Verheerende Winterstürme in Kalifornien haben mindestens zwei wohnungslosen Menschen das Leben gekostet. Beide Todesfälle ereigneten sich in Sacramento, wo am Wochenende Windgeschwindigkeiten von fast 100 km/h herrschten, Tausende von Menschen waren zeitweise ohne Strom. Das berichten mehrere Medien, darunter die "LA Times".
Die 40-jährige Rebekah Rohde starb am vergangenen Samstag, nachdem ein Baum auf ihr Zelt am American River gestürzt war. Steven Sorensen, 61, kam am Sonntag ums Leben, auch er wurde in seinem Zelt von einem umstürzenden Baum erschlagen.
Schwere Winterstürme in Kalifornien: Bereits 17 Tote – viele Obdachlose müssen im Freien ausharren
Die Todesfälle richten einmal mehr die öffentliche Aufmerksamkeit auf die extremen Bedingungen, unter denen die mehr als 116.000 wohnungslosen Menschen in Kalifornien leben.
In ganz Kalifornien sind seit Beginn der Stürme in der vergangenen Woche mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Sintflutartige Regenfälle und starke Winde haben Flüsse überschwemmt, Bäume entwurzelt und Stromleitungen umgestürzt. Zehntausende Menschen mussten vor dem Extremwetter fliehen. Präsident Joe Biden hat den Notstand für den Bundesstaat ausgerufen. Die Behörden richteten Notunterkünfte ein, "um die am stärksten gefährdeten Kalifornier zu unterstützen", so Biden.
Von San Francisco bis San Diego müssen viele Obdachlose trotz der Stürme im Freien ausharren. Ein paar wenige Notunterkünften wurden auf öffentlichen Druck hin eingerichtet, um Menschen auf der Straße vor den gefährlichen Bedingungen zu schützen.
Wegen Hochwassergefahr wies die Stadt San Jose Obdachlose in der vergangenen Woche an, ihre Unterkünfte zu räumen, wenn sie in der Nähe von Flüssen oder Bächen kampierten. In der Stadt Ontario, östlich von Los Angeles, haben die Behörden wohnungslosen Menschen, die in der Nähe von Flussläufen leben, Hotelgutscheine angeboten, um während der Extremwetterlage Zuflucht zu finden. Während eines Sturms im November starben dort drei obdachlose Menschen in den Fluten.
Sacramento County mit höchster Zahl an Todesfällen
Sacramento County hat mit fünf bestätigten Todesfällen mehr Tote zu beklagen als alle anderen Bezirke des Bundesstaates, teilte das Büro des Gouverneurs für Notfalldienste mit. Drei der Toten wurden nach einem Sturm in der Silvesternacht in überfluteten Fahrzeugen entdeckt. Regen und Wind führten in der Region und in der Stadt Sacramento zu umgestürzten Bäumen und herabgefallenen Ästen.
Bob Erlenbusch ist Geschäftsführer der Sacramento Regional Coalition to End Homelessness, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für die Belange von Obdachlosen einsetzt. Er warnt: "Die Gefahren für Obdachlose sind bei den jüngsten Wetterextremen besonders akut."
Er erklärte weiter: "Es ist entsetzlich. Mehr als 7.000 Menschen versuchen, den Regen und die starken Winde zu überleben. Das bisschen Überlebensausrüstung, das sie haben, wird ziemlich schnell weggeblasen."
Trotz zu wenig Plätzen: Mitarbeiter der Stadt sollen Obdachlose in Notunterkünfte einladen
Die Stadt schickte Mitarbeiter in Obdachlosenlager, um den Menschen zu raten, ihre Zelte von den überschwemmungsgefährdeten Deichen zu entfernen, und bietet kostenlosen Transport zu städtischen Wärmezentren an. "Wir haben Platz für Sie", sagte der Bürgermeister der Stadt, Darrell Steinberg, am Sonntag in einem Video vor einem der Zentren.
"Eine nicht untergebrachte Frau hat letzte Nacht am American River ihr Leben verloren. Das ist schrecklich. Es ist tragisch, und wir müssen alles tun, was wir können, um sicherzustellen, dass es nicht noch mehr Tote gibt", so Steinberg.
Dieser Arzt behandelt Obdachlose - und hat eine Botschaft an uns alle

Währenddessen bemühen sich ehrenamtliche Helfer, die auf der Straße lebenden Menschen mit lebenswichtigen Hilfsgütern wie Decken, Mänteln, Schlafsäcken und Sandsäcken zu versorgen und die Menschen zu ermutigen, sich an Wärmestationen zu wenden. Wie die "Sacramento Bee" berichtet, gibt es jedoch weniger als 1.000 Plätze in den Wärmezentren und insgesamt nur 2.300 Notunterkünfte in der Region, die in den letzten Jahren einen beispiellosen Anstieg der Obdachlosigkeit erlebt hat.
Zahl der Obdachlosen in Sacramento um fast 70 Prozent gestiegen – Stadt geht repressiv gegen sie vor
Die Zahl der obdachlosen Einwohner der Stadt ist seit 2019 um fast 70 Prozent gestiegen. Schätzungen zufolge sind mindestens 9.278 Menschen ohne Wohnung, von denen die meisten im Freien schlafen, viele in Zelten an Deichen oder in Fahrzeugen.
Die Anzahl witterungsbedingte Todesfälle von Obdachlosen seien in Sacramento stark steigend, sagte Erlenbusch, dessen Organisation die Todesfälle von Obdachlosen in der Region verfolgt dem britischen "Guardian". Im vergangenen Jahr erfroren acht wohnungslose Menschen in der Stadt. "Bis zum letzten Jahr hatten wir keine wetterbedingten Todesfälle. Das ist leider zur neuen Normalität geworden", so Erlenbusch.
Trotz der katastrophalen Bedingungen gehen die Behörden teils noch immer repressiv gegen die Menschen ohne Unterkunft vor. In San Francisco werden angeblich noch immer Obdachlosenlager geräumt, was gegen einen Gerichtsbeschluss verstößt. In der vergangenen Woche habe die Stadt Sacramento Berichten zufolge Wohnmobile abgeschleppt und Obdachlose ohne jegliche Unterkunft zurückgelassen, so Erlenbusch.
Derzeit ist keine Besserung in Sicht. Auch für die kommenden Tage erwarten Meteorologen starke Regenfälle und hohe Windgeschwindigkeiten in Kalifornien. Erlenbusch fürchtet um die Gesundheit der Obdachlosen:
"Ich hoffe, dass die Mitarbeiter der Beratungsstellen die Wohnungslosen daran erinnern, dass sie ihre Habseligkeiten nicht in ihren Zelten ablegen sollten. Menschen, die bis auf die Knochen durchnässt sind, können leicht eine Lungenentzündung bekommen und sterben. Ich hoffe, die Menschen passen auf sich auf", sagte er.
Quellen: LA Times, The Guardian, Recordnet.com, Sacramento Bee