In seinen 71 Lebensjahren wusste Donald Trump schon reichlich Vertraute und Seelenverwandte an seiner Seite: Den mittlerweile verstorbenen Anwalt und Mentor Roy Cohn etwa, der ihm die Rüpelhaftigkeit lehrte. Dann seine drei Ehefrauen, aber noch mehr dürfte der langjährige Ausputzer Michael Cohen die hellen wie dunklen Seiten des Geschäfts- und Privatmanns Donald J. Trump kennen. Leider ermittelt das FBI derzeit gegen ihn. Und dann ist da noch Keith Schiller.
Und schon wieder die urinierenden Prostituierten
Schiller, 58, ist einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzige, der weiß, was genau im November 2013 in der Suite des Moskauer Ritz-Carlton passiert ist. Glaubt man dem Report des früheren britischen Geheimagenten Christopher Steele, dann hat sich Donald Trump dort mit ein paar Prostituierten vergnügt. Weil genau in diesem Zimmer schon der von Trump verachtete Barack Obama übernachtet hatte, fand es der Immobilienmann angemessen, die Damen darum zu bitten, ins Bett zu urinieren. Bislang hat sich niemand hingestellt und die Geschichte bezeugt, aber der Ex-FBI-Chef James Comey hält sie zumindest für möglich.
Wie gesagt, Keith Schiller könnte weiterhelfen - denn als sein Leibwächter war er jahrelang immer und überall an der Seite von Donald Trump. War es auch damals, 2013 in Moskau. Nun, vier Jahre später, im November 2017, wurde Schiller vom Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses zu den Vorfällen damals befragt. Hintergrund war die Untersuchung der möglichen Einmischung Russlands in die US-Wahl und der Rolle von Trumps Wahlkampfteam. Was genau der Bodyguard ausgesagt hat, ist nur inoffiziell bekannt. Seiner Version nach habe ein Russe angeboten, Trump fünf Frauen aufs Zimmer zu schicken, was der jedoch abgelehnt habe. Allerdings will Schiller die Suite irgendwann verlassen haben, weswegen er nicht sicher sagen könne, was hinter der Hoteltür später noch passiert sei.
Auf Keith Schiller kann sich Donald Trump verlassen
Nichts ausschließen, nichts einräumen - von allen möglichen Aussagen, die der Bodyguard unter Eid hätte machen können, war diese sicher die klügste. Der US-Präsident kann sich auf seinen Mann verlassen. Von all den Vertrauten Trumps gilt Schiller als derjenige, der die Leichen im Keller des Chefs noch lebend kennengelernt hat. Deshalb ist er für die Ermittlungsbehörden wie dem FBI natürlich ein besonders begehrter Gesprächspartner. "Würde Keith Schiller jemals auspacken, wären die Auswirkungen auf den Präsidenten katastrophal", sagt Michael Avenatti, der Verteidiger von Pornostar "Stormy Daniels" der US-Seite "The Daily Beast".
Der One-Night-Stand mit Daniels von vor vielen Jahren klebt am Präsidenten noch immer wie Kaugummi - eingefädelt wurde das harmlose Schäferstündchen vom treuen Leibwächter. "Keith war immer an Trumps Seite, so habe ich ihn überhaupt erst kennengelernt. Ich hatte ja nie Donalds Mobilnummer, sondern immer nur die von Keith", sagte Daniels vor einigen Jahren in einem Interview mit "In Touch Weekly". Um den One-Night-Stand vergessen zu machen, hat Daniels 100.000 Dollar von Trumps Anwalt Michael Cohen erhalten - eine Abmachung, an die sich Stephanie Clifford, wie sie bürgerlich heißt, aber nicht mehr gebunden fühlt.
New Yorker Straßenbulle und Drogenfahnder
Keith Schiller ist von Haus aus eigentlich New Yorker Straßenbulle. Nach ein paar Jahren bei der US-Navy kehrte er als Drogenfahnder in seine Heimatstadt New York City zurück. In seinem Wikipedia-Eintrag heißt es, er sei der "Rammer" gewesen, also derjenige, der bei Polizei-Razzien die Türen aufbricht. Die explizite Erwähnung dieser Tätigkeit deutet an, dass Schiller ein eher kleines Licht war. Eben der Mann fürs Grobe. 1999 lief Schiller durch Zufall Trumps damaliger Frau Marla Maples und ihrem Bodyguard über den Weg. Keine fünf Jahre später war er Trumps Sicherheitschef.
Als Schiller am 20. September 2017 das Weiße Haus verließ, soll sein Chef am Boden zerstört gewesen sein. Trumps Anwalt Michael Cohen sagte der "Vanity Fair", er habe sich Sorgen um den Präsidenten gemacht. "Ich fühlte mich schlecht, weil er da so alleine ist, vor allem seitdem Keith gegangen war." "Emotional Safety Blanket" nannte ihn die "New York Times" - also Trumps "Schmusedecke". Zuletzt diente er dem mächtigsten Mann der Welt als Chef der "Oval Office Operations", also als persönlicher Leib- und Magenassistent. Warum genau er den Dunstkreis des Weißen Hauses hinter sich ließ, ist etwas rätselhaft. Finanzielle Gründe wurden genannt, jedenfalls ging er zu einer Sicherheitsfirma nach Florida.
Schiller half, Trump zu entziffern
Obwohl Schiller für das anfängliche Chaos in der Washingtoner Regierungszentrale mitverantwortlich gemacht wurde, war er auch derjenige, der in der Lage war, den aufbrausenden Präsidenten abzubrausen, und, vielleicht genauso wichtig, zwischen ihm und dem Rest der Welt zu dolmetschen. Der Kurzzeit-Wahlkampfmanager Corey Lewandowski hat ihn angerufen, wenn es darum ging, "den Donald zu entziffern".
Eigentlich war das Kapitel Keith Schiller schon abgehakt, doch nun taucht sein Name auf einer Liste von Rechtskosten auf, die Trumps Wahlkampfteam zu bezahlen hat. Danach haben seine Kampagnenleute allein im ersten Quartal dieses Jahres 834.000 Dollar für juristische Dienstleistungen ausgegeben. Darunter auch 66.000 Dollar für die Anwälte von Keith Schiller. Warum und wieso? Unklar. Seine Verteidiger schweigen sich darüber aus. Möglicherweise braucht die "Schmusedecke" des Präsidenten selbst Trost und Beistand.