Vor dem Start des traditionellen deutsch-französischen Ministerrats in Paris hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an Deutschland appelliert, sich stärker für Investitionen in Europa einzusetzen. Deutschland müsse für eine "Wiederbelebung der öffentlichen und privaten Investitionen in Europa sorgen", sagte Macron in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung "Ouest-France". Er habe keine Lektionen zu erteilen, "aber wir müssen herausfinden, welches Szenario in gesamtwirtschaftlicher Hinsicht geeignet ist", erklärte der Präsident.
Auf die Frage, ob der Ministerrat neue Investitionen beschließen werde, sagte der Präsident: "Ja, vor allem in der Informationstechnologie mit einem Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro." Ziel sei es, mit Projektausschreibungen Forscher anzuziehen. "Darüber hinaus wollen wir ein gemeinsames Programm zu Nanotechnologien und Batterien starten."
"Deutschland muss sich bewegen"
Macron machte zugleich deutlich, dass Deutschland seine wirtschaftliche Stärke "zum Teil den Missständen in der Eurozone" und "der Schwäche anderer Volkswirtschaften" zu verdanken habe. Es bestehe ein wirtschaftliches und kommerzielles Ungleichgewicht zwischen Deutschland und seinen Nachbarn. Zugleich gebe es "eine gemeinsame Verantwortung, damit die Eurozone sich so gut entwickelt, wie sie es verdient", sagte Macron. "Deutschland muss sich bewegen, so wie sich auch Frankreich bewegen muss", fügte der Staatschef hinzu.
Macron kritisierte, dass die Eurozone nicht gut funktioniere, weil die Schere zwischen den Ländern immer weiter auseinandergehe. "Die Länder, die bereits verschuldet waren, machen immer mehr Schulden. Diejenigen, die schon konkurrenzfähig waren, sind noch konkurrenzfähiger geworden", sagte der französische Präsident. Diese Situation sei nicht gesund, "weil sie nicht von Dauer ist".
Es gehe nicht darum, die früheren Schulden zu vergemeinschaften, erklärte Macron den Zeitungen. Vielmehr gehe es darum, für mehr Übereinstimmung und Solidarität innerhalb der Europäischen Union und der Eurozone zu sorgen, "um für die Zukunft stärkere Solidaritätsmechanismen einzuführen".
Macron will europäische Verträge verändern
In dem Interview sprach Macron sich dafür aus, die Vision Europas zu erneuern und auch die europäischen Verträge zu verändern. Es gehe um ein Europa, das angesichts der Globalisierung Schutz biete und ein neues Gesellschafts- und Wachstumsmodell ausarbeite. "Irgendwann müssen die europäischen Verträge geändert werden, da dieses Europa unvollständig ist", sagte Macron. "Die Frage ist nicht, ob diese Änderungen nötig werden, sondern wann und wie."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Macron leiten am Donnerstag einen deutsch-französischen Ministerrat in Paris. Bei dem Regierungstreffen geht es unter anderem um eine engere militärische Kooperation, um wirtschaftspolitische Fragen und die Bildung.
