Der Sonderausschuss des US-Kongresses zum Sturm auf das Kapitol hat kurz vor Weihnachten seinen Abschlussbericht veröffentlicht. In dem mehr als 800 Seiten langen Dokument wirft das Gremium dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump unter anderem eine mehrteilige Verschwörung vor, mit dem Ziel, das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 aufzuheben. Der am Donnerstagabend (Ortszeit) publizierte Bericht kommt fast 18 Monate nach dem Beginn der Untersuchungen zu dem Schluss: "Die zentrale Ursache des 6. Januar war ein Mann, der ehemalige Präsident Donald Trump, dem viele andere folgten. Keines der Ereignisse des 6. Januar wäre ohne ihn geschehen."
Bei seiner letzten öffentlichen Anhörung am Montag hatte der Ausschuss dem Justizministerium bereits eine strafrechtliche Verfolgung Trumps in vier Anklagepunkten empfohlen. In dem jetzt veröffentlichten Dokument plädiert er zudem dafür, den 76-Jährigen von weiteren öffentlichen Ämtern auszuschließen.
Ausschussvorsitzender nennt Donald Trump "Tyrannen"
"Unser Land hat es zu weit gebracht, um zuzulassen, dass sich ein besiegter Präsident in einen erfolgreichen Tyrannen verwandelt, indem er unsere demokratischen Institutionen umstößt, Gewalt schürt und, wie ich es gesehen habe, denjenigen in unserem Land die Tür öffnet, deren Hass und Bigotterie die Gleichheit und Gerechtigkeit für alle Amerikaner bedrohen", schrieb der Vorsitzende des Gremiums, der Demokrat Bennie Thompson, im Vorwort des Berichtes.
"Die Arbeit des Untersuchungsausschusses unterstreicht, dass unsere demokratischen Institutionen nur so stark sind, wie das Engagement derjenigen, die mit deren Aufsicht betraut sind", ergänzte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in dem Prolog. Dessen Ergebnisse müssten ein Aufruf an alle US-Amerikaner sein, "unsere Demokratie wachsam zu bewahren und unsere Stimme nur denjenigen zu geben, die unsere Verfassung pflichtbewusst verteidigen".
Am 6. Januar 2021 waren Anhänger Trumps gewaltsam in den Sitz des US-Kongresses eingedrungen, in dem die Wahlniederlage des Republikaners gegen den Demokraten Joe Biden beglaubigt werden sollte. Fünf Menschen starben infolge der Erstürmung. In den vergangenen knapp 18 Monaten hatte der Ausschuss den Vorfall untersucht. Das Gremium inszenierte die öffentlichen Anhörungen als TV-Spektakel, das von vielen Menschen verfolgt wurde.
Anschuldigungen gegen Trump wiegen schwer
Ob und wann es zu strafrechtlichen Schritten gegen Trump und andere Beteiligte kommt, ist offen, denn die Empfehlungen des Ausschusses sind rechtlich nicht bindend. Dennoch sind die Ergebnisse ein deutliches Signal, und eine Strafverfolgung Trumps, der bei der Präsidentenwahl 2024 erneut als Kandidat der Republikaner antreten will, ist wahrscheinlicher geworden.
Die Anschuldigungen gegen den Ex-Präsidenten wiegen schwer: Das Gremium wirft ihm unter anderem vor, die Menge zum Aufruhr angestiftet zu haben. Vorgeworfen werden Trump und weiteren Beteiligten wie seinem ehemaligen Rechtsberater John Eastman auch die Behinderung eines öffentlichen Verfahrens, Verschwörung gegen die US-Regierung und Falschbehauptung gegenüber dem Staat.
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Trump selbst wehrt sich seit jeher gegen die Anschuldigungen und wetterte mehrfach gegen die Arbeit des Komitees. Jegliche Vorwürfe tat er als politisch motiviert ab. Nach der Anhörung am Montag griff der Ex-Präsident erneut den Ausschuss an und wiederholte seine Lüge vom Wahlbetrug. "Was mich nicht umbringt, macht mich stärker", schrieb er auf der von ihm mitgegründeten Plattform Truth Social.
Das Justizministerium muss nun prüfen, ob es genügend Beweise für die weiteren Schritte gegen den Republikaner hat: Am Ende könnte Trump angeklagt werden. Der seltene Straftatbestand Aufruhr ist dabei der schwerwiegendste: Er ist dem US-Gesetz zufolge erfüllt, wenn zum Aufstand gegen die Autorität des Staates oder der Gesetze angestiftet oder sich daran beteiligt wird. Dies wird mit einer Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zehn Jahren oder mit beidem bestraft. Sollte Trump wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben.