Das ägyptische Verfassungsgericht hat dem von Islamisten dominierten Oberhaus des Parlaments die Legitimität abgesprochen. Es erklärte am Sonntag in Kairo das Wahlrecht, auf dessen Grundlage der Schura-Rat gewählt wurde, für nicht verfassungsgemäß. Allerdings soll die Kammer bis zur Wahl eines neuen Unterhauses bestehen bleiben.
Der Schura-Rat nimmt derzeit allein die Rolle des Parlaments ein, da im Sommer des vergangenen Jahres bereits das Unterhaus wegen formaler Fehler im Wahlgesetz aufgelöst worden war. Dem Gremium gehören großteils Anhänger der Muslimbruderschaft oder radikal-islamistische Salafisten an.
Verfassungsgebende Versammlung ist ungültig
Präsident Mohammed Mursi hatte eigentlich Parlamentswahlen für April geplant. Die wurden jedoch nach Boykottaufrufen der Opposition und der innenpolitischen Krise in dem Land am Nil auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Verfassungsgericht erklärte ferner die Verfassungsgebende Versammlung für ungültig, die im Winter das neue Grundgesetz erarbeitet hatte. Die neue Verfassung räumt islamischen Religionsgelehrten in Ägypten mehr Befugnisse ein und wurde bei einem Referendum mehrheitlich angenommen.
Der Schura-Rat ist die zweite Kammer des ägyptischen Parlaments. Er hat traditionell vor allem beratende Funktion. Nach dem Sturz des Langzeitpräsidenten Husni Mubarak im Februar 2011 wurde daher über seine Abschaffung diskutiert. Doch vor fünf Monaten bekam der Schura-Rat, der seit der Wahl nach Mubaraks Sturz von Islamisten beherrscht wird, plötzlich gesetzgeberische Macht.
Mit Inkrafttreten der neuen Verfassung wurden ihm vorübergehend die parlamentarischen Befugnisse übertragen. Denn eine richtige Legislative gab es in Ägypten nicht mehr seit ein Gericht im Sommer 2012 die Auflösung des Unterhauses hatte.