Bei ihrer Suche nach Saddam Hussein haben die USA am Donnerstag einen weiteren Erfolg vermeldet: Spezialeinheiten nahmen in Bagdad einen Halbbruder des gestürzten Präsidenten gefangen. Barsan Ibrahim el Tikriti, Exchef der irakischen Geheimpolizei, habe als Präsidentenberater genaue Kenntnisse über das Regime, sagte Brigadegeneral Vincent Brooks im Oberkommando Mitte in Katar.
Zweiter Halbbruder, der gefasst wurde
Ibrahim sei nach dem Hinweis eines Irakers gefasst worden, teilte Brooks mit. Nach seiner Zeit als Chef der Geheimpolizei Muchabarat war el Tikriti Iraks UN-Botschafter in Genf und koordinierte von dort die Geheimdienstoperationen in Europa. Er ist einer von drei Halbbrüdern Saddam Husseins und der zweite, der gefasst wurde: Am Sonntag hatten die USA Innenminister Watban Ibrahim Hasan el Tikriti festgenommen.
Rückkehr nach über 40 Jahren
Unterdessen kehrte Ahmad Tschalabi, Vorsitzender des Irakischen Nationalkongress (INC), nach über 40 Jahren im Exil nach Bagdad zurück. Der INC ist eine in London ansässige Dachorganisation von Gegnern des Bagdader Regimes. Tschalabi gilt als möglicher Chef einer Übergangsregierung in Bagdad und wird von den USA unterstützt. 300 Iraker beteiligten sich an Patrouillen in Bagdad, zusammen mit den alliierten Soldaten nahmen sie am Donnerstag nach US-Angaben 400 Diebe fest. Der Befehlshaber der US-Truppen am Golf, General Tommy Franks, sagte in der irakischen Hauptstadt, die Lage im Land beruhige sich.
Weitere Plünderungen
Dessen ungeachtet kam es weiterhin zu Plünderungen. Räuber sprengten ein Loch in den Tresor einer Bagdader Bank und wiesen Kinder an, durch das Loch hindurch Geld nach draußen zu reichen. Eine US-Einheit, die an dem von rund 1.000 Menschen belagerten Tatort eintraf, nahm zwölf Männer in der Bank fest und stellte vier Millionen Dollar in Säcken sicher. Ein Plünderer wurde von Marineinfanteristen erschossen.
Mit Hilfe irakischer Polizisten wiederbeschaffte gestohlene Autos konnten an einer Polizeiakademie abgeholt werden. Geplünderte Impfstoffe und medizinisches Gerät dem Roten Halbmond zurückgegeben. Soldaten verteilten 5.000 Funktelefone an Polizeistellen und Feuerwehrleute. Eines der Bagdader Elektrizitätswerke könnte nach US-Angaben am Freitag wieder Strom liefern.
In Tikrit kam es zu Zusammenstößen zwischen dem Klan von Saddam Hussein und einem anderen Familienklan. Auslöser war ein Streit um Lebensmittel. In Kirkuk im kurdischen Norden Iraks wurden Familien arabischer Abstammung nach eigenen Angaben von Kurden aus ihren Häusern vertrieben.
UNESCO fordert Schutz der Kulturgüter
Nach den Museumsplünderungen in Irak forderte die UNESCO eine Resolution der Vereinten Nationen zum Schutz der gestohlenen Kulturgüter. Für einen Übergangszeitraum müsse der Ankauf aller Objekte aus Irak international verboten werden, sagte Generaldirektor Koichiro Matsuura in Paris.
Europäer fordern zentrale Rolle der UN
Die Europäische Union beharrt auf einer zentralen Rolle der Vereinten Nationen bei der Gestaltung der Nachkriegsordnung für Irak. "Die UN müssen eine zentrale Rolle spielen, auch im Prozess hin zu einer eigenständigen Regierung des irakischen Volkes", heißt es in einer Erklärung der EU-Staaten, die am Donnerstag in Athen veröffentlicht werden sollte.
Nach US-Präsident George W. Bush sprach sich auch der französische Staatschef Jacques Chirac für die Aufhebung der UN-Sanktionen gegen Irak aus.