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Exodus aus Nordafrika Italien und Tunesien streiten über Bootsflüchtlinge

Angesichts der Flüchtlingsströme aus Nordafrika hat Italien angeregt, eigene Polizeikräfte in Tunesien zu stationieren. Sie sollen verhindern, dass weitere Menschen über das Mittelmeer nach Europa fliehen. Die Regierung in Tunis wies das Ansinnen zurück - kann den Exodus aber nicht stoppen.

Der nicht abreißende Strom tausender tunesischer Bootsflüchtlinge nach Italien sorgt für Streit zwischen beiden Ländern. Die tunesische Regierung wies den Vorschlag Italiens zurück, eigene Polizisten in das nordafrikanische Land zu entsenden, um den Flüchtlingsstrom einzudämmen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wollte das Thema bei einem Besuch in Tunesien am Montag ansprechen.

Der Sprecher der tunesischen Regierung, Taïeb Baccouche, sagte dem Fernsehsender El Arabija, der italienische Vorschlag sei "inakzeptabel". "Das tunesische Volk lehnt die Stationierung ausländischer Soldaten auf seinem Gebiet ab", sagte er und fügte hinzu, die Kontrolle der eigenen Küsten liege bei den tunesischen Behörden.

Tunesien stockt Küstenwache auf

Wegen der vielen Bootsflüchtlinge mit Ziel Europa hat Tunesien seine Küstenwache personell aufgestockt. "Verstärkung wurde geschickt", hieß es am Sonntagabend aus Regierungskreisen in der Hauptstadt Tunis. Die Küstenwache arbeite "Tag und Nacht, um diesen Strom zu stoppen" und habe viele Menschen beim Versuch der Grenzüberquerung festgenommen. Nähere Angaben zur Art und Zahl der Verstärkung wurden nicht gemacht. Tunesien erlebe "eine außergewöhnliche Phase", zugleich sei das Problem der Bootsflüchtlinge mit Ziel Italien jedoch nicht neu, hieß es.

In den vergangenen fünf Tagen erreichten rund 5000 tunesische Flüchtlinge die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa. Allein in der Nacht zum Sonntag waren es laut Küstenwache fast 1100 Menschen. Darüber hinaus hielten die tunesischen Behörden Berichten zufolge rund 1500 Bürger an der Küste von einer Flucht ab. Allein auf der Insel Djerba seien 200 Menschen festgenommen worden.

EU-Außenbeauftragte will vermitteln

Angesichts der Flüchtlingsmassen hatte Italien den humanitären Notstand ausgerufen. Der italienische Innenminister Roberto Maroni kündigte an, er werde das Außenministerium in Tunis um eine Erlaubnis für den Einsatz italienischer Polizisten auf tunesischem Territorium ersuchen. Die Beamten sollten verhindern, dass weitere Flüchtlinge sich auf den Weg nach Europa machten. Zudem sagte er, das tunesische System sei dabei "zusammenzubrechen". Baccouche erklärte daraufhin, die Äußerungen Maronis seien nicht überraschend, da sie von einem Minister der "rassistischen extremen Rechten" kämen.

Die EU-Außenbeauftragte Ashton wollte das Thema bei ihrem Besuch in Tunesien am Montag zur Sprache bringen. Ein Sprecher in Brüssel sagte, der Flüchtlingsstrom werde ein Nebenaspekt des eigentlichen Ziels des Besuches sein, bei dem es um demokratische Reformen in dem Land gehen solle. Zuvor hatte eine Sprecherin von EU-Innenkommissarin Cecilia Malström erklärt, die EU sei sich "des außergewöhnlichen Drucks bewusst", der derzeit auf Italien laste. Malström habe Kontakt mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex und mit Flüchtlingsorganisationen aufgenommen.

Lampedusa liegt nur 110 Kilometer vor der tunesischen Küste und damit näher an Nordafrika als am italienischen Festland. Der Flüchtlingsstrom war seit den Unruhen in Tunesien und dem anschließenden Sturz von Staatschef Zine El Abidine Ben Ali angeschwollen.

kng/AFP AFP

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