"Insofern scheint es hier erneut eine Verzögerungsstrategie auf der russischen Seite zu geben", fügte der Kanzler bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Mark Carney in Berlin hinzu. US-Präsident Donald Trump und Putin hätten das Treffen zwischen dem Kremlchef und dem ukrainischen Präsidenten bei dem Gipfel zwischen dem US-Präsidenten und europäischen Staats- und Regierungschefs in Washington in der vergangenen Woche telefonisch vereinbart.
Gemeinsam sei die Erwartung geäußert worden, dass dieses Treffen "innerhalb von zwei Wochen" stattfinde, sagte Merz weiter. Sollte es nicht dazu kommen, wäre das von Trump angebotene trilaterale Gespräch zwischen ihm, Putin und Selenskyj "der nächste logische Schritt".
Sollte Putin das Angebot für ein Treffen nicht annehmen, "dann braucht es noch mehr Druck", fügte Merz hinzu. "Für diesen Fall arbeiten wir in der Europäischen Union an weiteren Sanktionen, der amerikanische Präsident hat weitere Strafzölle seinerseits auch nicht ausgeschlossen."
Der kanadische Premier Carney sagte, dass sein Land die Ukraine mit einem weiteren Paket in Höhe von zwei Milliarden kanadischen Dollar (1,24 Milliarden Euro) unterstützen werde. Diese sollten unter anderem in die ukrainischen Drohnenherstellungskapazitäten investiert werden. Carney hatte am Sonntag Kiew besucht.
Merz kündigte zudem an, dass Ottawa und Berlin planten, die Zusammenarbeit ihrer Verteidigungsindustrien weiter zu intensivieren. Die Regierungschefs hätten aber auch "intensiv" über mögliche Sicherheitsgarantien nach einem Friedensabkommen für die Ukraine beraten. Die Sicherheitsgarantien müssten "zuallererst das Ziel haben, die ukrainische Armee auf Dauer in die Lage zu versetzen, das Land zu verteidigen", fügte Merz hinzu. "Alle weiteren Fragen können erst dann gestellt und beantwortet werden."
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) erklärte am Dienstag nach einem Gespräch mit seinen Kollegen aus den USA, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, der Ukraine sowie der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas: "Es liegt an Putin, der Welt zu beweisen, dass er endlich bereit ist, seinen Krieg gegen die Ukraine zu beenden." Wadephul schrieb im Onlinedienst X weiter, die Spitzendiplomaten seien sich einig: "Die Ukraine benötigt Sicherheitsgarantien. Der Druck auf Russland muss erhöht werden."
Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte nach dem Gespräch, die Teilnehmer hätten sich darauf geeinigt, "die Kooperation bei den diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des russisch-ukrainischen Krieges durch ein dauerhaftes und verhandeltes Abkommen fortzusetzen".
Die Debatte über die Sicherheitsgarantien für Kiew nach einem möglichen Friedensabkommen mit Moskau bleibt nach dem Gipfeltreffen in Washington in der vergangenen Woche vage. Mehrere Teilnehmer hatten Vorschläge von einer Beistandsgarantie nach dem Vorbild der Nato über die Ausbildung ukrainischer Soldaten bis hin zu einer Entsendung europäischer Bodentruppen ins Spiel gebracht. Russland hat die meisten dieser Vorschläge bislang kategorisch abgelehnt.
"Ich hoffe, dass die westlichen Staaten, vor allem die Vereinigten Staaten, die Geduld verlieren", sagte Finnlands Präsident Alexander Stubb am Dienstag vor Journalisten. "Jedes Mal, wenn Trump die Geduld verloren hat, hat er irgendetwas unternommen, das dabei geholfen hat, eine Lösung zu erzielen."
Stubb nannte die von Washington erhobenen Strafzölle gegen den russischen Ölabnehmer Indien. Sollte Trump auch gegen weitere Länder Zölle erheben, "könnte es gut sein, dass wir an den Verhandlungstisch zurückkehren", sagte der finnische Präsident.
Der US-Präsident selbst sagte am Montag, er habe seit dem Gipfel mit den europäischen Staats- und Regierungschefs in Washington ein weiteres Mal mit Putin gesprochen. "Jedes Gespräch, das ich mit ihm führe, ist ein gutes Gespräch", sagte Trump. "Und dann wird leider wieder eine Bombe auf Kiew oder einen anderen Ort abgeworfen, und ich werde sehr wütend darüber."
Derweil wurde im Nato-Land Estland die Explosion eine Kampfdrohne gemeldet. Die Drohne stamme vermutlich aus der Ukraine und sei vom russischen Militär abgelenkt worden, erklärten die Behörden des Landes am Dienstag. Nachbarländer der Ukraine und Russland haben mehrfach Verletzungen ihres Luftraums durch russische oder ukrainische Drohnen gemeldet. In der vergangenen Woche war eine mutmaßlich von Belarus aus gestartete Drohne in Polen abgestürzt und explodiert.