Anschlag in Brüssel Drogen und Gefängnis: Was über die Aufenthalte des Brüssel-Attentäters in Schweden und Italien bekannt ist

Blumen liegen am Tatort des Attentats in Brüssel, bei dem zwei Schweden getötet wurden. Ein Einschussloch ist zu erkennen
Blumen liegen am Tatort des Attentats in Brüssel, bei dem zwei Schweden getötet wurden. Ein Einschussloch ist zu erkennen
© PHILIPPE PAUCHET / Imago Images
Der mutmaßliche Attentäter von Brüssel, der zwei Menschen getötet hat, hielt sich vor Jahren auch in Schweden und Italien auf. In Schweden saß er Medienberichten zufolge im Gefängnis. 

Über den mutmaßlichen Brüssel-Attentäter Abdesalem L., der am Montagabend in der belgischen Hauptstadt zwei Schweden erschossen hat, kommen weitere Informationen ans Licht. Nach Angaben der italienischen Rechtsregierung war der 45-Jährige 2011 mit einem Flüchtlingsboot aus Tunesien über die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa nach Europa gekommen. Nach einem Zwischenaufenthalt in Schweden sei er dann 2016 von den italienischen Behörden als radikaler Islamist eingestuft und überwacht worden, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf die Regierung. Später habe er sich nach Belgien abgesetzt.

In Schweden habe Abdesalem L. eine Zeit lang im Gefängnis gesessen, teilte die schwedische Migrationsbehörde mit. "Er hat zwischen 2012 und 2014 eine Haftstrafe verbüßt", sagte ein Behördensprecher am Dienstag laut Nachrichtenagentur AFP. Warum der Tunesier zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, blieb zunächst unklar.

Attentäter von Brüssel saß in Schweden in Haft

Die schwedischen Fernsehsender SVT und TV4 berichteten, der mutmaßliche Brüssel-Attentäter sei 2012 wegen eines schweren Drogendelikts zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt worden. Zusätzlich zur Haftstrafe sei er zu einer zehnjährigen Ausweisung verurteilt worden. Im Urteil sei sein Name anders geschrieben als in seinen belgischen Ausweispapieren, das Geburtsdatum sei jedoch das selbe. Nach Angaben des Senders hatte L. bei seiner Festnahme in Malmö 100 Gramm Kokain bei sich, außerdem seien mehrere tausend schwedische Kronen beschlagnahmt worden. Weitere 100 Gramm Kokain seien in seiner Wohnung gefunden worden.

TV4 berichtet weiter, L. habe mit einem gefälschten Pass in Göteborg gelebt. Er habe auch gegen den Ausweisungsbescheid Berufung eingelegt, aber da er keinen Bezug zu Schweden habe und die von ihm begangene Straftat schwerwiegend sei, sei er zur Ausweisung verurteilt worden. Ihm wurde untersagt, vor dem 28. Dezember 2022 nach Schweden zurückzukehren, schreibt TV4.

"Wir stellen fest, dass er nie eine Aufenthaltsgenehmigung in Schweden hatte und dass er nach Verbüßung einer Haftstrafe in Schweden gemäß der Dublin-Verordnung in ein anderes EU-Land überstellt wurde", sagte Jesper Tengroth, Sprecher der Migrationsbehörde, der Nachrichtenagentur TT.

Belgiens Justizminister: "Gab keine konkreten Hinweise auf eine Radikalisierung"

Schweden hat in letzter Zeit internationale Aufmerksamkeit erregt, weil dort mehrere Demonstrationen genehmigt wurden, bei denen der Koran geschändet wurde. Dies wird als mögliches Motiv für den Anschlag vermutet.

Abdesalem L. hatte nach Angaben der belgischen Behörden im November 2019 Asyl beantragt und im Oktober 2020 einen negativen Bescheid erhalten. L. sei der Polizei unter anderem wegen Menschenhandels, illegalen Aufenthalts und Angriffs auf die Staatssicherheit bekannt gewesen, sagte Justizminister Vincent Van Quickenborne. 2016 habe es einen Hinweis einer ausländischen Polizei gegeben, dass sich der Mann radikalisiert habe und in ein Konfliktgebiet reisen wolle.

Dies sei von den belgischen Behörden überprüft, aber nicht weiterverfolgt worden, sagte Van Quickenborne. "Es gab keine konkreten Hinweise auf eine Radikalisierung, deshalb wurde die Person auch nicht in das entsprechende Register aufgenommen", sagte er.

Medienbericht: Brüssel-Attentäter suchte Asyl in Norwegen

Der mutmaßliche Attentäter von Brüssel soll zudem auch in Norwegen Asyl beantragt haben. "Wir können bestätigen, dass der mutmaßliche Täter im Juni 2011 in Norwegen einen Asylantrag gestellt hat. Sein Antrag wurde abgelehnt und er wurde im November 2011 nach Italien zurückgeschickt", teilte die norwegische Migrationsbehörde der Zeitung "VG" mit. Um in Norwegen Asyl beantragen zu können, muss man sich im Land oder an einer norwegischen Grenze aufhalten.

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Der stellvertretende Ministerpräsident der amtierenden Rechtsregierung in Italien, Matteo Salvini, wertete die neuen Erkenntnisse am Mittwoch als Beleg dafür, dass er mit seinen Warnungen vor der Landung islamistischer Terroristen auf Lampedusa richtig gelegen habe. "Man hat mir vorgeworfen, Hass zu schüren. Aber ich hatte Recht", sagte der frühere Innen- und heutige Verkehrsminister der rechten Lega-Partei.

Die kleine Insel Lampedusa ist wegen ihrer Nähe zu Tunesien seit Jahren eine der Drehscheiben der Migration von Afrika nach Europa. In diesem Sommer kamen dort zeitweise täglich mehrere tausend Migranten nach der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten an. Derzeit sind es meist einige Dutzend pro Tag. Die Zahl der Ankünfte hängt stark vom Wetter ab. Immer wieder kommt es bei den Überfahrten auch zu tödlichen Unfällen.

Bei dem Anschlag in Brüssel am Montagabend wurden am Rande eines Fußballspiels zwischen Belgien und Schweden zwei schwedische Fans erschossen. Inzwischen hat sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu der Tat bekannt.

Quellen: Nachrichtenagenturen DPA und AFP, SVT, TV4, "Aftonbladet", "VG"

rw