Ungeachtet des heftigen internationalen Protests hat in von Moskau besetzten ukrainischen Gebieten der zweite Tag der Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland begonnen. Russische Staatsmedien zeigten am Samstag erneut Bilder von Bürgern an Wahlurnen. Die völkerrechtswidrigen Abstimmungen in den ostukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk sowie in Saporischschja und Cherson im Süden sind auf fünf Tage bis einschließlich kommenden Dienstag angesetzt.
Mit der Waffe zum Urnengang gezwungen
In sozialen Netzwerken kursierte unter anderem ein Video, das bewaffnete Männer in einem Hausflur zeigt und dokumentieren soll, wie die russischen Besatzer Anwohner zum Urnengang zwingen.
Der ukrainische Generalstab berichtete, in Cherson und Saporischschja erhielten die ersten Männer Mobilisierungsbescheide für die russische Armee.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am vergangenen Mittwoch eine Teilmobilmachung seiner Streitkräfte befohlen. In den eroberten ukrainischen Gebieten verteilt Moskau schon seit Monaten russische Pässe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat deshalb davor gewarnt, dass der Kreml diese neuen Russen nach der Annexion ihrer Heimat zum Kampf gegen die ukrainische Armee einziehen werde. "Verstecken Sie sich auf jeden Fall vor der russischen Mobilisierung", riet er Männern in den besetzten Regionen.
USA kündigen Konsequenzen bei Annexion der Ost-Ukraine an
Russland will sich mit Hilfe des Ergebnisses die Gebiete einverleiben und beruft sich auf das "Selbstbestimmungsrecht der Völker". Weder die Ukraine noch die internationale Gemeinschaft erkennen die Abstimmung unter der Besatzungsmacht Russland an. Es handelt sich um Scheinreferenden, weil sie ohne Zustimmung der Ukraine, unter Kriegsrecht und nicht nach demokratischen Prinzipien ablaufen. Auch eine freie Arbeit internationaler unabhängiger Beobachter ist nicht möglich.
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Die US-Regierung hat Russland unterdessen für den Fall einer Annexion der besetzten Gebiete in der Ukraine mit Wirtschaftssanktionen gedroht. "Wir werden mit unseren Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten, um Russland schnell zusätzliche und harte wirtschaftliche Strafen aufzuerlegen", hieß es in einer Mitteilung von US-Präsident Joe Biden. Auch die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, kündigte Sanktionen an, wenn Russland mit der Annexion der Gebiete fortfahre.
Was von den russischen Besatzern übrigblieb – die Gebiete im Nordosten nach ihrer Befreiung

Biden bezeichnete die Abstimmungen in der Mitteilung als "Farce" und falschen Vorwand für den Versuch, Teile der Ukraine gewaltsam und mit einer offenkundigen Verletzung des Völkerrechts zu annektieren. "Die USA werden ukrainisches Territorium niemals als etwas anderes als einen Teil der Ukraine anerkennen", hieß es.
Zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) die Scheinreferenden aufs Schärfste verurteilt. Die erzwungenen Abstimmungen hätten keinerlei Legitimität, hieß es am Freitag. Zu den G7 gehören neben Deutschland auch die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan.