Ermittlungen laufen Polizei nennt (wenige) Zahlen: Wer hinter den Silvesterkrawallen steckt

Pyrotechnik explodiert in der Silvesternacht in Berlin in der Nähe eines Polizeifahrzeugs
In der Silvesternacht wurden in Berlin unter andere Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr angegriffen. Etliche der an den Krawallen Beteiligten konnten bislang nicht ermittelt werden.
© Julius-Christian Schreiner / TNN / DPA
Die Berliner Polizei hat einige Details zu den nach den Silvesterkrawallen Festgenommenen bekannt gegeben. Viele Fakten liegen aber weiterhin nicht vor – werden aber für die Aufarbeitung der Gewalt gebraucht.

Tag vier nach der Silvesternacht, in der Kriminelle mit schweren Ausschreitungen vor allem in Berlin Feuerwehr und Polizei in Atem hielten – und über deren Konsequenzen weiter diskutiert wird.

Inzwischen haben die Behörden in der Hauptstadt erste Zahlen zu den mutmaßlichen Täterinnen und Tätern herausgegeben. "Wir haben 145 Personen festgenommen", sagte ein Sprecher der Polizei am Mittwochmorgen dem stern. Sie sollen insgesamt 18 unterschiedliche Nationalitäten haben.

Ermittlungen nach Berliner Silvesterkrawallen laufen

Die größte Einzelgruppe machen dabei Deutsche aus, insgesamt 45 Menschen. Es folgen afghanische (27) und syrische (21) Staatsangehörige. Die meisten der Verdächtigen sind Polizeiangaben zufolge Männer. Bereits am Neujahrstag war bekannt geworden, dass nur fünf Prozent der Festgenommenen weiblich sind.

Es laufen unter anderem Ermittlungen wegen des Verdachts auf Landfriedensbruchs, Angriffs auf und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte, gefährlicher Körperverletzung und Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion – insgesamt soll es sich um mehr als 350 Verfahren handeln.

Allerdings: Welchen der Verdächtigen welcher Vorwurf gemacht wird, sagt die Polizei auf Anfrage nicht. Gleiches gilt für die Altersstruktur, den Aufenthaltsstatus, eventuelle Vorstrafen oder möglichen Einfluss von Alkohol oder Drogen auf die Männer und Frauen. "Wir befinden uns noch in der Auswertung", sagte der Sprecher. Wann und ob die Ergebnisse auch der Politik und damit der Öffentlichkeit vorgelegt werden, sei nicht bekannt. Auch zu möglichen Motiven der mutmaßlichen Täterinnen und Täter konnte der Polizeisprecher noch keine Angaben machen. Alle Festgenommenen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft muss nach Abschluss der Ermittlungen prüfen, ob sie Anklage erhebt.

Runder Tisch gefordert

So bleibt auch an Tag vier nach der Silvesternacht noch vieles im Dunkeln, auch wenn die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagt, in vielen Fällen hätten "gruppendynamische Prozesse, Alkoholmissbrauch, Sozialisationsdefizite und die Verfügbarkeit pyrotechnischer Gegenstände zu dieser bestürzenden Eskalation" geführt, so der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke. Gleichzeitig warnte er davor, "Menschen pauschal abzustempeln und als verloren zu erklären".

Die ersten Ermittlungsergebnisse und die Einschätzung des GdP-Chefs decken sich in Teilen mit bisherigen Erkenntnissen. In seinem "Bundeslagebild Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte 2021" hat sich das Bundeskriminalamt mit Angriffen auf Polizistinnen und Polizisten beschäftigt, von denen es auch in der Silvesternacht in Berlin etliche gab – mit klarem Befund: Wer Beamtinnen und Beamte angreift, ist meist männlich, über 25 Jahre alt, polizeilich schon aufgefallen, betrunken und deutsch.

Während noch ermittelt wird, nach den Ursachen für die Ausschreitungen geforscht und nach weiteren Tatverdächtigen gesucht wird, rufen die GdP, Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey und andere zu Gesprächen auf. Sie wolle zu einem Gipfel gegen Jugendgewalt einladen, sagte eine Sprecherin der SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur DPA, ohne jedoch ins Detail zu gehen. "Wir müssen einerseits konsequent vorgehen gegen Straftaten, aber andererseits eben auch schauen, was muss in der Integrations-, in der Jugend-, in der Schulsozialarbeit unternommen werden", wurde Giffey zitiert. Die Polizeigewerkschaft forderte einen Runden Tisch mit Politik, Integrationsbeauftragten, Wissenschaft, Sozialarbeit, Polizei und Rettungskräften. "Wir brauchen diese Debatte sofort, und wir brauchen Ergebnisse, klare Konzepte und einen Plan, wer was umzusetzen hat. Eine Einsatznacht wie die letzte darf sich zum nächsten Jahreswechsel nicht wiederholen. Somit ist der Zeitrahmen gesetzt", so GdP-Chef Kopelke.

Quellen: Polizei Berlin, Gewerkschaft der Polizei, Bundeskriminalamt, Nachrichtenagentur DPA

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