Affäre um Weltbank-Chef Ringen um Wolfowitz

Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz verteidigt sich gegen Vorwürfe und will unbedingt im Amt bleiben. Die Unterstützung der US-Regierung hat er zwar, doch der Rest der führenden Industrieländer will ihn nicht im Amt halten.

Von den sieben führenden Industrieländern (G-7) unterstützen offenbar nur noch die USA und Japan den umstrittenen Weltbank-Präsidenten Paul Wolfowitz. Lediglich die beiden Staaten hätten sich in einer Telefonkonferenz für den Verbleib des ehemaligen US-Vizeverteidigungsminister an der Spitze der internationalen Entwicklungshilfeorganisation ausgesprochen, verlautete am Dienstagabend aus europäischen Weltbankkreisen. An dem Gespräch nahmen Vertreter aus Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Kanada, Japan und den USA teil. Damit zeichnete sich immer stärker ab, dass Wolfowitz kaum noch zu halten sein dürfte.

Kurz vor dem Treffen der Weltbank-Führungsspitze stärkte die US-Regierung Wolfowitz noch einmal demonstrativ den Rücken. Wolfowitz habe zwar Fehler gemacht, aber diese seien aus Sicht der US-Regierung kein Kündigungsgrund, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, am Dienstag in Washington. US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete den 63-Jährigen als ausgezeichneten Beamten, dessen Entlassung man wegen solcher Gründe nicht sehen wolle.

Am Dienstagabend (Ortszeit) sollte Wolfowitz eine letzte Gelegenheit erhalten, sich vor dem Exekutivrat der Bank zu den Anschuldigungen zu äußern. Danach wollte das Führungsgremium seine Abschlussberatungen aufnehmen. In dem am Montagabend (Ortszeit) veröffentlichten Untersuchungsbericht wird Wolfowitz angelastet, seine eigenen Interessen über die der Bank gestellt zu haben.

Verstoß gegen ethische Regeln

Wolfowitz habe gegen ethische Regeln verstoßen, weil er seine ebenfalls in dem Institut beschäftigte Lebensgefährtin auf einen Posten mit mehr Gehalt befördert habe. Durch die dadurch ausgelöste Kontroverse sei die Weltbank in eine Führungskrise gestürzt worden. "Das Ansehen und die Glaubwürdigkeit bei den Geldgebern und Kreditnehmern wurden in Zweifel gezogen", heißt es in dem 52-seitigen Bericht.

Bestätigt wurde diese Befürchtung durch der nach einem Treffen der EU-Entwicklungsminister in Brüssel geäußerten Forderung nach einem "starken Weltbankpräsidenten". Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die das Treffen am Dienstag geleitet hatte, verwies auf laufende Verhandlungen, bei denen es darum geht, die zur Weltbank gehörende Entwicklungsagentur International Development Association (IDA) für die Jahre 2008 bis 2011 mit Finanzmitteln in zweistelliger Milliardenhöhe auszustatten. "Man kann sagen, dass es eines starken Weltbankpräsidenten bedarf, um diese Frage im Interesse der Entwicklungsländer zu regeln und die Mittel zu mobilisieren."

Fragwürdiges Urteilsvermögen

Der 63-Jährige lehnte bislang einen Rücktritt ab, die Vorwürfe bezeichnete er als "Schmutzkampagne". Wiederholt nennt das Untersuchungsgremium Wolfowitz' Verhalten Besorgnis erregend und wirft ihm vor, im Zuge seiner Verteidigung öffentlich abfällige Äußerungen über die Weltbank gemacht zu haben. Von Anfang an habe er sich selbst als eine Person betrachtet, "für die Regeln und Standards nicht gelten", stellt der Ausschuss fest. Dieses Verhalten zeuge von fragwürdigem Urteilsvermögen.

Das Untersuchungsgremium gibt zwar keine konkreten Empfehlungen. Es dringt aber darauf, dass der Exekutivausschuss "wegen des Schadens für die Reputation der Bank" die Diskussion darüber eröffnet, "ob Herr Wolfowitz noch die Führungsfähigkeiten bieten kann", die die Bank für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötige.

Wolfowitz soll Amt "freiwillig" aufgeben

Vor allem die europäischen Mitglieder der Weltbank dringen auf einen Rücktritt von Wolfowitz. Wie es vorab in Medienberichten hieß, wollen sie jedoch erreichen, dass er sein Amt freiwillig aufgibt, um eine Spaltung bei einer Abstimmung im Exekutivrat zu vermeiden. US- Präsident George W. Bush hat sich wiederholt öffentlich für Wolfowitz stark gemacht. Vor diesem Hintergrund wurde erwartet, dass der Exekutivrat keine Entlassung von Wolfowitz beschließt, sondern ihm das Misstrauen ausspricht. Damit wäre er praktisch zum Rücktritt gezwungen.

Wolfowitz war als früherer US-Vizeverteidigungsminister maßgeblich an der Vorbereitung des Irakkriegs beteiligt. 2005 wechselte er auf Vorschlag Bushs zur Weltbank und beschaffte als deren neuer Präsident seiner Lebensgefährtin Shaha Riza einen deutlich höher bezahlten Posten mit einer automatischen jährlichen Gehaltserhöhung. Wolfowitz selbst beharrt darauf, dass der Ethik-Ausschuss der Bank ihm grünes Licht dafür gegeben habe, seine Freundin für die Nachteile einer Versetzung zu kompensieren, die durch seinen eigenen Wechsel zur Einrichtung nötig geworden sei.

DPA
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