Die Zeitung "The Washington Post" hat am Freitag neue schockierende Berichte irakischer Gefangener über Misshandlungen im Abu-Ghraib-Gefängnis veröffentlicht. Häftlinge berichteten demnach, sie hätten ihr Essen aus Toiletten holen müssen, seien wie Tiere geritten und von weiblichen Soldaten belästigt worden. Die US-Streitkräfte entließen 450 Gefangene aus der umstrittenen Haftanstalt bei Bagdad.
Die Häftlinge verließen Abu Ghraib in mehreren Bussen und wurden in Begleitung von US-Truppen nach Tikrit und Bakuba gebracht. In Abu Ghraib werden schätzungsweise noch zwischen 3.000 und 4.000 Iraker festgehalten. Einige der Freigelassenen berichteten von Schlägen und psychischen Qualen. Folter sei kein Ausdruck dafür, sagte der 18-jährige Abdul Salam Hussain Jassim: "Sie haben mich zerstört".
Die "Washington Post" hat nach eigenen Angaben hunderte Fotos und mehrere geheime Videoaufnahmen von Misshandlungen in ihrem Besitz. Gegenüber Ermittlern der Streitkräfte hätten Gefangene im Januar erklärt, sie seien gezwungen worden, Schweinefleisch zu essen und Alkohol zu trinken. Ihnen sei mit Vergewaltigung gedroht worden und sie hätten auf allen Vieren laufen und bellen müssen. "Sie sagten, sie wollten uns soweit bringen, dass wir sterben wollen - aber das werde nicht passieren", zitierte die Zeitung einen Häftling.
Gesichter unkenntlich gemacht
Auf den meisten Bildern waren die Gesichter der Gefangenen nicht zu erkennen. Unter diesen Umständen könnten die Fotos veröffentlicht werden, ohne dass dies gegen die Genfer Konventionen zum Schutz der Gefangenen verstoße, erklärte der Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Florian Westphal. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte die Veröffentlichung von weiteren Folterbildern durch die Regierung mit dieser Begründung abgelehnt.
Rumsfeld beklagte zudem, die zahlreichen Untersuchungen über den Gefangenenmissbrauch lenkten von den Operationen in Irak und Afghanistan ab. Er fügte jedoch hinzu, die Probleme müssten angegangen werden und Strafverfolgung sei dafür das geeignete Mittel.
FBI: Keine Agenten beteiligt
In Washington erklärte der Direktor der US-Bundespolizei FBI, Robert Mueller, keiner seiner Agenten sei an Misshandlungen irakischer Häftlinge beteiligt gewesen. Auch hätten sie keine Misshandlungen beobachtet, sagte Mueller am Donnerstag vor dem Senat. US-Abgeordnete sprachen sich am Donnerstag für den Abriss des Abu-Ghraib-Gefängnisses und einen Neubau der Haftanstalt aus.
Guantanamo-Verhöre entsprachen nicht Militärdoktrin
Die Vernehmungsbeamte auf dem US-Stützpunkt Guantanamo baten Ende 2002 um die Erlaubnis, bei Verhören rauere Methoden einzusetzen als nach den Regeln der Streitkräfte erlaubt. Rumsfelds Sprecher Larry Di Rita erklärte, diese hätten nicht der Militärdoktrin entsprochen, die in Einklang mit den Genfer Konventionen steht. Einige der Methoden wurden offenbar erst gestoppt, als Anwälte der Streitkräfte Protest einlegten, wie aus US-Regierungskreisen verlautete. Mitte April 2003 habe Rumsfeld schließlich Regelungen für die Verhöre in Guantanamo zugestimmt, sagte Di Rita. Vorher sei von Fall zu Fall über die einzusetzenden Methoden entschieden worden.