Wenn die Ikone Alla Pugatschowa spricht, hört ganz Russland zu. Am Sonntag wandte sich der größte Star der vergangenen fünf Jahrzehnte an das russische Justizministerium. Die 73-Jährige forderte, sie in die Liste der "ausländischen Agenten" aufzunehmen – aus Solidarität mit ihrem Ehemann Maxim Galkin, dessen Name wenige Tage zuvor auf der besagten Liste aufgetaucht war. (Wie der Kreml Vergeltung an dem Komiker übt, lesen Sie hier.)
Er sei "ein ehrlicher, anständiger und aufrichtiger Mann, ein wahrer und unbestechlicher Patriot Russlands, der für seine Heimat Wohlstand, ein friedliches Leben, Redefreiheit und ein Ende des Sterbens unserer Jungs für illusorische Ziele wünscht, die unser Land zu einem Ausgestoßenen machen und das Leben unserer Bürger erschweren", so Pugatschowa.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow weigerte sich, die Forderung von Pugatschowa zu kommentieren. "Ich glaube nicht, dass das irgendwie den Kreml betrifft", erklärte er. Offenbar ist man auf der obersten Führungsebene noch nicht schlüssig, wie man auf den demonstrativen Schritt der Primadonna reagieren soll.
Staatsmedien zensieren Alla Pugatschowa
Unschlüssig ist offenbar auch die Propaganda-Maschine des Kremls. In den Staatsmedien wurde zwar über die Forderung an das Justizministerium berichtet, doch Pugatschowas Kritik an der Kriegspolitik Moskaus fand keine Erwähnung. "Ein Ende des Sterbens unserer Jungs für illusorische Ziele": Es ist insbesondere diese Passage, die sich direkt gegen den Kreml wendet und Putin als Oberbefehlshaber und Staatsoberhaupt de facto den Tod von russischen Soldaten anlastet.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Staatsmedien Pugatschowa zensieren. Als sich die russische Queen of Pop von dem verstorbenen ehemaligen sowjetischen Staatsoberhaupt Michail Gorbatschow verabschiedete, entfernte man aus ihrem Post alle Passagen, die als Kritik an der aktuellen Staatsführung ausgelegt werden könnten.
Pugatschowa schrieb Anfang September: "Ich habe lange nicht mehr so geweint. Das Zeitalter, in dem wir die Freiheit erlangten, kein 'Reich des Bösen' mehr für die ganze Welt waren, und die Angst um die Zukunft unserer Kinder verschwand, ist zu Ende gegangen. Und das Wichtigste: Gorbatschow hat Gewalt als Mittel der Politik und der Bewahrung der eigenen Macht abgelehnt. Wir alle sind nicht ohne Sünden, auch die Politiker nicht. Die Hauptsache ist, dass die eigenen Fehler nicht für die ganze Menschheit tödlich sind."
Von der Motte zu Putin, dem Ewigen – der blutige Weg des Kreml-Herrn in Bildern

Die ersten Vertreter der russischen Unterhaltungsszene versuchen sich aber bereits, vor dem Hintergrund des aufziehenden Gewitters zu profilieren. Der einst gefeierte Regisseur Nikita Michalkow behauptete etwa, dass Künstler derzeit Russland nur verlassen, um ihr Vermögen und ihre Immobilien zu schützen. Dabei würde ihnen in Russland nichts drohen.
Außer zu "ausländischen Agenten" erklärt oder wegen angeblicher "Diskreditierung der russischen Streitkräfte" verurteilt zu werden, das vergaß der kremltreue Michalkow zu erwähnen.
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