Donald Trumps berühmter Spruch vom 23. Januar 2016 erweist sich immer wieder als erstaunlich treffende Prophezeiung. Er könne, so der damals wahlkämpfende TV-Star, jemanden auf offener Straße erschießen, ohne einen einzigen Wähler zu verlieren. Nun hat der Ex-US-Präsident zwar noch nicht zur Waffe gegriffen, dafür aber eine zunehmend größere Menge anderer, sehr ernster juristischer Probleme am Hals. Aber mit jeder neuen Anklage steigen seine Beliebtheitswerte eher, als das sie sinken.
Wird Donald Trump übermütig?
Doch die ständige Bestätigung seiner eigenen Behauptung scheint Trump etwas übermütig gemacht zu haben, jedenfalls hat sein Anwalt John Lauro alle Hände voll zu tun, um die zahlreichen Scherben aufzufegen, die sein Mandat gerade massenhaft produziert.
Gleich durch fünf verschiedene TV-Sender tingelte Lauro am Sonntag, um der neuesten Anklage den richtigen "Spin" zu geben. Sprich: die Vorwürfe im Sinne Trumps zu entschärfen. Einem Anklagepunkt zufolge soll das abgewählte Staatsoberhaupt versucht haben, das Wahlergebnis zu kippen, um im Amt zu bleiben. Dies sei aber, so sein Verteidiger jetzt, sei lediglich eine "ehrgeizige" Ambition gewesen, aber keineswegs ein Verbrechen. Salopp übersetzt soll das wohl so viel bedeuten: War mal einen Versuch wert.
Zum Parlamentssitz marschieren und "auf Teufel komm raus" kämpfen – das war es, was Donald Trump am 6. Januar 2021 seinen Anhängern zugerufen hatte, als der Wahlsieg von Joe Biden bestätigt werden sollte. Tausende radikale Trump-Anhänger stürmten daraufhin zum Kapitol in Washington, fünf Menschen kamen ums Leben.
"Wenn ihr mich verfolgt, werde ich euch verfolgen"
In Washington muss sich Trump deswegen vor einem Bundesgericht verantworten und seit Verlesung der Anklage pöbelt er auf seinem Social-Media-Kanal "Truth Social" in einer Art und Weise herum, wie es seinen Rechtsbeiständen nicht gefallen kann. So schrieb er etwa: "Wenn ihr mich verfolgt, werde ich euch verfolgen." Selbst gewieften Juristen dürfte es schwerfallen, dies nicht als Drohung verstanden zu wissen. John Lauros TV-Marathon hatte auch den Zweck, auch diese Wogen irgendmöglich zu glätten.
Denn Jack Smith, der die Ermittlungen in Washington gegen Donald Trump leitet, wertete die in Großbuchstaben geschrieben Aussage als Drohung und beantragte unmittelbar eine "Schutzanordnung" bei Gericht. Damit wäre es dem Ex-Staatsoberhaupt untersagt, Details und sensible Informationen aus dem Verfahren in irgendeiner Weise zu benutzen, etwa um Druck auf Zeugen oder Geschworene auszuüben. Das Trump-Team reagierte prompt und erklärte, die angebliche Drohung Trumps hätte sich auf "politische Gegner" bezogen und sei von der Redefreiheit gedeckt.
Am Sonntag dann legte der mittlerweile Mehrfach-Beklagte nach und kündigte an, die zuständige Bundesrichterin Tanya Chutkan wegen Befangenheit abberufen lassen zu wollen. Mit ihr könne er "auf keinen Fall ein faires Verfahren" erwarten, schrieb Trump auf "Truth Social". Die Juristin hat in der Vergangenheit bereits mehrfach Urteile gegen Kapitolstürmer verhängt, die allesamt in Gefängnisstrafen mündeten. Zudem musste sie im Herbst 2021 darüber befinden, ob der Ex-Präsident alle Unterlagen und Dokumente, die mit dem 6. Januar 2021 zu tun haben, an die Ermittler übergeben musste. Die Bezirksrichterin hatte dazu eine klare Meinung. Ja. Ihre Stellungnahme gipfelte in dem Satz: "Präsidenten sind keine Könige."
Traut das Trump-Team dem Jury-System nicht?
Daneben versuchen Trump und seine Verteidiger, den Gerichtsstand Washington ganz zu wechseln. Aber auch bei dem Thema wiegelte John Lauro jetzt rasch ab: Dazu sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden. Ein Wechsel werde zwar angestrebt, allerdings erst nach "einigen Umfragen" und einer "quantitativen Analyse". Offenbar traut das Team dem obligatorischen Jury-System nicht so recht. In den USA urteilt üblicherweise ein Geschworenengremium, zusammengesetzt aus Durchschnittsbürgern, über Schuld und Unschuld. Die US-Hauptstadt wird mehrheitlich von Afroamerikanern bewohnt, die zum überwiegenden Teil Demokraten wählen – nicht gerade Trumps politische Basis. Dass die Jury Vorbehalte gegen das frühere Staatsoberhaupt haben könnte, ist tatsächlich nicht auszuschließen.
Bei seinem Auftritt in der NBC-Sendung "Meet the Press" wiederholte Anwalt John Lauro seine Verteidigungsstrategie. Angesprochen auf Trumps Telefonat mit dem Wahlleiter von Georgia, den er auffordete die "11.780 fehlenden Stimmen zu besorgen", reagierte Lauro mit dem Hinweis, dies sei bloß eine herausfordernde Frage gewesen. Die Idee hinter seiner Verteidigungsstrategie erklärte er in der Sendung am Beispiel des Vorwurfs, Trump habe seinen Vizepräsident Mike Pence am 6. Januar 2021 unter Druck gesetzt.
Nur "technischer Verstoß gegen die Verfassung"
Kurz vor dem Sturm auf das Kapitol hatte Trump Pence aufgefordert, die Präsidentschaftswahl nicht zu zertifizieren. Das hatte der Vize aber mit einem Verweis auf einen Verfassungsbruch abgelehnt. Lauro sagte dazu jetzt: "Ein technischer Verstoß gegen die Verfassung ist kein Verstoß gegen das Strafrecht." Daher sei es "einfach falsch zu behaupten, Trump habe Pence gedrängt", gegen das Gesetz zu verstoßen.
Nächste Anklage gegen Donald Trump – dies sind seine sechs Mitverschwörer

Giuliani war einst gefeierte Bürgermeister von New York City und strebte danach ins Weiße Haus. 2016 schlug er sich auf die Seite von Donald Trump und blieb dann an dessen Seite, erst als Berater dann als persönlicher Anwalt. Schlagzeilen macht Giuliani vor allem mit bizarren Verschwörungstheorien, wie etwa der Mär von der gestohlenen Präsidentschaftswahl 2020.
Viele US-Juristen glauben nicht daran, dass diese Art von Wortklauberei vor dem Gericht Erfolg haben wird. Mike Pence jedenfalls bleibt bei seiner Darstellung, vom Trump genötigt worden zu sein, gegen die Verfassung zu verstoßen. Letztlich werden darüber die Geschworenen in Washington entscheiden. Bis es soweit ist, dürften John Lauro und die anderen Verteidiger hoffen, dass ihr Klient die heikle Angelegenheit nicht durch weitere Pöbeleien verschlimmert.
Quellen: DPA, AFP, "New York Times", Snopes.com, Meet the Press