Dschungelcamp 2015, Tag 6: Der Bucklige von Schloss Bellevue

  • von Ingo Scheel
Es bleibt die One-Man-Show des Walter Freiwald. Der Bundespräsident der Herzen absolviert eine Dschungelprüfung nach der anderen. Und der Rest des Camps? Pennt, flennt, furzt.

Das Kopfkino hatte schon gar grauslige Filmschleifen eingelegt, so vielversprechend klang der Post auf der Facebook-Seite von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" im Vorfeld der Sendung: "Heute ist Loch-Tag" prangte da in gut lesbaren Lettern. Was mochte das wohl bedeuten? Verstörende Unterboden-Ansichten aus dem Hause Freiwald? Dekubitus-Alarm bei Patricia Blanco? Das alte Rein-Raus-Spiel im Badesee? O Tempora o Mores: Was waren das noch für Zeiten, als Lichtgestalten wie Jay Khan und Indira im Lagertümpel "Die blaue Lagune" nachspielten, um die Zahnfüllungen des anderen zu erforschen.

Von derlei Nahkämpfen ist man in diesem Jahr weit entfernt. Und wenn es überhaupt irgendwo undichte Stellen gab, dann höchstens bei Frau Gilzer, die allem Anschein nach erneut pathologisch flatulierte. Oder wie Walter Freiwald es ausdrückte, "eine unglaubliche Bombe" im Dschungel-WC abgelegt hatte. Business as usual also im Maren-Darm-Bereich. Die echte Bombe war eh in der Welt da draußen geplatzt, in Form von Walter Freiwalds Bewerbungsschreiben auf den Posten des Bundespräsidenten. Der einstige Holländer-Handlanger als Anwärter auf ein warmes Plätzchen im Präsidialamt: Der Bucklige von Schloss Bellevue - eine im Wortsinne wahrhaft schöne Aussicht. Man möchte vor Freude seine Füße in Amarula baden.

Am schlauchenden Band

Aber statt Amt und Würden hatte man sich für Walter Freiwald erneut gar Garstiges ausgedacht. Nicht genug, dass der Mann über Jahre im Dunstkreis von Harry Wijnvoord außer Kaffeemaschinen und Fernsehgeräte auch Teile seiner Seele verhökerte. Jetzt musste er im Dschungelcamp auch noch die bräsigen Spielchen des anderen fliegenden Holländers der deutschen TV-Historie, Rudi Carrell, nachspielen. "Am schlauchenden Band" hatte man die Prüfung genannt, die Walter zusammen mit Tanja Tischewitsch absolvieren musste. Vorbeifahrende Gegenstände merken, runterfallendes Kruppzeug und Getier - von 50.000 ekligen Viechern war die Rede - bestmöglich ignorieren, das Gesehene erinnern und aufzählen - das war die Devise. Eben beinah wie einst bei Carrells Rudi.

Deutlich weniger erträglich als die so erspielten sechs Sterne von Tanja und Walter: Das zunehmend bar jeden Timings agierende Duo Daniel Schnarch-nich und Sonja Piept-so versuchte sich auch noch als, ja was eigentlich? Sänger? Schauspieler? Karaoke-Hamster? Generationen von Fernsehzuschauern haben sich gerade von Ilja Richters Sketchen erholt, da wird die Geschichte des singenden Moderators schon wieder mit grobem Keil in die Schrifttafeln der TV-Geschichte geritzt. Schön ist das nicht. Das wird hängenbleiben. Auch die Tatsache, dass Sonja Zietlow mittlerweile den Haarschnitt von Stefan Effenberg aufträgt, sorgt kaum für eine bessere Gesamtnote.

Die Hormone spielen verrückt

Und der Rest der Freizeit-Geriatriker? Aurelio Savina etwa - das klingt nicht nur wie der Name eines Ozeanriesen, der im Mittelmeer auf der Seite liegt, sein Wirkungskreis ist ähnlich gesteckt. Liegen, sitzen, nochmal hinlegen. Kurz wurde da die Camp-Pritsche dann zur psychotherapeutischen Couch, als Der Mann Aurelio, die Macho-Mogelpackung, ein Seelenfenster, oder besser eine kleine Dachluke öffnete: Er offenbarte gegenüber Sara Kulka, seiner Freundin nicht nur die Hochzeit, sondern auch ein Kind verweigert zu haben. Spiegelten sich da Tränen in den Augen des deutsch-italienischen Kleiderschranks? Ob er das bereue, fragte Sara ihn daraufhin. "Ich weiß nicht". Na gut. Da kommen wir also auch nicht weiter.

Zwischendurch wurde jenen Damen, die sich rantrauten, noch aus nächster Nähe gezeigt, wie es ausgesehen hätte, wenn Bob Ross Tätowierer geworden wäre. Da versprühte dann sogar Maren Gilzer, ungeachtet bereits angesprochener Probleme, für den Bruchteil einer Sekunde den tantenhaften Kassenbrillen-Sex der späten Ingrid Steeger.

Dass auch andernorts das eine oder andere Hormon eigene Wege geht, blitzte auf, als Tanja Tischewitsch sich in einer kruden Schwärmerei für Daniel Hartwich erging. Ach, diese blauen Augen. Wie von Leonardo DiCaprio. Oder waren sie doch braun? Egal, durch Tränen hindurch sieht man eben nicht so klar. Und geflennt wurde auch wieder, versteht sich. Alle vermissen Mama. Und Schokoriegel natürlich.

Zumindest für Essen - wenn auch zu fleischhaltig, wie von Patricia Blanco beklagt - dürfte wieder gesorgt sein. Ein Fall für Mr. President, erneut hat es Walter Freiwald getroffen. Schaka-Laka - du schaffst es. Oder muss man den Präsi jetzt siezen?

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Wie der stern ins Dschungelcamp einbrechen wollte

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