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Rezepte zum Nachkochen Der mit dem Knack - so haben Sie Grünkohl noch nie gegessen

Rührgebratener Grünkohl mit Vinaigrette, Haselnüssen, Schinken und pochiertem Ei
Rührgebratener Grünkohl mit Vinaigrette, Haselnüssen, Schinken und pochiertem Ei
© Fotos: Wolfgang Schardt; Styling: Maria Grossmann; Foodstyling: Roland Geiselmann / stern
Grünkohl, einst nur im Norden beliebt, hat eine Weltkarriere hingelegt. Er schmeckt auch als eine Art Halbsalat.

"Begreifen Sie doch, dass es etwas bedeutet, wenn niemand außer den Norddeutschen Grünkohl mag!" Nein, einfach war er nicht, der gute Wolfram Siebeck, und unleidlich in seinem Urteil. Seines Stils wegen war er durchaus verehrungswürdig, im Umgang aber war der "Zeit"-Schmecker grauslich. "Nur die Norddeutschen …?", wandte ich rhetorisch ein. "Also, da sind ja auch noch die Schotten …" Da lachte der Praeceptor auf.

Wir wurden uns nicht einig, ich blieb aber dabei und bleibe es auch jetzt: Ich mag Grünkohl. Ja, ich liebe ihn sogar – nicht zuletzt deshalb, weil er eine saisonale Speise ist, so wie Erdbeeren und Brunnenkresse, Spargel und schwarze Johannisbeeren, und weil ich ihn also nicht immer haben kann. Es gibt ihn nur im Winter. Ganz anders als die Paprika aus den Plastiktunneln Spaniens und die Böhnchen Kenias, die es – zum Weltverderb, wie wir inzwischen merken – immer und überall gibt.

Ich hätte dem 2016 verstorbenen Siebeck noch sagen können, dass man Grünkohl auch in den Niederlanden mag, in ganz Skandinavien sowie inzwischen auch in Hollywood, wo er bei den Stars und Starlets unter den Bezeichnung "kale" hochpopulär ist. Es hätte nichts genützt, was Siebeck hasste (Sülzkotelett), das hasste er.

Welcher Grünkohl ist der beste?

Ich kaufe meinen Grünkohl frisch und möglichst in ganzen Palmen. Fertig gerupfte Plastikbeutelware ist oft schon angegammelt. Tiefkühlware nehme ich zur Not dann, so sie raschel-locker aus dem Schüttelbeutel kommt. In Blöcke gefrorenen Matschkohl kauf ich nicht, weil seine Konsistenz unwiderruflich verhunzt ist.

Also: eine schöne Grünkohlpalme entblättern, das krause Grün von den Strünken der Einzelwedel rupfen und in einem Becken oder einer Wanne (wenn man eine größere Menge macht) in kaltem Wasser gründlich waschen. Es kann auch nicht schaden, den Kohl im kalten Wasser etwas liegen zu lassen. Vom Laden ermattete Ware wird dann schnell wieder stramm.

Einen großen Topf mit stark gesalzenem Blanchierwasser aufkochen. Die in einem Durchschlag abgetropften Kohlblätter ins kochende Wasser geben und es erneut zum Kochen bringen. Den Kohl 1–2 Minuten (!) nach dem Aufkochen in ein großes Sieb abgießen und sofort mit kaltem Leitungswasser abschrecken – so bleibt die quietschgrüne Schockfarbe erhalten. Den Grünkohl gut ausdrücken und auf einem Arbeitsbrett nur grob durchhacken.

Bis zu diesem Schritt ist die Zubereitung des Grünkohls immer gleich. Aber Grünkohl muss weder stundenlang gekocht werden noch breiig sein. Er kann auch knackig. Hier eine Variante als Quasi- Salat mit pochiertem Ei.

Eine Vinaigrette anrühren aus 1 Eigelb, 1–2 TL scharfem Senf, Salz, Pfeffer, 1–2 EL Estragon-Essig und 3–6 EL Walnussöl (von gerösteten Nüssen).

Eine hohle Handvoll gerösteter Haselnüsse ganz grob hacken, nur gerade so lange, dass sie nicht wegkullern können.

Frischer Grünkohl wird kalt gewaschen. Das macht seine Blätter noch einmal prall und knackig
Frischer Grünkohl wird kalt gewaschen. Das macht seine Blätter noch einmal prall und knackig
© Fotos: Wolfgang Schardt; Styling: Maria Grossmann; Foodstyling: Roland Geiselmann

In einem hohen Topf Essigwasser zum Sieden bringen. Sehr frische Eier bereithalten (bei ihnen sollte sich, wenn man eines versuchsweise auf einem Teller aufschlägt, das Eiweiß möglichst eng und erhaben um das Eigelb versammelt halten – Eier, die das nicht leisten, lassen sich nicht pochieren.) Das siedende Wasser in einen Strudel versetzen, 1 Ei zunächst vorsichtig in eine Tasse schlagen und von dort sanft in den Strudel gleiten lassen, wo das gerinnende Eiweiß durch die Wasserkraft um das Gelb gehüllt wird. Das Ei nach 3 Minuten Garzeit mit dem Schaumlöffel herausnehmen und auf Küchenpapier abtropfen lassen.

Nach demselben Verfahren so viele Eier pochieren wie nötig – sie dürfen erkalten.

In einem weiten flachen Topf 1 mittlere gehackte Zwiebel zusammen mit 1 geschälten und ringsum mit einem Messerchen eingeritzten Knoblauchzehe in 1–2 EL Pflanzenöl ca. 5 Minuten glasig schwitzen, dann 100 g Schinkenwürfel zugeben und 3–5 Minuten mitgaren, wobei sie gern ein wenig Farbe annehmen dürfen.

Ein paar Handvoll Grünkohl mit in die Pfanne geben und ca. 5 Minuten bei hoher Hitze wie in einem chinesischen Wok unter Rühren braten, ihn dabei salzen und pfeffern. Der Kohl fällt nun etwas in sich zusammen, behält aber seine Farbe. In der letzten Minute die gehackten Haselnüsse zufügen und mitbraten; die Knoblauchzehe bei der Gelegenheit herausfischen.

Den Kohl auf tiefe Teller verteilen, mit der Walnuss-Vinaigrette beträufeln und mit 1–2 pochierten Eiern belegt servieren.

Grünkohl in klassischer Mus-Variante

Klassisch bereite ich den Grünkohl dagegen so: 3–4 mittelgroße Zwiebeln häuten und fein würfeln. Die Zwiebeln in 50 g Schweine- oder besser noch Gänseschmalz anbraten, bis sie durchgehend glasig sind und schon braune Stipsel zeigen; während des Anbratens 1–2 ganze Knoblauchzehen mitgaren. Den ausgedrückten Kohl zu den Zwiebeln geben und 10 Minuten unter gelegentlichem Rühren anschmoren, dann ca. 200 ml Wild- oder Gänsefond zugeben und den Kohl schwach blubbernd ca. 30 Minuten garen. Er wird dabei unweigerlich die schöne Farbe verlieren.

2–3 EL geschroteten Hafer (Hafergrütze, im Bioladen schroten lassen) zugeben; er saugt die Flüssigkeit auf und macht den Grünkohl leicht sämig – wie viel Hafer genau zuzufügen ist, das ist abhängig von der Flüssigkeitsmenge im Topf. Abschmecken mit Salz, schwarzem Pfeffer und etwas hellem Essig (Balsamico-Verbot!).

Nebenbei brate ich vakuumierte und vorgekochte Esskastanien in Butter, karamellisiere sie mit Zucker und streue sie dann auf den fertigen Grünkohl.

Dazu reiche ich confierte Gänsekeulen, Kasseler Koteletts oder kräftige Räucherwürste wie Waadtländer oder Pinkel, Polnische oder Mettenden. Dazu schmeckt natürlich Bier, aber auch Rotwein.

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