Nach dem Übergreifen der Geflügelpest auf Deutschland haben Union und FDP Vorwürfe gegen die nordrhein-westfälische Agrarministerin Bärbel Höhn (Grüne) erhoben. Nordrhein- Westfalen sei angesichts der Bedrohung durch die vor über zwei Monaten in den Niederlanden ausgebrochene Tierseuche "dilettantisch und amateurhaft" vorgegangen, sagte der agrarpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Harry Carstensen (CDU), der "Berliner Zeitung" (Mittwoch).
Am Dienstag war der Ausbruch der Geflügelpest in einem nordrhein-westfälischen Masthähnchenbetrieb bestätigt worden.
"Es war überhaupt nichts vorbereitet", kritisierte Carstensen. So sei nicht genügend Gas vorrätig gewesen, um zehntausende Tiere in dem betroffenen Betrieb und auf benachbarten Höfen als Vorsichtsmaßnahme gegen die Seuche zu töten. "Es ist ein Skandal, dass Nordrhein-Westfalen dieses Gas erst aus den Niederlanden anfordern musste", sagte auch der FDP-Agrarexperte Hans-Michael Goldmann. Zur Tötung von Tieren im Kampf gegen die Geflügelpest wird vor allem Gas eingesetzt.
Dagegen betonte die Vorsitzende des Bundestags-Agrarausschusses, Herta Däubler-Gmelin (SPD), die Behörden hätten bisher außerordentlich verantwortlich gehandelt. "Die Chancen stehen gut, dass die Geflügelpest eingegrenzt wird und es keine weitere Ausbreitung der Seuche gibt", sagte Däubler-Gmelin der Zeitung. Der Agrarausschuss werde weitere Maßnahmen und Vorschläge prüfen.
Abschließender Tierversuch soll Aufschluss geben
Die Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere auf der Ostseeinsel Riems will heute (Mittwoch) das Endergebnis der Untersuchungen zur Geflügelpest im niederrheinischen Schwalmtal bekannt geben. Bereits am Dienstag war das hochansteckende Influenza A-Virus durch eine molekularbiologische Untersuchung identifiziert worden. Der abschließende Tierversuch soll endgültige Klarheit bringen. In Nordrhein-Westfalen wurden bislang 84.000 Tiere vorsorglich getötet.
Der Präsident des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, forderte eine Kehrtwende der EU im Umgang mit Tierseuchen. "Die Europäische Union muss erreichen, dass Impfen nicht zu Handelsbeschränkungen führt. Ein solches Signal würde auch die Forschung nach markierten Impfstoffen beleben", sagte er der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Impfen statt töten wäre sinnvoll." Solange aber geimpfte Tiere nicht von infizierten zu unterscheiden seien, bewirke dies, dass das Internationale Tierseuchenamt in Paris den Handel beschränke.