Der Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei gibt im Vorfeld der Präsidentenwahl in Ägypten seine Kandidatur auf. Der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) äußerte sich am Samstag in einer Erklärung enttäuscht über die Entwicklung seines Landes seit dem Sturz von Ex-Präsident Husni Mubarak. Zudem kritisierte er den regierenden Militärrat scharf. Bis Juni soll Ägypten einen neuen Präsidenten wählen. El Baradeis Entscheidung kommt nur wenige Tage vor dem 25. Januar, an dem die Ägypter den ersten Jahrestag des Aufstands gegen den langjährigen Machthaber feiern.
El Baradei galt insbesondere in westlichen Ländern als Hoffnungsträger für Ägypten. Ein Großteil der ägyptischen Bevölkerung blieb ihm gegenüber allerdings skeptisch. Der Nobelpreisträger sei zu lange im Ausland gewesen, verstehe die Menschen im Land nicht, hieß es.
Schon zu Zeiten von Präsident Mubarak war el Baradei als Bewerber für das Präsidentenamt im Gespräch. Unbekannte stellten damals jedoch Fotos seiner Tochter im Badeanzug ins Internet und provozierten damit in dem konservativen Land eine heftige Debatte über die Moral in dessen Familie. Bei den noch laufenden Parlamentswahlen spiegelt sich die aktuelle Stimmung in dem Land wider: Die Islamisten dürften künftig die deutliche Mehrheit im Parlament stellen.
Gewissenskonflikte von el Baradei
In seiner Erklärung machte el Baradei dem Militärrat, der das Land seit dem Ende der Ära Mubarak im Februar regiert, heftige Vorwürfe. Die Generäle verfolgten den alten Weg, als ob es keine Revolution gegeben hätte und als ob das alte Regime noch immer nicht gefallen sei, betonte er. Anstatt die Nation bei einem organisierten politischen Prozess zu vereinen, entschieden sie stets alleine und trugen dadurch zu einer Spaltung der Gesellschaft bei.
Als Präsidentschaftskandidat in einem nicht wirklich demokratischen System aufzutreten, könne er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, sagte der 69-Jährige weiter. Mit der Präsidentenwahl soll der Militärrat die Macht abgeben. El Baradei versprach zugleich, die Jugendbewegung weiter zu unterstützen. Er wolle seinem Land effektiver dienen, von der Macht entfernt und frei von Einschränkungen.
Der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, der sich ebenfalls für Präsidentenamt bewerben will, äußerte sein Bedauern über die Entscheidung. Er hoffe, el Baradei werde sich auch weiterhin für den Neuaufbau Ägyptens engagieren, teilte Mussa über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.