Im weißen Anzug besuchte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vergangene Woche die Nationalgalerie für moderne und zeitgenössische Kunst in Rom: Mit einer großen Retrospektive wird dort derzeit Leben und Werk des britischen Schriftstellers J.R.R. Tolkien gewürdigt. Die Ausstellung sei "sehr schön", sagte Meloni nach ihrer Besichtigungstour. Auch als erfahrener Tolkien-Fan habe sie viel Neues lernen können. Als "Tolkien-Fan der ersten Stunde" bezeichnete sich auch ihr Parteifreund und Senats-Sprecher Ignazio La Russa, der ebenfalls zur Feier gekommen war. Er erinnere sich noch gut an seine erste Ausgabe des "Herrn der Ringe", die er 1977 gekauft habe. In Italien erschien das Buch damals mit einem Vorwort des reaktionären Philosophen Elémire Zolla, der es als Kampfschrift gegen die moderne Welt interpretierte.
Tolkiens Werk lieferte das ideologische Gerüst für Italiens Rechte
Es ist daher kein Zufall, dass Meloni und andere Vertreter der rechtspopulistischen "Fratelli d'Italia" sich an jenem Abend in Rom die Ehre gaben. Für Italiens Post-Faschisten geht es in Tolkiens Werk nicht einfach nur um Elfen, Zwerge oder Hobbits. Die Schlacht um Mittelerde lieferte das Gerüst für ihren ideologischen Neuanfang.