Einen Tag nach dem Beginn eines aserbaidschanischen Militäreinsatzes ist in der Konfliktregion Bergkarabach eine Feuerpause vereinbart worden. Die Vereinbarung sei durch in dem Gebiet stationierte russische Soldaten vermittelt worden und gelte seit 13 Uhr Ortszeit (11 Uhr MESZ), meldete die staatliche aserbaidschanische Nachrichtenagentur Azertac am Mittwoch unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Baku. Den armenischen Kämpfern werde die Möglichkeit gegeben, ihre Positionen zu verlassen und sich zu ergeben.
Die Behörden der international nicht anerkannten Republik Bergkarabach (Arzach) im Südkaukasus hätten einen entsprechenden Vorschlag von russischer Seite angenommen, meldete zuvor unter anderem die armenische Nachrichtenagentur Armenpress am Mittwoch. "In der aktuellen Situation sind die Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft zur Beendigung des Kriegs und zur Lösung der Situation unzureichend", zitierte Armenpress aus einer Behördenmitteilung. "Unter Berücksichtigung dessen akzeptieren die Behörden der Republik Arzach den Vorschlag des Kommandos des russischen Friedenskontingents bezüglich eines Waffenstillstands."
Aserbaidschan will Bergkarabach erobern
Laut russischer Agentur Interfax soll auch vereinbart worden sein, dass verbliebene Einheiten der armenischen Armee aus Bergkarabach abgezogen werden und Karabach-Kämpfer ihre Waffen abgeben. Ob das tatsächlich umgesetzt wird, war zunächst unklar. Von russischer Seite gab es erst einmal keine offizielle Bestätigung. Medienberichten zufolge sollen die armenischen Kräfte kapituliert haben, wie etwa Politico-Journalist Gabriel Gavin unter Berufung auf Baku berichtet. "Illegale armenische bewaffnete Gruppen in der Bergkarabach-Region der Republik Aserbaidschan legen ihre Waffen nieder, verlassen ihre Gefechtspositionen und entwaffnen sich komplett", zitiert er das aserbaidschanische Verteidigungsministerium.
Das autoritär geführte Aserbaidschan hatte am Dienstagmorgen einen breit angelegten Militäreinsatz zur Eroberung Bergkarabachs begonnen. Die Region liegt zwar auf aserbaidschanischem Staatsgebiet, wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Die beiden ehemals sowjetischen Länder kämpfen seit Jahrzehnten um Bergkarabach. Die Waffenruhe nach dem letzten Krieg im Jahr 2020, in dem das durch Gas- und Öleinnahmen hochgerüstete Aserbaidschan bereits große Teile Karabachs erobert hatte, wurde immer wieder gebrochen.
Angriff auf Bergkarabach: Darum geht es im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan

Pro-armenische Rebellen brachten das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Gebiet Ende der 80er Jahre mit Eriwans Unterstützung unter ihre Kontrolle. 1991 erklärte Bergkarabach nach einem Referendum seine Unabhängigkeit. Diese wird international jedoch bis heute nicht anerkannt.
Russland gilt traditionell als Schutzmacht Armeniens und hat in der Konfliktregion eigene Soldaten stationiert. Mittlerweile aber braucht Moskau seine Kämpfer in erster Linie für den eigenen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Beobachter hatten deshalb bereits befürchtet, dass Aserbaidschan diese instabile Lage für ein militärisches Vorgehen nutzen könnte. Schon vor Beginn des jüngsten Beschusses war die humanitäre Lage in Bergkarabach katastrophal gewesen, weil Aserbaidschan den einzigen Zugang Armeniens in die Exklave – den sogenannten Latschin-Korridor – blockierte.
Hinweis: Diese Meldung wurde mehrfach aktualisiert.