Ägypten Mursi legt symbolischen Amtseid ab

Der frischgebackene Präsident Ägyptens fordert das Militär heraus. Vor seinen Anhängern legt er einen Tag vor dem offiziellen Amtseid einen symbolischen Schwur ab. Für ihn stehe das Volk über allem, sagte er.

Vor mehreren zehntausend Anhängern hat Ägyptens designierter Präsident Mohammed Mursi am Freitag auf dem Tahrir-Platz in Kairo symbolisch seinen Amtseid abgelegt. "Ich schwöre bei Gott, das republikanische System zu wahren, die Verfassung und das Gesetz zu achten, die Interessen des Volkes umfassend zu schützen sowie die Unabhängigkeit der Nation und die Sicherheit des Staatsgebiets zu bewahren", sagte Mursi am Tag vor seiner offiziellen Vereidigung vor dem Verfassungsgericht.

Der Nachfolger des im Vorjahr gestürzten Langzeitherrschers Husni Mubarak ist der erste freigewählte Präsident Ägyptens. Außerdem ist der 60-jährige Metallurgie-Ingenieur der erste Zivilist, aber auch der erste Islamist im höchsten Staatsamt. Seine Macht ist allerdings begrenzt. Der Oberste Militärrat, der das Land seit dem Abgang Mubaraks regiert, hatte vor zwei Wochen das Parlament aufgelöst, durch Verfassungszusätze die Befugnisse des Präsidenten stark eingeschränkt und die meisten Vollmachten an sich gezogen.

"Ihr seid die Quelle der Macht und der Legitimität", fügte Mursi an die jubelnde Menge gerichtet hinzu. Für "nichts und niemanden" gebe es Platz über dem Willen des Volkes. An seine Kritiker gewandt, die eine islamistisch geprägte Führung des früheren Muslimbruders fürchten, sagte er: "Ich bin einer von euch." Er werde keinen Unterschied zwischen Anhängern und Gegnern machen. "Ich habe vor nichts Angst, außer vor Gott."

Der Tahrir-Platz ist "Symbol der Freiheit"

Der kalte Machtkampf mit dem Militär, das an seinen Privilegien festhalten, aber auch eine Islamisierung des Landes verhindern will, zeigte sich auch im Tauziehen um den Ort der Vereidigung Mursis. Die Muslimbruderschaft hatte die Auflösung des Parlaments nicht akzeptiert und verlangte eine Zeremonie in dem vom Militär geschlossenen Parlamentsgebäude.

Die Generäle beharrten hingegen darauf, dass Mursi - wie in ihren Verfassungszusätzen vorgesehen - den Amtseid vor dem Verfassungsgericht ablegt. Mursi und seine Organisation, aus der er nach der offiziellen Bekanntgabe des Wahlsiegs formell ausgetreten war, gaben schließlich nach. Der neue Präsident wird sich den Eid von den Verfassungsrichtern abnehmen lassen.

Sein Auftritt sollte deshalb vor allem dazu dienen, den eigenen Anhängern den Eindruck zu vermitteln, dass man nicht eingeknickt sei. Der Tahrir-Platz, von dem im vergangenen Jahr die Massenproteste gegen Mubarak ausgegangen waren, "ist das Symbol für Freiheit, Würde und Wandel", sagte Mursi. Das Volk stehe über jeder anderen Macht. "Deshalb bin ich zuallererst zu euch gekommen."

Auf dem Platz im Zentrum von Kairo campieren seit Wochenbeginn mehrere hundert Anhänger der Muslimbruderschaft und revolutionärer Jugendgruppen, um Druck gegen die jüngsten Eigenmächtigkeiten des Militärrats zu machen. Der Tahrir-Platz war nicht nur das Zentrum der Anti-Mubarak-Bewegung, sondern auch Schauplatz späterer Demonstrationen der Revolutionsjugend gegen die Herrschaft der Militärs. Die Muslimbrüder hatten an all dem wenig Anteil.

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jat/AFP/DPA