Großbritannien Stimmung kippt nach Browns Wahl-Rückzieher

Nachdem Premierminister Gordon Brown nun doch keine vorgezogenen Neuwahlen abhalten will, ist die politische Stimmung in Großbritannien gekippt: In Meinungsumfragen liegt die Opposition zum Teil deutlich vorn. Der Regierungschef muss sich zudem scharfe Kritik anhören.

Der britische Premierminister Gordon Brown muss für seine Absage an Neuwahlen schwere Kritik einstecken. Politiker der Konservativen und der Liberaldemokratischen Partei dem Labour-Regierungschef vor, das Land in eine "Vertrauenskrise" gestürzt zu haben. Der Ende Juni zum Nachfolger des zurückgetreten Premierministers Tony Blair ernannte Brown erklärte, er wolle vor Wahlen erst noch seine politische Vision umsetzen. Die Entscheidung von Brown fiel am Samstag, nachdem die Trends von drei am Sonntag veröffentlichten repräsentativen Umfragen bekannt geworden waren. Danach hat die Konservative Partei in nur zwei Wochen einen Rückstand von bis zu elf Prozentpunkten mehr als wett gemacht. Laut "Mail on Sunday" liegt sie nun einen Punkt, laut "Sunday Times" drei Punkte vor der regierenden Labour-Partei.

Eine Umfrage der Zeitung "News of the World" in besonders umkämpften Wahlbezirken ergab dort für die Konservativen sogar einen Vorsprung von sechs Prozentpunkten. Angesichts der absehbar schlechten Ergebnisse hatte Premierminister Gordon Brown am Samstag den Sender BBC wissen lassen, er werde in diesem und voraussichtlich auch im kommenden Jahr keine Wahlen ansetzen. Zuvor hatte das Regierungslager Spekulationen über einen Urnengang Anfang November geschürt und bereits Wahlhelfer engagiert.

"Ich habe eine Vision"

"Ich werde keine Wahlen ansetzen", sagte Brown in einem am Sonntag ausgestrahlten BBC-Interview. "Ich habe eine Vision für Veränderungen in Großbritannien und ich möchte den Menschen zeigen, wie meine Regierung diese verwirklicht." Als Premierminister kann Brown jederzeit innerhalb der fünfjährigen Legislaturperiode Wahlen ansetzen. Er kann ebenso bis zu deren Ende im Mai 2010 regieren, ohne die Briten vorher zu den Wahlurnen zu rufen.

Brown bestand darauf, dass die schlechter gewordenen Umfragewerte von Labour nicht ausschlaggebend für seine Entscheidung gewesen seien. Tory-Chef Cameron erklärte, die Absage der von der Labour- Regierung selbst ins Gespräch gebrachten Wahlen zeige "große Schwäche und Unentschlossenheit". Browns Rückzug sei "beschämend". Der wahre Grund dafür sei, dass inzwischen die Konservative Partei die besseren Ideen für Veränderungen habe, die das Land brauche.

DPA