Viele kommen an, viele fahren weg, andere bleiben einfach da – und nicht alle führen Gutes im Schilde. Die große Bahnhöfe im Land sind fast schon traditionell Kriminalitätsschwerpunkte. Drogenkriminalität, Gewalt oder Diebstähle sind mancherorts an der Tagessordnung – zumindest gefühlt.
Das Bundesinnenministerium (BMI) hat nun auf Anfrage der AfD-Bundestagfraktion Fakten geliefert und Auskunft über die Kriminalitätsbelastung an deutschen Bahnhöfen und in Zügen im zweiten Halbjahr 2020 gegeben. Die Antwort liegt dem stern vor.
An diesen Bahnhöfen wurden die meisten Straftaten verzeichnet
Demnach wurden in den 184 Tagen rund 20.000 Tatverdächtige (Vorjahreszeitraum: 21.500) in den sogenannten Deliktsgruppen Gewalt, Betäubungsmittel, Eigentum und Waffen registriert. Rund 11.500 von ihnen haben die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die meisten Gewaltdelikte wurden dabei im zweiten Halbjahr 2020 am Hamburger Hauptbahnhof registriert (300). Bei den Eigentumsdelikten (zum Beispiel Diebstahl) führt der Frankfurter Hauptbahnhof die Liste an (744), der Kölner Hauptbahnhof in puncto Drogendelikte (272) und Waffen. Die jeweils auf Rang zwei und drei folgenden Bahnhöfe können Sie der Bilderstrecke oben entnehmen.
Das BMI sieht als Ursache für die verhältnismäßig hohe Zahl an Straftaten an diesen Bahnhöfen deren Gemeinsamkeiten:
- Großbahnhöfe in urbanen Ballungszentren
- Anbindung auch an Schienennetze benachbarter Länder
- "Sogwirkung auf Kriminelle", unteranderem durch 24-Stunden-Betrieb, Betriebsamkeit, Möglichkeiten der Ver- und Entsorgung sowie An- und Abreise
- vergleichbare Sozialstruktur im Umfeld der Bahnhöfe
Unmittelbar sind die Zahlen nicht miteinander vergleichbar. So werden die Bahnhöfe vollkommen unterschiedlich stark frequentiert oder weisen unterschiedliche Größen auf. Beispielsweise nutzen den Hamburger Hauptbahnhof nach Angaben der Deutschen Bahn täglich rund 537.000 Menschen, während etwa der Nürnberger nur rund 210.000 tägliche Nutzerinnen und Nutzer zählt.
Fast 200 Bundespolizisten und -polizistinnen verletzt
Zuständig für die Sicherheit an den rund 5700 Bahnhöfen in Deutschland ist neben der Deutschen Bahn die Bundespolizei. Nach Auskunft des BMI wurden von Juli bis Dezember 2020 insgesamt 198 Beamtinnen und Beamte bei gewaltsamen Auseinandersetzungen in Bahnhöfen und Zügen verletzt.

Martin Hess, gelernter Polizist und innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion forderte angesichts der Zahlen mehr Anstrengungen im Kampf gegen die Kriminalität an den deutschen Bahnhöfen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und dessen Parteikollegen, Verkehrsminister Andreas Scheuer. "Nachhaltig verbessern lässt sich die Sicherheitslage nur mit echter Nulltoleranz – von der Beseitigung aller Vandalismus-Schäden, um ein klares Signal zu setzen, dass unser Staat Verwahrlosung im öffentlichen Raum nicht duldet, bis zu einem deutlich erhöhten Personaleinsatz bei der Polizei, um maximalen Kontrolldruck zu gewährleisten", teilte er nach seiner Kleinen Anfrage beim BMI dem stern mit. Hess meint: "Videoüberwachung allein macht unsere Bahnhöfe nicht sicherer."
Eine Sprecherin der Deutschen Bahn betonte auf Anfrage der Nachrichtenagentur DPA, dass Sicherheit für das Unternehmen "oberstes Gebot" sei. "Bundesweit investieren wir jährlich mehr als 170 Millionen Euro für die Sicherheit unserer Mitarbeitenden und Reisenden", sagte sie. Zudem solle gemeinsam mit dem Bund die Videotechnik ausgebaut werden: "Wir erhöhen die Anzahl der aktuell 8000 Kameras an Bahnhöfen in den nächsten vier Jahren um rund ein Drittel auf circa 11.000 Kameras."