Anzeige
Anzeige

Hochwasser an Neiße und Spree Brandenburg kämpft gegen die Wassermassen

Die Situation in den Neiße-Dörfern bleibt angespannt. Südlich von Guben brach auf unbewohntem Gebiet ein Deich. Entlang der Spree wird das Wasser vermutlich deutlich weniger Gebiete überspülen. Ein neuer Stausee rettet die ufernahen Regionen. Allerdings kündigen sich erneut heftige Regenfälle an.

Die meisten Deiche in Brandenburg halten den Hochwasserfluten bisher stand. Bis zum Morgen habe es keine Meldungen über Deichbrüche oder andere besondere Ereignisse gegeben, sagte am Dienstag ein Sprecher des Innenministeriums in Potsdam. Allein in der Stadt Guben verschärft sich die Lage. Südlich von Guben bei Grießen brach ein Deich in unbewohntem Gebiet. Der Pegel zeigte bei steigender Tendenz zuletzt 6,25 Meter an - damit gilt die Alarmstufe 3. Ob hier auch die Stufe 4 (ab 6,40 Meter) erreicht wird, ist unsicher. In Sachsen entspannt sich die Lage unterdessen. Die Pegelstände sinken, in Görlitz wurde der Katastrophenalarm aufgehoben.

Entlang der Neiße sei auch in Brandenburg das Wasser in vielen Orten bereits wieder gesunken, sagte der Sprecher des Potsdamer Innenministeriums. Trotzdem könne aber keine Entwarnung gegeben werden. "Es ist unklar, wie lange es dauert, bis die Neiße wieder im Flussbett ist."

Staubecken mindert Spree-Hochwasser

Der brandenburgische Ort Klein Bademeusel wurde am Montagabend evakuiert, zwei kleinere Gemeinden wurden auf eine Evakuierung vorbereitet. Der Landkreis Spree-Neiße forderte die rund 80 Bewohner der kleinen Ortschaft an der Neiße auf, ihre Häuser zu verlassen. Mehrere Straßenzüge liegen dort direkt an einem Deich und waren deshalb vom Hochwasser bedroht. Der Pegelstand sank bereits in der Nacht vom Höchststand (5,28 Meter) binnen vier Stunden um 24 Zentimeter, sagte ein Sprecher der Katastrophenschutzbehörde des Landkreises. Mittlerweile wurde die höchste Alarmstufe aufgehoben. Nach Angaben des Brandenburger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck wird erwogen, dort die Bewohner in ihre Häuser zurück zu lassen. Platzeck verwies aber darauf, dass der Druck auf die an Neiße und Spree sehr alten Deiche weiter hoch sei. Deshalb bleibe die Situation kritisch.

Die Spree wird von den Helfern in Brandenburg aufmerksam beobachtet. "Die macht uns aber nicht so große Sorgen", sagte der Sprecher des Innenministeriums. Vorsichtshalber solle aber im Laufe des Vormittags unterhalb von Spremberg ein Staubecken geöffnet werden. "Das soll viel abfangen." Davon würden Städte im weiteren Flussverlauf wie beispielsweise Cottbus profitieren, da das Wasser dosiert weitergeleitet werden könne. "Wir halten die Situation für angespannt, aber beherrschbar", sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD).

Das Bild an der Talsperre Spremberg sei dramatisch, so Brandenburgs Landesumweltamt-Chef Matthias Freude. "Von oben fließen 100 Kubikmeter Wasser pro Sekunde rein, das ist unglaublich viel Wasser für die Spree", erklärte Freude. Unten hinaus geflossen seien zunächst nur zehn Kubikmeter pro Sekunde. Nun aber sei die Baustelle dort komplett geräumt, die Stauwehre seien am Morgen geöffnet worden. Der Abfluss durch die Wehre werde langsam erhöht, um die Auswirkungen im Blick zu behalten. Die Dramatik, die bei einem Dammbruch zu erwarten gewesen wäre, sei damit gebannt. In Cottbus wird der Scheitelpunkt am Dienstagnachmittag erwartet. Deichbrüche könnten nicht ausgeschlossen werden, hieß es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung.

In die Oder wird die Flutwelle der Neiße am Abend oder am Mittwoch bei Ratzdorf fließen. Da dieser Fluss derzeit selbst kein Hochwasser führt, kann er das zusätzliche Wasser gut aufnehmen.

Sorge vor Plünderungen

In Sachsen geht derweil das Hochwasser weiter zurück. "Wir haben überall sinkende Pegelstände", sagte eine Sprecherin des Katastrophenschutzstabes in Görlitz. Im Laufe des Tages sollten die letzten Evakuierten wieder in ihre Häuser zurück dürfen. Für die Stadt Görlitz und den südlichen Teil des gleichnamigen Landkreises wurde der Katastrophenalarm aufgehoben, unter anderem auch in Zittau. Allerdings habe die Polizei in Ostsachsen ihre Präsenz wegen befürchteter Plünderungen vorbeugend erhöht. "Anwohner haben Angst vor Einbrüchen und Diebstählen", sagte die Sprecherin, da viele Häuser "zum Trocknen offenstehen".

Das Kabinett will am Mittag ein Darlehensprogramm im Umfang von 100 Millionen Euro auf den Weg bringen. Das hatte Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) am Montagabend nach einem Treffen mit seinen Ministerkollegen angekündigt. Er gehe davon aus, dass es zudem ein Sonderprogramm des Bundes geben muss, sagte er der "Sächsischen Zeitung".

Kritik regte sich unter anderem an der Arbeit der polnischen Umweltbehörden. Tillich, der die Flutschäden in Sachsen auf einen dreistelligen Millionenbetrag schätzt, kündigte eine umfassende Untersuchung der Informationsketten nach dem Dammbruch am Witka-Stausee in Polen an. Die Wassermassen hatten die Neiße am Samstag innerhalb kürzester Zeit massiv und quasi ohne Vorwarnung anschwellen lassen. Die Behörden in Sachsen seien zunächst nur über eine erhöhte Abflussmenge aus der Talsperre, nicht aber über einen Dammbruch informiert worden, sagte der Regierungschef. Das habe Zeit gekostet.

P.S.: Hochwasser in Deutschland, Jahrhundertflut in Pakistan, Überschwemmungen in China, Waldbrände in Russland. Unser Klima wird immer extremer - was können wir tun, um künftige Katastrophen zu verhindern? Diskutieren Sie mit uns auf Facebook.

Neue Flut befürchtet

Wie das Landeshochwasserzentrum in Dresden am Dienstag mitteilte, muss in der zweiten Wochenhälfte mit einem Anstieg in den Oberläufen gerechnet werden, sollten wie vorhergesagt weitere kräftige Niederschläge fallen. Da die Böden stark durchfeuchtet seien, könnte dies rasch geschehen, hieß es. "Die erneute Ausbildung einer Hochwassersituation ist dann nicht auszuschließen."

swd/AFP/DPA/APN DPA

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel