Im Januar starb Cathérine, 46, in Paris. Ihr Ex-Freund hat sie nach der Trennung mit Quecksilber vergiftet. Im Februar wurde Elisa, 24, in Korsika von ihrem Ex-Freund erschossen. Ihr neuer Lebenspartner wurde ebenfalls getötet.
Cagla, 36, starb im Mai. Ihr ehemaliger Partner tötete auch ihre beiden Kinder, 13 und zwei Jahre alt. Der Mann war wegen häuslicher Gewalt bereits vorbestraft, er durfte sich der Mutter nicht nähern, hatte aber ein Besuchsrecht für das jüngste Kind. Auch Aline, 39, wurde im Juni im Beisein ihrer Tochter von ihrem Ex-Partner erstochen, als dieser angeblich das Besuchsrecht mit ihr besprechen wollte. Nelly, 40, wurde von ihrem Ex erstochen, weil sie aus der gemeinsamen Wohnung geflohen war. Karine, 54, starb durch ihren Mann, weil sie wegziehen wollte. Sie hatte fünf Kinder.
Adélaide, 40, wurde erwürgt, als ihr Ex-Partner Freigang hatte. Armelle, 44, fand man tot in der Gefriertruhe ihres Freundes. Sie hatte ihn noch einmal getroffen, um die Beziehung endgültig zu beenden. Karen, 42, wurde im August von ihrem Ex mit einer Machete getötet. Sie hatte ihn angezeigt, weil er keinen Unterhalt zahlte.
Umgebracht, weil sie den Partner verlassen hatten
Man findet diese und viele weitere Geschichten auf der Internetseite des Kollektivs "Nous Toutes", "Wir alle": Bis zum 11. November wurden dort für das Jahr 2023 bereits 114 Frauenmorde in Frankreich gezählt. Im vergangenen Jahr waren es 147. An den kurzen Beschreibungen der Einzelfälle lässt sich ablesen, worum es geht: Die Opfer sind nicht zufällig Frauen. Die Mehrzahl von ihnen wurde umgebracht, weil sie ihren Partner verlassen hatten. Weil sie Wut "provozierten" oder Zuneigung verweigerten. Kurz: weil sie sich nicht so verhielten, wie der Mann es wollte. Um diesen Unterschied deutlich zu machen, sprechen Frauenrechtlerinnen nicht von "Femiziden" (Frauenmorden), sondern von "Feminiziden" – Frauen, die getötet werden, weil sie Frauen sind.
Der Unterschied ist wichtig, weil man nur bekämpfen kann, was auch benannt wird: Begriffe wie "häusliche Gewalt" oder "Beziehungsdrama" klingen nach schrecklichen Einzelschicksalen. Und verschleiern, dass dahinter eine besondere Form der Gewalt steckt, von der ausschließlich Frauen betroffen sind. An jeden drittem Tag wird in Frankreich eine Frau getötet. In Deutschland auch. Die Zahlen sind seit Jahren bekannt und sie sinken nicht. Im Gegenteil, die Fälle der Tötungsversuche steigen sogar.
In Frankreich ist das Thema dank feministischer Kampagnen inzwischen in der Gesellschaft verankert. Immer häufiger gehen Frauen zur Polizei, wenn ihr Partner gewalttätig ist. Um den Ablauf möglichst niedrigschwellig zu gestalten, können in einigen Regionen Frankreichs Fälle von häuslicher Gewalt auch vertraulich in Krankenhäusern gemeldet werden. Eigentlich ein Fortschritt. Allerdings lässt sich an der steigenden Zahl von Meldungen auch ablesen, wie wirkungslos es oft ist, wenn Frauen Hilfe suchen: Bei rund einem Drittel der Frauenmorde war der Täter bereits vorbestraft. Rund 80 Prozent der registrierten Beschwerden werden behördlich nicht weiterverfolgt, so das Kollektiv "Nous Toutes". Es fehlt an Personal, an Geld und an Anlaufstellen. Viele Frauen geben auf, weil sie es schlicht nicht leisten können, sich in Sicherheit zu bringen: Sie müssten die Region verlassen, ihren Job kündigen, die Kinder umschulen, eine neue Wohnung finden. Das möglichst über Nacht und allein, um keine Spuren zu hinterlassen.
Wenn die Frauen am 25. November in Frankreich auf die Straße gehen, fordern sie daher vor allem: Ein milliardenschweres Budget, mit dem die notwendigen Maßnahmen zum Kampf gegen Gewalt an Frauen finanziert werden. Vorbild für das Modell ist Spanien, wo bereits 2017 entsprechende Mittel verabschiedet wurden.