Dass Politik durch den Magen geht, diesen Beweis hat der französische Präsident Jacques Chirac bereits mehrfach geliefert. Beim letzten G-8-Gipfel in den USA sorgte er für Entspannung in den französisch-amerikanischen Beziehungen, indem er überraschend die Kochkünste der Amerikaner auf eine Höhe mit der französischen Haute Cuisine hievte. "Vor allem mochte er den Cheeseburger, den er gestern gegessen hat", scherzte US-Präsident George W. Bush daraufhin.
"Wir können keinen Leuten trauen, die solch schlechtes Essen haben"
Pünktlich zum diesjährigen G-8-Gipfel sorgen erneut kulinarische Äußerungen Chiracs für Aufsehen - diesmal aber im negativen Sinne. Beim Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin soll der französische Staatschef am Wochenende über die britische Küche gelästert haben. "Wir können keinen Leuten trauen, die solch schlechtes Essen haben", wurde er in französischen Zeitungen zitiert. "Nach Finnland ist es das Land mit dem schlechtesten Essen."
Zitate der Gourmets
"Wir können keinen Leuten trauen, die solch schlechtes Essen haben" (Jacques Chirac)
"Ich bin kein Freund von Lachs und ich hoffe, ich kriege ein ordentliches Steak"(Gerhard Schröder)
Die britische Boulevardpresse reagierte empört und beschwor eine handfeste diplomatische Krise herauf. "Chiracs Scherze über Großbritannien zeugen von schlechtem Geschmack und lassen die Beziehungen unter den Gefrierpunkt rutschen", schrieb etwa die "Daily Mail" auf der Titelseite.
Schröder hofft auf "ordentliches Steak"
Bundeskanzler Gerhard Schröder wollte sich nicht zu dem Gespräch während des Dreier-Gipfels äußern. Im Hinblick auf das bevorstehende G-8-Treffen in Schottland, bei dem der britische Premierminister Tony Blair Gastgeber ist, sagte er lediglich: "Ich bin kein Freund von Lachs und ich hoffe, ich kriege ein ordentliches Steak." Ansonsten kenne er die schottische oder britische Küche zu wenig, "als dass ich mich als Experte äußern könnte".
Das schottische Nationalgericht nennt sich Haggis und ist gefüllter Schafsmagen. Ob das auf den Tisch kommt, wenn Königin Elisabeth II. die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industriestaaten am (morgigen) Mittwoch zum Abendessen empfängt, gilt allerdings als fraglich.
Die Aufregung um die Qualität der britischen Kochkünste passt zu einer gewissen Anspannung, die vor dem G-8-Gipfel herrscht. Gastgeber Tony Blair hat sich für das dreitägige Treffen im Golfhotel Gleneagles am Rande der Highlands viel vorgenommen. Die Hilfe für Afrika will er deutlich ausbauen und beim Klimaschutz zumindest Fortschritte erzielen.
Bush lehnt Kyoto-Protokoll nach wie vor ab
Gerade beim letzteren Thema ist ein Einvernehmen allerdings noch außer Sichtweite. US-Präsident George W. Bush hat bekräftigt, dass er kein Abkommen zu einer Begrenzung der Treibhausgase unterzeichnen wird. Stattdessen will er über die Förderung umweltschonender Technologien reden. Die USA sind der einzige G-8-Staat, der das Kyoto-Protokoll noch nicht unterzeichnet hat. Von deutscher Seite heißt es, man wolle die Amerikaner deswegen nicht "in die Ecke" stellen. In Gleneagles müsse es darum gehen, dass man sich zumindest über die Zielsetzungen von Kyoto einig werde.
Bei der Afrika-Hilfe haben die Finanzminister bereits Vorarbeit geleistet. Ein weitgehender Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt ist beschlossen. Blair will aber auch die Entwicklungshilfe bis 2010 auf 50 Milliarden Dollar verdoppeln. Strittig ist dabei allerdings noch die Finanzierung.
Kanzler will wieder stärkeren Fokus auf Wirtschaftsthemen
Kanzler Schröder hat sich zum Ziel gesetzt, das traditionelle G-8-Treffen wieder dem anzunähern, was es ursprünglich war: ein Weltwirtschaftsgipfel. In den letzten Jahren gerieten außenpolitische Themen wie der Irak-Krieg in den Vordergrund. Jetzt soll es auch wieder um Klassiker wie den Ölpreis gehen. Schröder hatte bereits im vergangenen Jahr eine Initiative zur Eindämmung von Spekulationen an den Ölmärkten gestartet, die allerdings nur wenig Beachtung fand. Diesmal ist eine gemeinsame Erklärung dazu geplant.
Daneben will Schröder über Hedgefonds sprechen. Der Kanzler strebt eine internationale Harmonisierung der Kontrollmechanismen an. Die Erwartungen zu diesem Punkt versuchte die deutsche Delegation aber vorsorglich zu dämpfen. "Es wird kein Hedgefonds-Gipfel sein", hieß es vorab.
Michael Fischer, AP