US-Vorwahlkampf Bernie kämpft und kämpft und kämpft

Außenseiter Bernie Sanders ist im Vorwahlkampf weiter gekommen, als viele erwartet haben. Eine Chance auf die US-Präsientschaftskandidatur hat er nicht, aber aufgeben will er auch nicht. Denn seine "Revolution" soll kein Ende haben.

Die Stimme von Bernie Sanders dröhnt laut aus den Lautsprechern. Er spricht vor einem Stadium in Los Angeles, über ihm brennt eine große Fackel. Tausende sind gekommen, haben stundenlang in der prallen Sonne ausgeharrt, um ihn zu sehen. Es ist ein Bild, wie es sich in diesen Tagen in Kalifornien häufig darbietet. Seit Tagen tourt der 74-Jährige kreuz und quer durch den Westküstenstaat. Es ist seine letzte große Arena im Duell mit Hillary Clinton.

Es wird knapp für Bernie Sanders

In Kalifornien wie in fünf anderen Staaten stimmen Demokraten und Republikaner am Dienstag über ihre Bewerber ab. Es ist der vorletzte Wahltag. Und Kalifornien ist der größte Vorwahlstaat überhaupt. Sanders hat ihn zu seiner Bastion erklärt.

Vor einigen Wochen führte Clinton hier laut den Demoskopen noch deutlich; mittlerweile trennen die beiden in manchen Umfragen nur noch ein paar Prozentpunkte. So weit wie Sanders gekommen ist, wird er nie wieder kommen.

Vor einem Jahr belächelten sie ihn müde. Der Senator von Vermont galt als chancenloser Außenseiter. Clinton wurde zur Favoritin erklärt, lange bevor die ersten Wahlen stattfanden. Dann setzte er ihr empfindlich zu; gewann an einem Punkt von neun Abstimmungen acht. Es ist der Teil der Geschichte, den das Sanders' Lager gern erzählt.

Bernie Sanders hofft auf Superdelegierte

Aber selbst wenn er in Kalifornien gewinnt, wird Clinton am Dienstag mit ziemlicher Sicherheit die notwendige Schwelle an Delegierten für die Nominierung überschreiten. Sie hat drei Millionen Stimmen mehr bekommen als er, sie hat mehr Delegierte. Und sie hat die Superdelegierten auf ihrer Seite, die beim Parteitag in Juli an kein Stimmergebnis gebunden sind.

Und genau die sind es, auf denen Sanders allerallerletzte Hoffnung ruht. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur AP hat Clinton bereits die absolute Mehrheit. Und doch will der "demokratische Sozialist" weiterkämpfen. Eben um die so genannten Superdelegierten, die nicht per Abstimmung an einen bestimmten Kandidaten gebunden sind. Aber selbst wenn er sie alle bekommt - mehr als ein knappes Kopf-am-Kopf-Rennen wäre aber auch dann nicht möglich, es geht ihm um größeren Einfluss in der Partei.

Es ist der Teil der Geschichte, den Sanders' Anhänger nicht gerne hören. Unter manchen macht sich Frust breit. Über die Medien, über das Establishment der Partei sowieso, über Clinton erst recht. Die ganze Bitterkeit gerinnt im Slogan "Bernie or Bust". Bernie oder nichts.

"For sale: Hillary Clinton"

Die Menschen vor dem Stadion buhen, wenn Sanders über Trump spricht, sie buhen, wenn er über Clinton redet. Sie buhen oft, es lässt sich nicht sagen, welcher Name häufiger fällt.

Nataly Mendez trägt ein Schild mit der Aufschrift "For Sale: Hillary Clinton". Sie hat kein gutes Bild von der Ex-Außenministerin. "Sie ist korrupt. Sie hat die Demokratie zum Verkauf angeboten", sagt die 19-Jährige, die sich erst im vergangenen Monat als Wählerin registrieren ließ, damit sie am Dienstag für Sanders stimmen kann.

Viele aus der Partei haben ihm in den vergangenen Wochen nahegelegt, aufzuhören. Den Platz zu räumen, damit Clinton sich ganz dem Duell mit Trump widmen kann. Aber Sanders denkt gar nicht daran. Er hält den Auswahlprozess der Partei für unfair. Weil einer wie er von vornherein keine Chance habe, der Kandidat zu werden. Es geht ihm auch darum, ein Exempel zu statuieren. Manche sagen, er realisiere einfach nur nicht, dass er keine Chance mehr habe.

Die Bewegung wird bleiben

Während die Republikaner sich in den vergangenen Tagen zähneknirschend nach und nach hinter den Populisten Trump stellten, sind die Demokraten in einem internen Zweikampf gefangen. Die Frage ist, ob sich die Partei davon erholen kann, oder ob sie tief zerrüttet in einen Wahlkampf gegen die Republikaner zieht. Die Frage ist auch, was am Ende mit Sanders' Bewegung passiert. Ob sie bleibt oder sich in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet.

"Sie wird bleiben", sagt der 42-jährige Donny Miller, der mit einer Handpuppe seines Idols vor dem Stadion in LA steht. Sanders habe zahlreiche Linke im ganzen Land motiviert, für Ämter zu kandidieren, meint er. Aber um den 74-Jährigen rankt sich eben auch ein Personenkult, wie ihn die USA zuletzt 2008 bei Barack Obama erlebten. Ein Kult, der einer fast schon bedingungslosen Verehrung gleicht.

Alles für Bernie Sanders

Auf dem Sportplatz in Palo Alto prangt Sanders' Konterfei von hunderten T-Shirts und Buttons. Auch hier mitten im Tech-Mekka Silicon Valley haben sich tausende Anhänger versammelt. Geneva Mendoza und Leila Garlinghouse, Kolleginnen in einer Anwaltskanzlei, haben sich extra einen Urlaubstag genommen, um Sanders zu sehen. "Es ist irre, wie sich die Leute für Bernie begeistern. Er ist der einzige Kandidat, der sich wirklich für unsere Anliegen ins Zeug legen wird", sagt Garlinghouse. Die 69-jährige Ellen O'Toole tritt mit zwei Freundinnen der Organisation "Raging Grannies" auf. Sie stimmen ein kämpferisches Lied an. "Er ist der Einzige, der die Wahrheit sagt", sagt die Rentnerin.

Auch dass Sanders seinen Wahlkampf mit Kleinspenden von im Schnitt 27 Dollar bestreitet, rechnen ihm seine Unterstützer hoch an. "Busking for Bernie" heißt eine Bewegung, mit der Straßenkünstler Spenden sammeln. Vibes, 27, und seine Freundin Bubs, 28, machen am Strand von San Diego Musik. Rund 50 Dollar hätten sie in einer Stunde schon verdient, alles fließe der Sanders-Kampagne zu, sagt das Paar. "Er kann immer noch gewinnen", hofft Vibes. "Wir spielen für Bernie, solange er im Rennen bleibt."

nik/DPA