Kaum zwölf Stunden waren seit dem fulminanten Wahlsieg der linksradikalen Syriza vergangen, da stand der Koalitionspartner auch schon fest: die rechtspopulistische Partei der Unabhängigen Griechen. Wie geht das zusammen?
Panos Kammenos ist ein kräftiger Mann mit mächtigem Bauch. Seine Stimme hat einen tiefen Bass. Bis zur Krise gehörte zu seinen Lieblingsthemen der Kampf gegen die ständig wachsende Zahl der Immigranten in Griechenland. Er fordert schärfere Gesetze und vor allem ein gemeinsames hartes Vorgehen der EU gegen illegale Einwanderer. Allein deshalb gilt der 49-jährige Kammenos als Rechtspopulist.
Der Sparwahn der Troika
Nun ist seine Partei der Unabhängigen Griechen, kurz: Anel, Koalitionspartner der linksradikalen Syriza. Die beiden politischen Kräfte vereint vor allem eines: Die strikte Ablehnung der Sparpolitik, die ihrem Land von der Troika aus Währungsfond, Euroländern und EU-Zentralbank aufgezwungen wurde.
Das ist der gemeinsame Nenner, auf den es ankommt. Kein anderer potenzieller Koalitionspartner im neuen Athener Parlament ist in seiner Haltung gegen die Troika so radikal wie Anel.
Anel-Chef Panos Kammenos war früher Mitglied der konservativen Nea Dimokratia. Bis er aus der Partei geworfen wurde, weil er 2012 im Parlament gegen das Memorandum stimmte, das die Sparmaßnahmen festschrieb. Keine zwei Wochen später gründete er seine eigene Partei. Schon damals sagte Kammenos: "Ich würde mich nicht einmal tot an einer Regierung beteiligen, die sich dem Sparwahn der Troika unterwirft."
Entschädigungen für Nazi-Gräueltaten
Die Unabhängigen Griechen machten zunächst mit Deutschland-Ressentiments auf sich aufmerksam. Die Gründungsveranstaltung fand im Dorf Distomo statt, ein Ort den jeder Grieche kennt. Er war 1944 von den Nazis in einer Vergeltungsaktion für den griechischen Widerstand dem Erdboden gleichgemacht worden. Kammenos gehört zu jenen, die von der Bundesrepublik noch immer Entschädigungen für die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs fordern.
Auch damit ist er ganz auf der Linie Syrizas. Die linke Partei hatte bereits im Hinblick auf ihren Wahlsieg eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die in deutschen Archiven nach entsprechenden Unterlagen forschte. Sie sollen beweisen, dass die Kriegsschulden noch längst nicht beglichen sind. Von Forderungen bis 162 Milliarden Euro ist die Rede. Bereits in den nächsten Wochen soll bei einem griechischen Gericht Klage gegen Berlin eingereicht werden.
Ein Populist, aber ein Experte
Des weiteren will Anel eine Kommission einrichten, die die Schuldigen an der griechischen Wirtschaftskrise ermittelt. Parlamentsabgeordnete sollen dazu ihre Immunität aufgeben, fordert Kammenos. Die Ermittler will er mit weitreichenden Kompetenzen ausstatten lassen. Kammenos ist überzeugt, dass sein Land Opfer einer internationalen Verschwörung von Banken und Politikern wurde.
Trotz aller populistischen Parolen wird Kammenos aber als Realist und Experte geschätzt. Er hat Wirtschaft und Psychologie in Lyon studiert, ist Vater von fünf Kindern, und er gilt als streng gläubiger orthodoxer Christ. Jeden Sonntag geht er in die Kirche.