Nach Griechenland-Wahl Was die Anti-Merkel-Regierung für Europa bedeutet

Keine 24 Stunden nach Wahl steht in Athen bereits die Regierung. Der linke Wahlsieger Syriza verbündet sich mit den Rechten. Was will die neue Führung? Bekommt das Land weiterhin Hilfen von der EU?

Was ist in Griechenland passiert?

Nichts weniger als ein Umsturz der politischen Verhältnisse. Jahrzehntelang teilten die konservative Nea Demokratia und die linke Pasok die Macht unter sich auf - andere Parteien hatten so gut wie nie eine Chance, Einfluss zu nehmen. Die beiden Parteien waren, beziehungsweise sind, maßgeblich für die grassierende Vetternwirtschaft und Korruption verantwortlich. In vielen Fällen hatte die Regierung sich unverblümt zum Handlanger von Wirtschaft und Geldelite gemacht. Mit der Linkspartei Syriza weht künftig ein frischer Wind an der Staatsspitze. Ob der Ministerpräsident Alexis Tsipras in der Lage sein wird, die verkrusteten Klüngelstrukturen wirklich aufzubrechen, wird er beweisen müssen. Ebenso, ob er die Kraft dazu haben wird, die Sparprogramme der EU aufzuweichen.

Wer wird künftig das Land regieren?

Alexis Tsipras ist so gut wie in Allem der Gegenentwurf zur bisherigen Athener Machtelite: Mit 40 Jahren noch sehr jung, mit seiner lockeren Art, seiner kommunistischen Vergangenheit und seiner rebellischen Anti-EU-Haltung Liebling der Massen. Ob jung oder alt, Krisenverlierer oder Romantiker - Tsipras ist eine Art griechischer Obama. Trotz seiner Beliebtheit hat seine Partei Syriza die absolute Mehrheit verfehlt. Aber mit den rechtspopulistischen "Unabhängigen Griechen" (Anel) stand schnell ein williger Koalitionspartner bereit.

Wann wird die neue Regierung stehen?

Das wird sehr schnell gehen. Da zur Parlamentsmehrheit ohnehin nur wenige Stimmen fehlen und die Verhandlungen mit den "Unabhängigen" schon am Montagvormittag erfolgreich beendet wurden, wird die Regierungsbildung noch am Tag nach der Wahl abgeschlossen sein. Vereidigt wurde Tsipras bereits am Montagnachmittag.

Wer sind die "Unabhängigen Griechen"?

Einerseits das genaue Gegenteil von Syriza, andererseits genau das Gleiche. Gleich sind sich beide in ihrem Populismus, einig darin, dass die von der EU verordnete Sparpolitik hinfort gejagt werden müsse. Auch die Schuldentilgung lehnt Anel komplett ab. Nach den Worten der Parteiführung, darunter viele ehemalige Nea-Demokratia-Parteigänger, sei Griechenland von der Troika "besetzt" und müsse "befreit" werden. Der zackige Sound kommt vor allem bei jenen Griechen an, die etwas gegen offene Grenzen im Allgemeinen und Einwanderer im Besonderen haben. Jedoch haben die "Unabhängigen" an Zustimmung verloren. 2012 kamen sie auf 7,5 Prozent der Stimmen, jetzt nur noch auf 4,7. Bei der gescheiterten Wahl des Staatspräsidenten im Dezember sorgte einer ihrer Abgeordneter für ein kurzes Lachen und Kopfschütteln: Pavlos Haikalis, ein beliebter Comedian, hatte einen Politberater beschuldigt, ihn bestechen zu wollen. Für drei Millionen Euro sollte er für Regierungskandidaten stimmen. Was allerdings nur als Scherz gemeint war.

Bekommt Griechenland weiterhin Geld von der EU?

In Sachen Griechenland stehen die EU und die Euro-Staaten mit dem Sieg von Syriza vor zwei Baustellen: Zum einen ist noch ein Betrag von 1,8 Milliarden Euro aus dem zweiten Rettungspaket offen, das Ende Februar ausläuft. Da dem Athener Staatshaushalt in den nächsten Monaten das Geld ausgehen wird, ist er auf Zahlung der Summe angewiesen. Die aber wird maßgeblich von der Reformbereitschaft der neuen Regierung abhängen. Dass sowohl Syriza als auch die "Unabhängigen Griechen" im Wahlkampf eine Abkehr von den Spar- und Reformprogrammen angekündigt haben, dürfte die zeitlich ohnehin engen Verhandlungen noch schwieriger machen.
Die andere Baustelle betrifft ein mögliches drittes Rettungspaket und einen möglichen Schuldenschnitt. Letzteres lehnen bislang alle einflussreichen Geldgeber kategorisch ab. Allerdings gibt es bereits Diskussionen darüber, ob die Rückzahlung der Kredite in die Länge gezogen werden könnte oder ein Teilverzicht an die Umsetzungen von Reformen gekoppelt werden könnte. Ein drittes Rettungspaket wird ebenfalls vom Spar- und Reformeifer Athens abhängen – jedenfalls dann, wenn sich die griechische Wirtschaft nicht so schnell erholt wie erhofft.