speicher verbaut, das Nokia 6 bringt 32 GB mit. Alle drei schlucken microSD-Karten, falls der Platz nicht ausreicht. Der nicht austauschbare Akku fällt mit 2630 mAh beim Nokia 3 und 3000 mAh bei den größeren Modellen zwar nicht üppig, aber angemessen aus. Alle halten einen ganzen Tag durch, müssen dann aber ans Kabel. Eine Schnelllade-Funktion hat keines der drei Geräte an Bord. Geladen wird per Micro-USB. Der moderne USB-C-Anschluss wurde eingespart.

Kein Smartphone für Sonnenanbeter
Bei den Displays bemerkt man die Sparmaßnahmen ebenfalls. Die Helligkeit ist leider etwas zu gering, bei starker Sonneneinstrahlung sind die drei Smartphones kaum ablesbar. Das ist besonders schade, weil die Bildschirme für diese Preisklasse eigentlich recht gut aussehen. Die Farben und die Kontraste stellen sie ordentlich dar, die Auflösung geht mit 1920 x 1080 Bildpunkten beim Nokia 6 in Ordnung. Bei den anderen beiden hätte es aber mehr sein dürfen: 1280 x 720 Pixel ist bei einer Display-Größe von 5 Zoll und mehr zu wenig.
Wenig Foto-Vergnügen
Wer mit den Smartphones fotografieren will, sollte unbedingt die Finger vom Nokia 3 lassen. Die 8-Megapixel-Kamera des günstigsten Nokia-Smartphones ist selbst bei Schnappschüssen schnell überfordert. Sobald die Motive nicht ideal beleuchtet sind oder sich bewegen, kann man die Fotos schlicht vergessen.
Bei den beiden größeren Modellen sind die Kamera etwas brauchbarer. Vor allem bei gutem Licht sind die Bilder detailreich und farbecht. Leider lösen die Kameras recht langsam aus. Teilweise hat man schon das Smartphone gesenkt, bis das Bild im Kasten ist. Neben zu vielen Aufnahmen von den Füssen führt die Verzögerung gerade bei schlechtem Licht viel zu schnell zu unscharfen Aufnahmen. Gemessen am Preis sind die Knipsen des Nokia 5 (13 MP) und des Nokia 6 (16 MP) aber im akzeptablen Rahmen - schließlich kann man für knapp 200 Euro keine Spitzenfotos wie beim Galaxy S8 oder dem HTC U11 erwarten.
Android - aber sicher
Richtig punkten kann Nokia bei der Software. Das größte Problem der meisten Android-Smartphones sind nach wie vor Software-Updates. Selbst Highend-Geräte bekommen oft nur wenige Updates, viele Smartphones bleiben für immer auf dem Stand, auf dem sie beim Kauf waren. Selbst gefährliche Sicherheitslücken werden nicht geschlossen. Nokia will es daher anders machen. Auf den drei Nokias ist das recht aktuelle Android 7.1.1 ab Werk installiert, mindestens zwei Jahre will Nokia die Smartphones mit Updates versorgen.
Weil die Benutzeroberfläche nicht verändert wird, müssen die Nokia-Kunden nur kurze Zeit auf die neuesten Updates warten, verspricht der Konzern. Wird dieses Versprechen gehalten, ist das frische Android ein echtes Verkaufsargument.
Fazit: Kein Comeback in Topform
Mit dem Fokus auf den Einsteiger-Markt hat Nokia einen mutigen Schritt gewagt. Die Konkurrenz ist groß, die Ansprüche des Unternehmens an sich selbst hoch. Das Ergebnis kann sich - mit Ausnahme des Nokia 3 - durchaus sehen lassen, Maßstäbe setzt es aber nicht. Die drei Geräte machen optisch etwas her, sind toll verarbeitet und kommen mit Update-Versprechen für ganze zwei Jahre. Eigentlich ein rundes Paket.
Leider kommt es aber mit Kompromissen - und die sind nicht klein. Das Nokia 3 ruckelt schon im Betriebssystem vor sich hin, die Kamera ist zum Davonlaufen. Die beiden größeren Modelle haben diese Schwächen zwar nicht, erfüllen aber auch in erster Linie die Erwartungen an ihre Preisklasse. Kamera und Geschwindigkeit gehen in Ordnung, mehr aber auch nicht.
Die neuen Nokia-Smartphones mögen günstig sein, echte Schnäppchen sind sie aber nicht. Vor allem das Nokia 3 kann man selbst zum aktuellen Preis von 145 Euro nicht empfehlen. Für gerade mal 25 Euro mehr bekommt man das mit Ausnahme des Betriebssystems in jeder Hinsicht deutlich überlegene Lenovo Moto G5 (Hier bei uns im Test). Nokia 5 und Nokia 6 können mit dem Moto G5 zwar mithalten, wesentlich besser sind sie zumindest technisch nicht. Dafür haben sie aber die schickere Optik. Die kann aber auch das 220 Euro teure Honor 6x (ebenfalls von uns getestet) bieten - und das hat sogar eine Doppelkamera an Bord.
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