Zwei heftige Explosionen erschütterten Syriens Hauptstadt am frühen Morgen. "Ich ging die Straße entlang und fühlte plötzlich den Boden unter meinen Füßen beben", beschrieb ein Bewohner die heftige Detonation im Zentrum von Damaskus am Samstag bei einem Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die syrischen Staatsmedien meldeten, zwei Autobomben seien in der Nähe von Gebäuden des Sicherheitsapparats explodiert. Die traurige Bilanz: Mindestens 27 Tote und 97 Verletzte.
Am 15. März 2011 hatte der Aufstand gegen das Regime von Baschar al Assad mit friedlichen Massenprotesten begonnen. Ein Jahr später hat das Land mehr als 8000 Todesopfer zu beklagen. Immer wieder gibt es Bombenanschläge, die Dutzenden Menschen das Leben kosten. Regierungstruppen gehen mit brutaler Gewalt gegen die Opposition vor, insbesondere in den Protesthochburgen Homs, Hama, Idlib und Daraa. Täglich kommt es zu blutigen Gefechten der Assad-Soldaten mit der Freien Syrischen Armee der Deserteure.
Die internationale Gemeinschaft ist im Ringen um eine Lösung des Konflikts nach wie vor uneins. Und auch die syrische Opposition kann sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Das alles spielt Assad in die Hände, der stoisch die Umsetzung vermeintlicher Reformen vorantreibt: Nachdem nun die neue Verfassung in Kraft ist, sind für den 7. Mai Parlamentswahlen angekündigt. Die Opposition bezweifelt, dass unter bürgerkriegsähnlichen Bedingungen faire und saubere Wahlen überhaupt möglich sind.
Die Erwartungen Al Kaidas
Auch das Terrornetzwerk Al Kaida versucht die Tragödie in Syrien für sich zu nutzen. Im Februar wandte sich der Chef der Organisation, Aiman al Sawahiri, in einer Videobotschaft an die Opposition mit der Aufforderung an die "Löwen" Syriens, den Kampf gegen das Regime fortzusetzen.
In Libyen hat es die Organisation nicht geschafft, Profit aus dem Aufstand gegen Diktator Muammar al Gaddafi zu schlagen. Im Jemen konnten lokale Anhänger des Netzwerks hingegen ganze Landstriche unter ihre Kontrolle bringen.
In Syrien wiederum könnte die sunnitische Organisation im Kampf gegen die alawitischen Herrscher des Landes punkten, wenn die Krise noch lange andauert. Mitte Februar warnte etwa US-Geheimdienstchef James Clapper bei einer Anhörung im Kongress: "Wir gehen davon aus, dass Al Kaida aus dem Irak seinen Einfluss nach Syrien ausweitet."
Oppositionelle und Regierung beschuldigen sich gegenseitig
Für die jüngsten Anschläge in Damaskus sind laut Regime jedenfalls "Terroristen" verantwortlich. Doch konkreter wird es diesmal nicht. Hatte die syrische Führung bei früheren Bombenattacken umgehend Al Kaida als Drahtzieher beschuldigt, blieb sie diesmal im Vagen. Die Assad-Regierung bezeichnet auch Oppositionsaktivisten als Terroristen.
Oppositionelle wiederum trauen es den Machthabern zu, die Bomben selbst gelegt zu haben. Schon bei den vergangenen Anschlägen argumentierten sie, die Regierung wolle damit der Welt zeigen, dass sie lediglich den Kampf gegen Terror führt.