Im Internet sind neue Tonaufnahmen des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden aufgetaucht. Darin wirft er den USA Vergewaltigung, Geiselnahme und grausame Folter vor und sich im Irak so barbarisch zu verhalten wie einst der gestürzte Machthaber Saddam Hussein. Außerdem erklärt der Sprecher der Tonaufzeichnung, der sich als Bin Laden ausgab, er werde sich niemals lebendig fangen lassen.
Die Aufnahmen sollen Teil eines Tonbands sein, das der arabische Fernsehsender Al-Dschasira in Auszügen im Januar ausgestrahlt hatte. Darin drohte Bin Laden mit neuen Anschlägen in den USA. Am Montag stellte die Mediengruppe Al-Sahab, die als PR-Arm der Al-Kaida gilt, die gesamte Aufnahme mit einer englischen Stimme unterlegt ins Internet. Die Echtheit konnte zunächst nicht bestätigt werden.
Will sich nicht lebendig fangen lassen
Bin Laden bezeichnete in der Aufnahme US-Präsident George W. Bush als "Schlächter der Freiheit". Das Vorgehen der US-Armee "und ihrer Agenten" im Irak sei barbarisch und unterdrückend - und das in so einem Ausmaß, "dass es keinen erwähnenswerten Unterschied mehr gibt zwischen diesem Verbrechertum und dem Verbrechertum von Saddam." Die USA haben dem irakischen Ex-Präsidenten mehrmals Kontakte zu Al-Kaida unterstellt und damit auch den von ihnen angeführten Irak-Krieg gerechtfertigt. Die Kommentare deuteten aber darauf hin, dass Bin Laden eine Trennlinie zwischen Al-Kaida und Saddams Regime ziehen will.
Die Aufnahme wurde zu einer Zeit veröffentlicht, in der die USA wegen ihrer Rolle im Irak erneut heftiger Kritik ausgesetzt sind. Anlass dafür sind neue Fotos und Videos von Misshandlungen in dem US-geführten irakischen Gefängnis Abu Ghraib. Der derzeitige Aufenthalt des Terroristenführers Bin Laden ist unbekannt, er wird im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan vermutet. "Ich habe geschworen, mein Leben nur in Freiheit zu führen. Auch wenn ich den Geschmack des Todes als bitter empfinde, will ich nicht gedemütigt oder betrogen sterben", sagte er. Außerdem machte sich Bin Laden über die von US-Präsident George W. Bush im April 2003 feierlich verkündete Deklaration lustig, in der dieser alle größeren Kampfhandlungen im Irak für beendet erklärt hatte. Die aktuellen Zahlen des Pentagons zeigten dagegen, dass es immer mehr Tote und auch massive materielle Verluste gebe - von dem Zusammenbruch der Truppenmoral und den zunehmenden Selbstmordfällen ganz zu schweigen.
Al-Kaida werden die Anschläge in den USA vom 11. September 2001 zur Last gelegt. Dabei waren etwa 3000 Menschen getötet worden.